Kickerle.TV – die Antitrainer: Klaus Schlappner

Spätestens nach dieser Bundesliga-Saison war klar: Die Zeit der alten Haudegen scheint endgültig abgelaufen zu sein. Sogar ein verdienter Mann wie Felix Magath und seine Methoden werden zwischenzeitlich in Frage gestellt. Und der lautlose Abgang von Christoph Daum spricht weiterhin dafür, dass der deutsche Fußball mitten in der Ära Klopp, Tuchel, Dutt und wie sie alle heißen angekommen ist.

In unserer losen Serie „Die Antitrainer“ huldigen wir Fußballlehrer aus einer scheinbar längst vergangenen Zeit. Heute stellt unser Fussballfachmann JMO2 nach Peter Neururer, Stepi und Otto Rehhagel die ungekrönte wie zweifelhafte Rhein-Neckar-Region-Legende Klaus Schlappner vor. Zwischendurch präsentierte übrigens der Aussi sein Idol Winnie Schäfer.

„Ladies and Gentlemen, it’s profile time“, so wird meine Lieblingsrubrik auf meinem Lieblingsfußballpodacast „The Football Ramble“ eingeleitet, indem immer bedeutende oder nichts so bedeutende Personen der Fußballhistorie vorgestellt werden, ein wenig wie hier.

Ich gebs gerne zu: Irgendwie stößt mich Klaus Schlappner ab. Da tritt der Mann aus Protest gegen die 68er Bewegung in die NPD ein, lässt sich da zum Kandidaten der Kommunalwahl aufstellen und verlässt den Laden wieder, weil es nicht erfolgsversprechend ist: „Ich schrei mir doch net um null un nix Prozent die Lung aus’m Hals“. Oder lässt angeblich den jungen Jonathan Akpoborie, später auch mal beim VfB aktiv und Anteilseigner an einem sog. Sklavenschiff, im Winter erstmal einen Schneemann bauen und den Rest der Mannschaft zuschauen. Wie gesagt, angeblich…

Aber er ist auch einer der letzten Vertreter einer Art von Trainer, die den Fußball simpel halten und ohne Matchplan und Sportpsychologen Spiele gewinnen. Als Fußballfan ist man doch irgendwie stockkonservativ. Gerade wenn es mal schlecht läuft, und das tut es doch meistens, so ist der Ruf nach „Gras fressen“ ganz fix da. Und da kommt einem dann doch ganz schnell ein Kerl wie Schlappi in den Sinn.

Dazu passt auch, das er mit einigen Fächern auf der Sporthochschule bei seinen Trainerlehrgängen, einige Startschwierigkeiten hatte, da sie ihm wie böhmische Dörfer vorkamen, darunter u.a. Psychologie, Physiologie, Pädagogik. Und das kann man ihm ganz sicher auch heute noch vorhalten. Er ist halt noch mal eine Spur anders als der Ruhrpottproll Neururer, der lustige Onkel vom Balkan-Stepi oder der Pseudophilosoph Rehhagel.

Geboren in der Rhein-Neckar-Region bleibt er ihr auch in seinen jungen Jahren treu, kickt da eher unterklassig herum. Grund ganz sicher auch, das die sechziger Jahre schon von ihm schon voll durchgeplant waren: „Heiraten, Haus bauen, einen Sohn kriegen, noch einen Sohn und eine Tochter kriegen, Jägerprüfung, Meisterprüfung, eigener Betrieb.“ Hätte ich auch mal besser so machen sollen.

Und die 70er? Schlappi, sag an: „Die siebziger Jahre schafften meine Frau und ich voll durch. Das mit dem Trainer kam dann im Jahr 1979 eher zufällig.“  Ob er da schon mal dran dachte in China und im Iran zu arbeiten? Wohl kaum, denn es lief ja erstmal ganz rund für ihn. Im April 1979 erst mal den dem Bundesligaabstieg entgegen taumelnden SV Darmstadt übernommen und souverän in die zweite Liga geführt, dann wieder Co-Trainer und ab 1983 Aufstieg mit dem Waldhof in die 1. Bundesliga.

Diesen Erfolg möchte ich aber keinesfalls geschmälert wissen. Mit einer wirklichen No-Name Truppe und wenig Geld schaffte er es zum einen die Klasse zu halten und eine halbwegs erfolgreiche Mannschaft zu formen, aus der u.a. Fritz Walter (der jüngere) hervorkamen und die den Mythos der sog. „Waldhof Buben“ begründeten, aus diesem später noch andere Klassiker wie Mauri „Auch er hat dein Auto schon“ Gaudino, Jürgen „Kokser“ Kohler oder Christian Wörns ihren Weg in die Bundesliga und internationale Ligen finden würden.

In diese Zeit fällt auch die Veröffentlichung seiner Single „Schlappi Räp“, von der ich leider noch keinen Ton gehört habe. Die Fußballermusik-Enzyklopädie www.fc45.de meint dazu: „Der uns allen bekannte Wiederholungstäter Werner Böhm aka Gottlieb Wendehals legt hier einen wenig lustigen Rap mit einem noch weniger begabten Sänger, seines Zeichens Trainer des SV Waldhof Mannheim, vor. Wir können froh sein das auf diese Scheibe keine Verlängerung folgte.“ Die B-Seite hieß übrigens „Du lachst dich schlapp“. Vielleicht hat einer der Leser ja in seinem Fundus diese Platte und kann ein Urteil dazu abgeben?

Schlappi und sein Pepitahut, wohl die urbane Variante des Jagdhutes, gingen dann erstmal zurück nach Darmstadt. Eine Zeit an die sich ältere Anhänger gerne mit dem Schlachtruf „Lilien kämpfen – Schlappner raus“ launig erinnern. Und Name eines kurzlebigen Plattenlabels aus dem Fanumfeld der Lilien.

Danach drei Jahre im Saarland beim 1.FC Saarbrücken, wo er ebenfalls wie schon zuvor in Darmstadt an der Relegation zur 1. Liga scheiterte. Das hat er insgesamt dreimal hintereinander geschafft – Rekord! Dann noch ein Jahr Jena, da hätte ich im Training gerne mal Mäuschen gespielt. Da müssen doch Welten aufeinander geprallt sein, wilder Dialekt, seltsame Kleidung und dann die Jungs von Carl Zeiss.

Nach diesem Gastspiel führte ihn seine Laufbahn von 1992 bis 1995 nach China – wohl auch weil beim Waldhof oder in Darmstadt grad nix frei war. Er wurde dort Nationaltrainer nachdem die chinesische Auswahl gegen Hongkong verloren hatte. Das ideale Aufgabengebiet für einen Schaffer wie Schlappi, keine Frage. Anpacken und machen, so was kann er eben. Und erfolgreich war er dort, so wurde in seiner Zeit u.a. beim Asien-Cup der dritte Platz belegt.

Aber da er in China nicht die Belastung seines Elektrobetriebes hatte, hat er kurzerhand im vorbeilaufen noch die chinesische Profiliga aufgebaut. Ein Schaffer muss halt schaffen, denn „Schlappner steht für Arbeit, Arbeit, Arbeit“. Gedankt wurde es ihm schlussendlich damit, dass er nach jedem Länderspiel ein Fax von Deng Xiao Ping bekam und später wurde ihm die Ehrenprofessorwürde der Sporthochschule in Shijiazhuang verliehen.

Weniger erfolgreich war dagegen sein Versuch „Schlappner-Bier“ in China zu etablieren. Frei nach dem Motto, was mag der Chinese am meisten am Deutschen? Eben: Autos, Fußball und Bier. Klappte aber alles nicht so recht. Laut eigener Aussage hat er in den ersten fünf Jahren nur sechs Millionen Dosen absetzt, da hat er dann lieber Handelslizenzen für seinen Elektrobetrieb verkloppt, war erfolgreicher.

Im Januar 96 war dann das Kapitel China erstmal vorbei, es ging noch mal kurz und erfolglos nach Mannheim zum Waldhof. Und dann wieder ab in die Ferne, diesmal in den Iran. Warum auch nicht? Bis auf Bier stehen die sicher auch auf deutschen Fußball und deutsche Karren. Aber langfristig war das Engagement bei Peykan Teheran auch nicht, obwohl er auch hier beim Aufbau der Profiliga half.

Seitdem ist es ruhig um ihn geworden, betreibt immer mal wieder ein wenig Fußball-Entwicklungshilfe und bildet zum Beispiel in der Mongolei und Indonesien Kinder- und Jugendtrainer aus. Zudem ist er gefragter Ansprechpartner des nordkoreanischen Fußballverbandes für Trainingslager in Deutschland und berät immer mal wieder den chinesischen Fußballverband.

„Stets um Originalität und Volkstümlichkeit bemüht, oft aber gerade deshalb eher komisch und penetrant, weil seine Gags zu viel des Guten sind, so hat ihn die Fußballszene lieben oder belächeln gelernt“ (Die Frankfurter Rundschau über Schlappi, 1987)

Zum Thema „Waldhof Aufstieg 1983“ gibt es übrigens auf Youtube eine schöne Doku, an heutigen Maßstäben gemessen eine ganz andere Welt, die dort gezeigt wird

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=P7u-EEHF9xs[/youtube]

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5 Comments

  1. says: TG

    Hätte der Hopp nicht seine Millionen in Mannheim investieren können, um diesen Traditionsclub wieder in die erste Liga zu bringen? Bitte inkl. der Trikots und Schnäuzer von 1983. Fetter Artikel, kann mich an Schlappi noch gut erinnern in den alten Sportschauzeiten (um 17.30 Uhr?)

  2. says: bernd

    toller artikel! und ich bin nach wie vor dafür dass wenn uns die antitrainer ausgehen zum antitorhüter zu wechseln 🙂

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