Schankstelle schaut super plus aus

Heimlich still und leise oder eher wichtig, voll VIP und mit echt tollem Premieren-Publikum hat am Montag die „Schankstelle Super“ in der Nähe vom Rocker aufgemacht, das am längsten angekündigte und am häufigsten verschobene neue Gastro-Projekt der Stadt.

Wir waren selbstverständlich nicht eingeladen, sind aber trotzdem hin, verkleidet als Willy und Wichtig aka Aussi und Transit-Janusch. Auf dem Weg zur Schanke kam uns Tommy Labusch entgegen, der vor gefühlten Jahrmillionen das unfassbar coole „Die 36 Kammern der Shaolin“ auf der Theo betrieben hat, als die Straße Suite- und Nachahmer frei war und man seinen Dreier-BMW noch ordentlich herbeschleunigen konnte, ohne dabei von der Partymeute mit Missbilligung bestraft zu werden. Labusch hatte nach den 36 Kammern unter andere die Rote Kapelle eröffnet und stand als letztes im Beja im Stuttgarter Westen in der Küche.

Als er an uns vorbeiläuft, knacken für einen Moment hörbar die Synapsen, er scannt uns, checkt aber nicht, wo er uns einordnen soll, nämlich unter berufsjugendlich, verdorben und durstig, dann ist die Sekunde auch schon wieder rum.

Ich hatte kürzlich an ganz anderer Stelle einen ähnlichen Moment, als ich in der Mittagspause fröhlich zum Rotebühlplatz schlawenzelt bin, Modus: pfeif, freu, kurze Pause von der Sklaventreiberei, immer noch kein Herbst in Sicht, hach ist das ein schönes Städtchen, dieses Stuttgart. Unterhalb vom WuF stand eine Horde junger Menschen, die mich angestarrt hat.

Einer der Hippster sah zum Fürchten gut aus, Südländer, fesch gestutzter Taliban-Bart, Schanze-Straßen-Outfit. Beim Aus-der-Hüfte-zurückstarren funzt es bei mir im Oberstübchen Schlag auf Schlag: „Scheiße, woher kenn ich den, Transit? Schnaps? Absturz letztes Wochenende? Zusammen Erdloch geraucht mit 16? Sakrament, Gehirn, geh mir nicht auf den Sack“, also präventiv freundlich gegrüßt, Gruß zurück, funktioniert immer.

Einen Augenblick der Weltgeschichte später habe ich dann kapiert, dass mir Deutschlands coolster Tatort-Kommissar zugenickt hat, Mehmet Kurtulus, Hamburger Hightech-Ermittler, der bis letzte Woche am Alten Schauspielhaus den Othello gegeben hat. Auch live und in Farbe ein geiler Typ, mit dem ich gerne mal auf Schnaps im Transit unter der Bar ein Erdloch zum gemeinsamen Durchziehen gegraben hätte. Scheiß vergebene Chancen des Lebens.

Raus aus dem Erdloch, zurück ins Super: Wie von Betreiber Basti Sommer und Team nicht anders zu erwarten, sieht das Teil ganz schön super aus. Rund um das ehemalige Tankstellendach stehen mit Wasser gefüllte Plastik-Behälter, die eigentlich in der Landwirtschaft eingesetzt werden, vor dem Super aber als Lichtinstallation super aussehen. Ist nicht neu, nörgelt mein Freund vom Fach, hat schon eine andere Architektur-Agentur an anderer Stelle genau so eingesetzt, geil aussehen tut es trotzdem.

Genau wie die Gäste bei der Eröffnung. Club-Philosoph Martin Elbert hat über Premieren-Publikum mal sinngemäß geschrieben, dass man sich fragt, in welchen Löchern sich die ganzen Eulen eigentlich den Rest des Jahres verkriechen, wenn sie nicht auf einer hippen Eröffnung herumstolpern. Leben die alle in einem Bunker in Zuffenhausen und werden nur rausgelassen, wenn man den eigenen Laden am ersten Abend mit Bedeutung aufladen muss?

Wir sehen auf jeden Fall jede Menge makelloser Damen, die auch für Alice Werbung machen oder zumindest die Ex-Freundin von Mutassim Gaddafi sein könnten, dazu haben sich einige Bosch-Porsche-Mitarbeiter aus seligen Bravo-Charlie-Zeiten irgendwie eine Einladung erschlichen. Eine Handvoll netter Menschen ist auch anwesend.

Wir verkriechen uns strategisch in einer perfekten Beobachter-Warte und starren ungeniert den Premieren-Mix an, klatschen zwischendrin mit den Guten ab, schauen ganz tief in Gin-Tonic-Gläser und sind uns irgendwann einig, dass ein zurückhaltendes Dekolleté mit einem bezaubernden kleinen Pickel über der rechten Brust viel schöner ist als all die glatt gebügelten Freundinnen von Porsche-Fahrern, die zwischen Bar und Floor denken, sie seien in München. Menschlicher Makel schlägt Plastikchirurgie nicht nur zwischen 2 und 5 Uhr morgens.

Ein paar Informationen für Freunde anspruchsvollen Designs: Der Vorraum ist luftig, der Barbereich schön und minimalistisch, die Uniformen der Barleute super, hinter  dem Barraum kommt der kleine, aber feine Dance-Floor in Ex-Hi-Größe mit einer wahnsinnig schön gestalteten Tür zum Mini-Hinterhof, die das Spiel mit Farben im ganzen Laden wieder aufgreift.

Alles in allem wirklich ein schönes Ding, indem man nicht nur feiern, sondern von Montag bis Mittwoch abends auch super essen kann. Tommy Labusch liefert unter anderem die große sensorische Inspektion mit Muscheln und allerhand anderen leckeren Schweinereien für 32 Euro, mittags gibt es jeden Tag einen fancy Mahlzeit-Kollegen-Mittagstisch und am Wochenende wird dann getanzt und die Xing-Bewerbungsgespräche im echten Leben geführt. Mal sehen, wie die Besucher aussehen, wenn das Premierenpublikum sich wieder im Bunker in Zuffenhausen verkrochen hat. Wer recherchieren mag: Am Samstag lädt hier ab 21 Uhr das Disco-Quarttet Vogel, Swist, Herzer und Kuhn ein. Einmal volltanken, bitte.

PS: Spitzen-Witz mit dem volljährig oder nicht auf der Website superschanke.de.

Die Schwester der Schankstelle auf Sri Lanka, passt eigentlich nicht, wollte ich aber schon immer mal posten.

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14 Comments

  1. says: Beraternase

    Ich war am gestern mit einem Kumpel (Freitag) beim Mahlzeit-Kollegen-Mittagstisch. Habe leider keinen meiner Lieblings-Blog-Vertreter getroffen… Schade.

    Fazit: Sehr gutes Essen, freundlicher Service… Wenn sich dies allerdings rumspricht, dann sind die paar Tische immer zur Mittagszeit ausgebucht.

  2. says: Julian

    Subbber geschreiben, wie immer. Schade, jetzt bin ich wech in Cairo, aber wenn wieder da, schau ich auf jeden Fall rein. (Schon wegen dem Dekolte und dem Pickel wegen…)

  3. says: franzi

    war am samstag dort, location ist ja echt klasse! publikum war jetzt nicht so mein fall, ziemlich viele schnöseltypen ü45 mit roten hosen… 😉
    aber die dj-jungens haben super aufgelegt, war echt begeistert! und der herr swist hat tatsächlich mal gelacht, das hab ich bei dem ja noch nie gesehen 😀

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