Schönster Blumenkasten Stuttgarts: Ein Balkonkasten der Liebe

Letzte Woche hat der OB den schönsten Blumenkasten der Stadt ausgezeichnet. Der Preis wurde im von Kessel.tv präsentierten Wettbewerb „Natürlich Stuttgart“ vergeben. „Was ist denn das für ein Müll, die haben wohl nichts Besseres zu tun“, beschwerte sich Martin per Mail beim Aussi. Der musste daraufhin zugeben, beim städtischen Blumenschmuck- und Natur-in-die Stadt-Wettbewerb schon einmal teilgenommen zu haben. Die traurige Geschichte eines Scheiterns.

Unter uns: Ich bin der personifizierte Durchschnitt. Hab keine geilen Tattoos wie Thorsten, kann nicht toll auflegen wie der Ram, weil unmusikalische Kartoffel, und von einem Bartwuchs wie der Setzer träume ich schon seit Jahren.

Meine bisherigen 33 Lebensjahre waren an Highlights so arm wie Ostdeutschland ohne den Soli. Kindheit in Pforzheim überlebt, die architektonische Tiefgarage Deutschlands färbt aber bis heute styletechnisch auf mich ab.

Bisherige Lebenshöhepunkte in der Außenreporter-Bilanz: Eine Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen 1993. Und ein sagenhafter erster Platz beim Vorlesewettbewerb am Hebel-Gymnasium in der Sechsten Klasse. Beim schulübergreifenden Wettbewerb war ich dann leider trotz des neuen Strickpullis von meiner Oma so aufgeregt, dass ich derbe abgelost habe.

Vielleicht erklärt diese schon so lange anhaltende Mittelmäßigkeit meinen heutigen Drang, in den wirklich wichtigen Disziplinen zu glänzen – zum Beispiel im Wettbewerb „Natürlich Stuttgart“, in dem unser OBle seit Jahren den schönsten Blumenkasten, den geilsten Balkon und die freshste Yucca-Palme prämiert.

Vor drei Jahren hatte ich die geile Idee, mit LIFT an dem Wettbewerb teilzunehmen. Also fett mit Fotografin Angelika Großmann ein florales Konzept erarbeitet. Lasst Blumen sprechen, schon klar, aber sollten wir unsere Typo mit Geranien darstellen, das Logo mit Rosen nachstellen oder gleich einen ganzen Schriftzug nachgärtnern?

Wir entschieden uns für eine nicht ganz so aufwendige Variante. Das Ergebnis war frischer als ein Rapsfeld im Mai, wurde direkt fotografisch dokumentiert, an das Garten- und Friedhofsamt der Stadt Stuttgart geflankt und in LIFT abgedruckt.

An den Wettbewerb haben wir dann nicht mehr groß gedacht, bis ich plötzlich eine Mail vom Amt bekam: „Danke für die Teilnahme, schaut ja echt ganz frühlingshaft aus, die Jury will sich euer Gehänge jetzt aber noch live an der Redaktion anschauen.“

Super Idee, keine Frage, nur hatten wir unser Kunstwerk im Garten der Fotografin angelegt und bis die Schnarchnasen vom Amt am Start waren, war das Setting schon den Weg des Irdischen gegangen – bis auf einen kümmerlichen Rest, den ich auf meinem Balkon zweitverwertete. Ich also schnell nach Hause gerannt und die letzten zwei Töpfchen für die Redaktion geholt. Sah richtig traurig aus.

Zum vereinbarten Termin standen dann sechs (!) Mitarbeiter vom Friedhofsamt bei mir im Zimmer, kamen glaub direkt aus der Kantine, alle super gemütlich und haben sich angesichts der Geranie nur etwas irritiert angeschaut.

Hab ihnen dann irgendwas von Schädlingsbefall, Hagel und bösen Geistern erzählt, eine grundsolide Lügengeschichte halt, worauf mich die Kumpel weinend in den Arm genommen und getröstet haben. Stimmt natürlich nicht, das mit dem Heulen, aufgemuntert haben sie mich aber trotzdem. Vor lauter Scham hat die Digicam dann gestreikt, deshalb habe ich leider kein Beweisfoto, dass die Hirbel bei uns waren.

Hab den Besuch dann wiederum schnell vergessen, bis ich Post bekam vom OBle. Kommt auch nicht so oft vor, ich also gleich aufgerissen – und bin dann vor Lachen aus den Schuhen gefallen. Wir hatten tatsächlich einen Preis gewonnen beim Wettbewerb, scheinbar bekommt jeder Kleingärtner eine Urkunde.

Hab mich natürlich super gefreut, war dann auch eine ultrafette Party, die Preisvergabe, eine Mayday der Schrebergärtner, das Rocker 33 der Balkonkästen, ein Floristenrave der Extraklasse in der Liederhalle. Durchschnittsalter 86, super Sound, geile Reden, starke Preise, nämlich – wer hätte das gedacht – Pflanzen, Pflanzen und noch einmal Pflanzen. Junger Spitz, war ich stolz, als ich dort meine Urkunde abholen durfte. Teil der Balkonbegrünungselite dieser Stadt sein zu dürfen erfüllt meinen grünen Daumen bis heute mit Freude.

Nächstes Jahr mach ich beim Wettbewerb wieder mit und begrüne dafür die komplette Corso mit Weidekätzchen, Sonneblumen und Stangenpflanzen.

Der Wettbewerb 2011 läuft noch bis Ende Juni, fette Preisvergabe dann im Oktober, mehr Infos hier.

Join the Conversation

6 Comments

  1. says: afro-dieter

    Fantastisch geschrieben, Schnappatmung. „…die architektonische Tiefgarage Deutschlands färbt aber bis heute styletechnisch auf mich ab“

  2. says: franz von assisi

    „wird für gute leistungen eine lobende anerkennung zuerkannt“ hört sich voll 3.-reich-style an

  3. says: Aussenreporter

    Sänk ju, Dieter, die Tiefgarage ist leider die Wahrheit und hält bis heute an.
    @ Franz, die Urkunden gibt es bestimmt seit 1942 und der Ton wurde einfach beibehalten.

  4. says: No 2da Ra

    Ich les nur Blumentopf….schaaaade keine Tix für ein undercover Live-Geheim-Gig….MACHT DAS DOCH NICHT MIT MIR!!!!!!!!!!

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert