Auf der Re:publica Berlin 2019 – tl;dr: Tag eins

Wenn du nach fünf Minuten schon einen Typ im Pacman-Anzug siehst, dann weißt Du: Es ist wieder re:publica. Aber das ist eigentlich Quatsch, denn das ist meine fünfte re:publica in Berlin, und gefühlt sind die Freaks, die nie in der Überzahl waren, über die Jahre weniger geworden.

So wie die re:publica, die sich vom belächelten Bloggertreff zum wichtigsten Festival für die digitale Gesellschaft entwickelt hat, immer noch politischer wird (im positiven Sinn) und das Thema „digital“ nur noch als Rahmen für eine sehr vernünftige, realistische und positive Betrachtung der modernen Gesellschaft nimmt.

Das Motto in diesem Jahr: tl;dr, also „too long, didn’t read“ – gemeint ist die Verknappung von Diskursen und Botschaften im Internet und ein Plädoyer dafür, sich in der Tiefe mit Themen zu beschäftigen. Weshalb auch der Roman „Moby Dick“ in kompletter Länge in Übergröße auf eine Schriftrolle gedruckt das zentrale Element des wie immer fantastischen Setbaus der Veranstaltung bildet.

Ansonsten alles wie immer und alles neu, noch größer, noch mehr Spielorte rund um die Station am Gleisdreieck. Diesmal Porsche statt Daimler als Hauptsponsor und mit großem Stand. Endlich das Thema Nachhaltigkeit ernst genommen mit Druckmitteln, Bechern und Geschirr aus recycelten Materialien (ein Mehrwegbecher-System wäre trotzdem gut). Und wieder über 1000 Speaker, und davon wieder mind. die Hälfte Frauen.

Was heißt, dass man mit dem Gefühl leben muss, dass man immer irgendwo etwas verpasst. Deshalb hier mein sehr subjektives Kurz-Tagebuch meines re:publica-Besuchs.

Panels, die ich am Montag gesehen habe:
Die sehr überzeugende und auch bejubelte Eröffnungsrede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der sehr genau wusste, welche Themen er wie ansprechen muss, ohne sich anzubiedern.

Ein eher weniger spannendes Podium zum Social-Credit-System in China, wenn man nicht tiefer im Thema ist. Ein interessantes Podium u.a. mit Ex-Stuttgarter und Ex-Intro-Chefredakteur Thomas Venker (jetzt Kaput Magazin) zum Thema Pop-Journalismus. Einen unterhaltsamen Vortrag von Ingrid Brodnig zu Humor in digitalen politischen Debatten.

Ein gutes Podium u.a. mit Ex-Mellowbag-Rapper und Schauspieler Tyron Ricketts zum Thema Diversität in Film und Fernsehen. Einen bejubelten Vortrag von Sigi Maurer aus Österreich über die berühmte und krasse Story ihrer gerichtlichen Verurteilung dafür, dass sie Screenshots von obszönen Nachrichten veröffentlicht hat.

Und als Höhepunkt, und man muss es schon sagen: Den schon traditionellen Vortrag am Montagabend von Sascha Lobo. Umstrittener Typ, man muss ihn nicht mögen (was er einem auch nicht leicht macht), aber am Ende einfach ein unfassbar guter Redner, der dir über eine Stunde ein Thema ganz tief ins Gehirn bohrt und einfach mit jedem Wort, das er sagt (oder schreibt) recht hat.

Leute, die ich am Montag getroffen habe:
Natürlich die netten Leute vom Landesmarketing Ba-Wü am Stand mit dem schon legendären „Freibier“, oben genannten Thomas Venker, Kollege Philipp Maisel von STZ/STN (Fußballexperten unter sich), STN-Kollegin Anja Wasserbäch, Ex-Stuttgarter Soulboy Jürgen Dobelmann, Gastronom und Agenturchef Timo „Locke“ Schillings, Ex-Barmann und jetzt Social-Media-Fachmann Erdal und Instagramer Frank Fox.

Sachen, die ich am Montag beobachtet habe:

Leute, die während eines Panels stricken.

Leute, die den Livestream eines Panels angucken, weil andere Leute vor ihnen stehen.

Leute, die einen Panel für drei andere Leute live streamen.

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