Streitthema: Wie viele Menschen besuchen die Demos gegen Stuttgart 21?

Die Diskussion wird längst genauso verbissen geführt wird, wie über die Sache selbst. Spätestens seit der Demo im Sommer im Schlosspark (die mit Max Herre) batteln sich Polizei und Organisatoren hartnäckig um die exakte Besucherzahl auf den S21-Demos, beziehungsweise die Fraktionen z.B. in Foren wie auf der Stuttgarter Zeitung.

Das Prinzip ist stets dasselbe: Die Angabe der Polizei liegt um die Hälfte niedriger als die von den Veranstaltern, öfters auch noch weiter drunter. Die einen reden von ausgewerteten Luftbildern, die anderen wollen mit Handklicker alle Teilnehmer gezählt haben.

Kennt man längst zu Genüge und ist eigentlich keine Rede mehr Wert, aber ungewohnt angenervt, fast schon pissig, würde ich sagen, meldet sich heute zu diesem Thema nochmals die Polizei zu Wort und erklärt detailliert wie sie auf ihre Demonstrantenzahl kommt. Bin gespannt wann die andere Seite mit ihrer Beweisführung anrückt.

Stuttgart 21 – Teilnehmer der Kundgebung vom 19. Februar 2011 anhand eines Luftbildes gezählt

Stuttgart-Mitte: Von der Kundgebung gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 am Samstagnachmittag (siehe Pressemitteilung vom 19.02.2011) hat die Polizei vom Hubschrauber aus Luftbilder gefertigt. In einem ersten Schritt sind diese Bilder noch während der Veranstaltung wie sonst auch nach einer festgelegten Systematik ausgewertet worden.

Dieses Mal unterstützt von den gegen 14.30 Uhr aufgenommenen Luftbildern ergab die Berechnung dabei eine Zahl von etwa 15 000 Personen, die sich polizeilichen Feststellungen nach zu diesem Zeitpunkt an der Kundgebung auf dem Schlossplatz beteiligt hatten.

Für die Berechnung durch die Polizei wird die von der Menschenmenge belegte Fläche festgestellt. Diese Fläche wird mit der Anzahl der Personen multipliziert, die sich durchschnittlich auf einem Quadratmeter befinden. Diese Durchschnittszahl pro Quadratmeter wird in der Regel von den vor Ort eingesetzten Beamten geschätzt.

Bei der Berechnung wird berücksichtigt, dass die Menschenmenge nicht homogen ist, das heißt, sie verteilt sich nicht gleichmäßig auf der Fläche. Auch örtliche Gegebenheiten wie nicht betretbare Flächen, Hindernisse, Grünflächen, Treppenabgänge etc. werden in die Überlegungen mit einbezogen. Regelmäßig werden bestimmte Flächen je nach der aktuellen Situation mit unterschiedlicher Dichte berechnet. Übersichtsaufnahmen aus der Luft – wie ausnahmsweise am Samstag gemacht – sind bei dieser Berechnungsart entbehrlich.

Am Montag (21.02.2011) sind zwei stark vergrößerte Luftbilder ausgewertet worden. Beschäftigte des Polizeipräsidiums Stuttgart zählten alle auf den Bildern befindlichen Personen. Mit Abweichungen (plus/minus mehrere hundert) lag die Zahl unabhängig voneinander bei rund 13 000 Menschen.

Selbstverständlich sind auch die Menschen zu berücksichtigen, die auf den Fotos an nicht einsehbaren Stellen stehen (unter Planen, am nicht einsehbaren Teil der Rednertribüne, hinter den Arkaden des Königsbaus, im Pavillon an der Königstraße usw.). Mit diesen haben zum Zeitpunkt der Fotos vom Bereich Schlossplatz insgesamt maximal 13 628 Menschen der Kundgebung beigewohnt.

Die vom Polizeipräsidium Stuttgart seit Monaten praktizierte Methode zur Ermittlung der jeweils annäherungsweisen Teilnehmerzahl bei den Stuttgart 21- Demonstrationen (Quadratmeter mal Dichte) wird auch in Teilen der Fachwelt angewandt.

Sie ist mit diesen Bildern für jedermann nachvollziehbar bestätigt. Die Stuttgarter Polizei war sich bereits zu Beginn der Diskussionen über die Teilnehmerzahlen bei Stuttgart 21-Demonstrationen sicher, eine sehr gute Methode gewählt zu haben und sieht mit der heutigen Veröffentlichung keinen Grund mehr, sich weiter an den endlosen Diskussionen zur Teilnehmerzahl zu beteiligen.

Die von der Polizei bekanntgegebene Zahl ist stimmig – und wie das Luftbild vom Schlossplatz zeigt, hat die Polizei am Samstag sogar eine höhere Teilnehmerzahl angegeben, als tatsächlich Menschen auf dem Schlossplatz waren.

Dem Polizeipräsidium Stuttgart kommt es bei Kundgebungen dieser Größenordnung bezüglich der Teilnehmerzahl letztlich nicht darauf an, ob tatsächlich ein paar hundert Teilnehmer mehr oder weniger anwesend sind.

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29 Comments

  1. says: malE

    und ich hab mich schon so oft gefragt „mensch, was können die eigentlich?“ jetzt weiss ich es, danke

    und herzlichen glückwunsch

    die polizei, dein freund und zähler

  2. says: gusteau

    Natürlich ist es für die Polizei wichtig zu wissen wieviel Teilnehmer wirklich da sind. Sonst kann man die Menge an Schlagstöcken und Pfefferspray doch nicht richtig planen.
    Man stelle sich das nur mal vor, da ist Demo und plötzlich geht der Polizei das Pfefferspray aus…

  3. says: derM

    @gusteau doof wenn man sich nicht an die im Gesetz verankerten Demonstrationsregeln hält, dann kann das durchaus passieren. Ist nunmal so, ob ‚oben-bleiben‘ oder ‚oben-ohne‘ …

  4. says: 0711

    Naja… Etwas groß der Aufwand für dieses Problemchen…

    Unser Hauptbahnhof wurde von Stiftung Warentest übrigens zum pünklichsten Fernbahnhofs Deutschlands gekürt. Und das, obwohl ihn die Bahn seit 15 Jahren gezielt verrotten lässt…

    Da frage mich dann schon, wieso man ihn mit unglaublichem Aufwand abreißen, um 90° drehen und unter der Erde mit halb so vielen Gleisen wieder aufbauen will…
    Logisch wäre es doch, diese geniale Gleiskunstruktion zu optimieren und auszubauen, was auf K21 hinauslaufen könnte.

  5. says: Waschl

    @Spätzle: Die Pro’ler haben nach den ersten Demos keine eigenen Zahlen mehr veröffentlicht, sondern die Zahlen der Polizei verwendet.

    @0711: Pünktlichkeit hilft einem wenig, wenn die Strecken lange sind.

    Ich finde, man sollte das Biotop Gleisvorfeld aufstocken und eine Achterbahn daraus machen. Oder man lässt die ICEs über die S-Bahn schanzen, so spart man gleich ein paar Weichen. Auf jedem Fall können sich so weiterhin seltene Tierarten zwischen den Gleisen heimisch fühlen.

  6. says: esar stgt

    Der unterschied liegt daran, dass für die veranstallter ein paar verlauste hippies die in der 12 lieber bio statt mathe gewählt haben, zählen…

  7. says: Wolfgangster

    Die sollen lieber mal die 1500 Anzeigen gegen die Einsatzkräfte vom 30.9. bearbeiten, anstatt mit irgendwelchen dubiosen Formeln Demo-Teilnehmer zu zählen. Die Besetzer des Nordflügels ham se ganz schnell verknackt, aber die Straftäter in den eigenen Reihen werden wahrscheinlich mal wieder nicht belangt…

  8. says: JoeJoe

    Gähn 🙂
    Und wenn man sie an einem einzigen Eingangstor zählen würde, würde man der Polizei nicht glauben. Glaube ist etwas Starkes, besonders wenn man sich anmasst, für etwas „Gutes“ einzustehen und zählen einer stehenden Menge per Klicker vollkommen sinnbefreit…
    Das ist wie in einem stillen Teich mit einer Wasseruhr zu messen 🙂
    Abgesehen davon, dass peinlich ist, dass man die ganze Thematik auf die Ereignisse vom 30.09. reduzieren muß, bin ich ebenso dafür, dass die Polizei sich mit etwas Anderem beschäftigt:
    Mit Anzeigen und Belangen aller der 1500 Leute, die an diesem Tag gegen geltenes Demonstrationsrecht und die Durchführung von geltendem Baurecht verstoßen haben.

  9. says: Spätzle

    @JoeJoe
    „Geltendes Demonstrationsrecht“ wenn ich so eine Scheiße hör. Müsste ja ganz Dresden angezeigt werden weil sie sich dem Naziaufmarsch in Weg gestellt haben und dabei Barrieren durchbrochen haben.
    Manchmal ist halt ne Demo ein bißchen mehr als daneben stehen und zuschauen.

  10. says: sascha

    war doch schon seit den ersten kundgebungen des aktionsbündnisses… schon traurig wenn man für eine sache demonstriet und dafür völlig illusorische zahlen von mitstreitern angibt. ich denke die zahlen der ploizei waren schon immer eher die richtigen. die gegner wollten sich eben größer machen als sie waren/sind.

  11. says: Martin Sp.

    Naja, ob die Zahlen der Polizei immer so richtig waren. Die waren teilweise schon auffällig niedrig. Erst dadurch haben die Gegner ja angefangen zu zählen. Und auch der Polizei immer Zusammenarbeit angeboten, was diese aber ablehnte.

  12. says: kassa

    Naja…ich glaube ja, dass beide Seiten in ihren Zählungen immer ein bißchen über- bzw. untertreiben. Wenn man aus beiden Zahlen den Mittelwert nimmt, wirds wahrscheinlich einigermaßen stimmen.

  13. says: JoeJoe

    @Martin Sp.: Nee, gab es keins 🙂
    @Spätzle: Also erstens ist es nicht unbedingt eine Diskussionsgrundlage, andere Ansichten als „Scheisse“ zu betiteln. Aber das kann man nachvollziehen, wenn das Gegenüber in einer Verliererposition ist. Und zudem sich noch anmasst, etwas „Gutes“ zu tun. Und zweitens war das sicherlich nicht „ganz Dresden“.
    „Manchmal ist halt ne Demo ein bißchen mehr als daneben stehen und zuschauen.“ Bitte ?!?!
    Du scheinst irgendwie unsere Rechte nicht verstanden zu haben, mein Lieber. Und dazu auch noch dieselben, die Du auch noch offensichtlich in Anspruch nimmst. Ganz ehrlich: Dummerweise haben auch die Faschos nach unserem Gesetz das Recht, eine Demo zu machen !
    Mit jemanden, der so etwas nicht respektiert, muss man eigentlich nicht diskutieren. Da geht es um die Rechtsauffassung und nicht um die Leute an sich. Um das klarzustellen. Aber das wirste wohl auch nicht verstehen…also lassen wir das.
    Da wundert man sich, dass die Rechten das Haus angreifen und niemand die Linken schützt, wenn sie vorher die Polizei verprügeln…
    Na, so dumm muß man erstmal sein 🙂

    Was Ihr beide nicht kapiert ist, dass man da am 30.09. so richtig gar nichts verloren hat. Da muss man auch nicht der Öffentlichkeit die Mär von einer friedlichen Demo oder gar einer angemeldeten Schülerdemo erzählen. Von der Lächerlichkeit, diesen Tag als Hauptargument gegen einen Bahnhof, ich betone Bahnhof, nutzen zu wollen, ganz zu schweigen…das kam doch grad recht.

    Ja nee, man hat der Polizei die Zusammenarbeit angeboten. Ungefähr genauso, wie man die Schlichtung angeboten hat und so wunderbar anerkennt 🙂

  14. says: Martin Sp.

    JoeJoe, deine Ansichten kann man aber nur als Scheisse bezeichnen. Du hast wirklich nichts verstanden, gell. Und lesen tust du anscheinend auch nichts, was außerhalb deines S21-Befürworter-Weltbilds ist. Da its dann halt schwer mit dir zu diskutieren.

  15. says: jingleballs

    Das geht einem so langsam echt auf die Nerven. Immer die selbe Leier – oben bleiben vs. oben ohne, hin und her. Kann man nicht mal ne Meinung haben, ohne gleich eine Religion draus zu machen? Brauchen die Leute hier ne dermaßen billige Regel, um zwischen Freund und Feind zu unterscheiden? Flutet den Scheiß am besten, wahrscheinlich hoppeln dann immer noch Leute unter Wasser durch die Gegend und schreien entweder oben bleiben oder oben ohne. Ich sitz dann auf der Karlshöhe mit den paar Leuten, die ab und zu auch mal über ihren Tellerrand rausgucken und zwirbel einen.

  16. says: kutmaster

    Ich halte es wie Kassa – die einen übertreiben und die anderen untertreiben.
    Der Mittelwert aus beiden Zahlen ist für mich eher realistisch.

    Warum sich die Polizei überhaupt hinreissen lässt, so eine „Luftbildauswertung“ zu machen und ein paar arme Rindswürstchen den ganzen Tag lang bunte Punkte zählen lässt, ist mir allerdings schleierhaft. Anscheinend sind sie doch nicht so schlimm ausgelastet wie sie immer behaupten.

  17. says: Spätzle

    @ JoeJoe
    chill, Ich wollte nicht deine Meinung als Scheiße darstellen, sondern das „Geltende Demonstrationsrecht“ an sich.
    Nachdem ich dann aber dein zweiten Kommentar…ach lassen wirs‘

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