Pumpen: Fitness Studios in Stuttgart

Ich war gestern wieder im Fitness Studio, Sport machen. „Pumpen“, wie mein manchmal etwas anstrengender BĂŒro-Sitznachbar Karsten sagen wĂŒrde. Er geht immer in der Mittagspause und sieht obenrum schon relativ breit aus. Bei mir ist es der typische Vorsatz fĂŒrs neue Jahr, ohne grĂ¶ĂŸere Ambitionen. Und moderne Fitness Studios, die auch immer „Wellness“ und „Beauty“ und so anbieten, sind einfach ein Sammelbecken von Klischees, die zusammengenommen eigentlich lustig sind.

Wobei ich moderne Luxus-Studios echt mag. Ich war mit 17 ne Weile lang in der Provinz in ner Muckibude, wo der Chef noch mit Schnauzer und gemusterten Pumphosen selber hinter der Theke stand. Da gab’s halt dann viele Gewichte, paar GerĂ€te und in der Ecke zwei LaufrĂ€der. Nen Kursraum gab’s nicht, das ist was fĂŒr Pussies. Da wo ich jetzt trainiere gibt es alles. Dutzende verschiedene Lauf- und StepgerĂ€te, Saunen, Badminton-Courts, Squash-Courts, Solarien, KursrĂ€ume mit und ohne FahrrĂ€der, GerĂ€te mit Anzug zum Abnehmen ohne Anstrengung und eine Eisgrotte, in der es schneit. Falls einem nach der Sauna danach ist.

Ich geh zum warm werden immer auf den so genannten „Tread Climber“, was eine Mischung aus Laufband und Stepper und ist und an sich ziemlich bescheuert aussieht. Aber der unschlagbare Vorteil des GerĂ€tes: Jedes hat einen eigenen Fernseher. Das ist echt ein Mehrwert fĂŒr mich, denn sonst wĂŒrden Highlights wie „Das perfekte Dinner“, „Die Kontrolleure“ oder „Gute Zeiten schlechte Zeiten“ kopmlett an mir vorbei gehen.

Schon in dieser Reihe von LaufbĂ€ndern und anderen Foltermaschinen zeigt sich ein Hauptmerkmal moderner Fitness Studios: Es gibt die, die es ernst meinen. Und es gibt die, die halt sonst nix zu tun haben. Meistens, und damit sei leider das erste Klischee bedient, ist diese Aufteilung gleich Mann und Frau. MĂ€nner rennen schon auf dem Laufband beim Warm-Up so schnell und schwitzend, als ob drei Bluthunde hinter ihnen her wĂ€ren. Frauen sitzen gemĂŒtlich auf einem GerĂ€t mit Pedalen und lesen. Ich mein, sorry, vielleicht bin ich da altmodisch, aber Sport, bei dem man lesen kann, ist kein Sport.

Danach geh ich dann runter zu den GerĂ€ten, aber nur kurz, weil ich inzwischen lieber freie Übungen mit Hanteln und so mach. Und die Hanteln sind im Freihantelbereich. Und das ist neben dem Striplokal und dem Brunnenwirt so ziemlich die letzte MĂ€nnerbastion. Dort geht es nicht um Wellness, Muskelaufbau oder sportlichen Ausgleich zum BĂŒroalltag. Dort geht es ums Ganze. Um Urinstinkte. Um Schwanzvergleich.

Egal welche Übung ein Mann dort macht, ob liegend auf der Hantelbank oder an SeilzĂŒgen, der Mann macht GerĂ€usche. Jeder Zug oder Druck muss mit einem Grunzer unterlegt werden, als ob gerade die BlĂ€hungen vom letzten Zwiebelkuchen-Wettessen ihren Weg ins Freie suchen wĂŒrden. Sinn der Übung: Die anderen MĂ€nner sollen sehen, wie viel Gewicht der Mann stemmt und wie anstrengend das ist und was fĂŒr ein Kerl er ist.

Das Highlight und der absolute Kick fĂŒr diese Typen: Wenn einer zur Hantelbank kommt und fragt „Soll i halde?“. Weil das ist das Zeichen, dass der Typ, der auf der Hantelbank liegt, sich mal einen richtig dicken Brocken auf die Stange gehĂ€ngt hat. 200 Kilo auf jeder Seite oder so. Er wird dieses Gewicht maximal 3 cm von seinem Bauch weg kriegen, mit erdbeerrotem Gesicht und einem Zwiebelkuchen-Wettessen-Gewinner-Grunzen, aber alle werden es sehen.

Gestern lief ĂŒbrigens ĂŒber die Haus-Soundanlage ein Live-Album von den Söhnen Mannheims. Man kann sich vielleicht vorstellen, dass die Szenerie dadurch etwas absurd wirkte. Neben mir grunzende Zwiebelkuchenesser und aus dem Lautsprecher „Und wenn ein Liiiiiiied meine Lippen verlÀÀÀÀÀsst“.

Getoppt wird das Erlebnis Freihantelbereich fĂŒr den Mann nur noch von der Umkleidekabine. Denn leider verlangt es die Sitte, beim Training bekleidet zu sein. Und da sieht man halt nicht alle Muskeln. Aber in der Umkleide darf der Mann alles zeigen, grunz. Ich bin manchmal erstaunt, wie viele MĂ€nner eine exhibistionistische Ader in sich haben.

Ich mein, ich bin kein Fan von öffentlichen Saunen und FKK, aber ich bin auch nicht prĂŒde. Und dass man naturgemĂ€ĂŸ eher unbekleidet vom Spind zur Dusche lĂ€uft und zurĂŒck, klar. Aber ich habe bis heute nicht verstanden, wieso (nicht wenige) MĂ€nner nackt wie Gott sie schuf aufs Klo gehen oder sich genĂŒsslich (alle) Haare fönen mĂŒssen.

NĂ€chste Woche geh ich auch wieder. Pumpen.

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6 Comments

  1. says: robson

    klingt nach meiner fitcom. in bad cannstatt. wobei ich da kĂŒrzlich ein ganz Ă€hnliches erlebnis hatte. brocken (in grober form eines mĂ€nnlichen menschens) nummer 1, auffe bank liegend: „…alder halts maul, isch mach jetzt noch funf!“ brocken 2 (form siehe oben, stehend, assistierend): „sechs machs du, alder, was los, bisch mĂ€dschen?“ und dazu: ERASURE. alles auf so ne gruselige weise auch extrem homoerotisch, irgendwie. ich geh dann heute abend wieder.

  2. says: Busyicer

    danke ich hatte endlich was zum schmunzeln heute bei der arbeit ausser natĂŒrlich ĂŒber die kunden lĂ€stern

    aber ich muss auch enmerken ich liebe schon das wort pumpen…
    alles was mit pumpen zu tun hat ist gut.
    kanns mir mal was pumpen?
    alter ich geh seit neustem pumpen!
    bass pumping ram
    pump up the jam
    pump ab das bier usw

  3. says: PhilGrooves

    Bin auch bei FitnessFirst (bisher Fitcom) in Cannstadt und da gabs vor zwei Wochen auch nen extremen Fall. Der junge Kollege hetzte durch den Freihantelbereich in dem auch einige GerĂ€te stehen und legte ĂŒberall ein ordentliches Paket Gewichte auf. Das letzte Drittel der Wiederholungen wurde dann jedes mal mit einem unĂŒberhörbar lauten Stöhnen quittiert (nicht das mĂ€nnliche Grunzen sondern eher das orgasmische Stöhnen). Als krönenden Abschluss wurden dann die Gewichte nach der letzten Wiederholung im freien Fall fallen gelassen – was die TodsĂŒnde eines jeden Fitness-Studios darstellt.

    GlĂŒcklicherweise ist das eher die Ausnahme. Im nĂ€chsten Leben mach ich aber wohl doch nen eigenen Fitness-Club auf.

  4. says: Moritz

    Danke Thorsten. Besser hĂ€tte ich meinen Arbeitsplatz kaum beschreiben können ;-)….und Martin: „Cardio is for pussys“ lautet eine alte Weisheit in „der branche“. Somit fĂ€llt laufen als alleinige sportliche BetĂ€tigung weg und hat allenfalls als ErgĂ€nzung seine Berechtigung….
    @ Thorsten: NĂ€chste Woche wieder pumpen? Kann ja nicht sein, oder? SpĂ€testens morgen ist wieder Pflicht. Werd das glaub mal gegenchecken und eine entsprechende check-in Meldung fĂŒrs Service Personal eingeben, dass sie entsprechende Anspielungen machen…
    Zur Musik: Ich riskiere glaub nicht viel wenn ich sage, dass ich als DJ und auch ansonsten audiophiler Zeitgenosse in der Regel der Erste bin der an die Anlage stĂŒrmt um den „Wettsingen in Schwetzingen“ Naidoo Scheiss ein Ende zu bereiten. Ich schließe also aus deinem Bericht dass ich leider nicht zugegen war ;-(
    Als letztes: MĂ€nnerbastion? Ich schlage hiermit vor dass du dich in ein paar Freihanteldisziplinen mit meiner Freundin misst. Die hat nĂ€mlich glatt n paar Stangen verbogen als sie das lesen musste. Sorry, aber da musst du jetzt durch…wo ist klar.wann?

    Greetz

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