Wir brauchen alle viel mehr Angst: #keinBruch Kampagne der Polizei

Durchhalten. Nur noch bis zum 31. Januar twittert die Polizei in Berlin, Baden-Württemberg, Bremerhaven und Sachsen unter dem Hashtag #keinbruch zum Thema „Wohnraumeinbruch“. Dann ist es geschafft.

Einen besseren Zeitpunkt hätten sich die Verantwortlichen kaum aussuchen können, um noch eine Schippe voll Sorge, Angst und Paranoia zu verbreiten: Deutschland chillt sich schließlich gerade um den Verstand, niemand hat mehr Angst vor irgendwas. Da muss wirklich mal etwas „Awareness geraist“ werden: denn wer rastet, der rostet.

#keinbruch liest sich wie ein Liveticker aus der Hölle – da wird unentwegt von Einbrüchen, vereinzelten Fahndungserfolgen und 110 berichtet:

Kessel_2016_Keinbruch


Die Statistiken klingen natürlich nicht sonderlich erbauend
, doch unterm Strich brüllt die komplette Aktion nur ziemlich laut: Sie sind nicht sicher. Nirgendwo. Und zu Hause gleich gar nicht. Zuzüglich anderer Polizeimeldungen bleibt nur die Feststellung, dass besorgte Bürger derzeit lediglich wählen dürfen, welches Übel ihnen widerfahren wird.

Einige wiederum sind besorgt genug, den Ball per Fallrückzieher abzunehmen, People are schließlich People. Auf Facie wird da mitunter munter getippt:  „Am besten wird der Bürger – und sein Eigentum – geschützt, wenn endlich wieder Rechtsstaatlichkeit an unseren Grenzen Einzug hält…“

Einer fragt, wann bitte die Aktion #keinasylant startet. Die Politik der kurzen Denkwege funktioniert außerordentlich gut. Nix scheint mehr doof genug, nicht einfach „Ausländer“ als Antwort zu brüllen. Weitere Lösungsansätze finden sich auch gleich um die Ecke im Internet: Baseballschläger, irgendwas von Heckler & Koch, kleiner Waffenschein oder halt Bürgerwehr.

Auch ohne viel Fantasie gibt’s da draußen gerade nur noch mutmaßliche Terroristen-, Vergewaltiger- oder Verbrecherbanden und ehrwürdige Blockwarte, die „unsere Frauen“ vor all dem und denen beschützen. Kein Wunder, dass überall unbewachte Wohnungen rumstehen. Lieber dem Hund Karate beibringen.

Die gute Nachrichten: es gibt genügend Angst für alle und schwäbische Unternehmen, die unter keinbruch.de und keinbruch.com Sicherheitssysteme verkaufen. Die miese Nachricht: Ich darf mir meine Angst leider nicht mehr selbst aussuchen. Dabei hätte ich so gerne Angst vor denen, die alles wissen und später nichts davon gewusst haben.

Oder ich freue mich über Bundesrichter und ZEIT-Kolumnist Thomas Fischer. Auch wegen solcher Sätze: „Bitte schreiben Sie nun auf einen Zettel drei Gründe, warum Sie – oder die Bevölkerungsmehrheit – sich vor dem NSU nicht fürchten.“

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