Innenstadt Lifestyle

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(Lifestyle Arlt oder einfach nur zu kurzes Schild angebracht?)

Der Thorsten würde sagen, man muss ab und zu dahin gehen, wo es weh tut. Ich fahre samstags wirklich gerne zum Ikea oder auch mal nach Metzingen (WMF hat übrigens bis heute nicht zurückgeschrieben) – hab ich überhaupt gar kein Problem mit. Das ist nicht schlimm, wirklich nicht. Alles nur Vorurteilsgestöhne, das überlebt man locker.

Nein, an die Substanz geht es, wenn man Samstagmittag in die Innenstadt muss, vor allem auf die Königstraße. Ist mit einem Nahkampf-Crashkurs zu vergleichen. Mach ich wirklich nicht oft. Musste vergangenen Samstag aber sein, denn ich benötigte noch ein paar „Requisiten“ für unsere Vorlesung in der Corso, u.a. eine Nerd-Brille für den Fensterglas-Text.

Also statte ich zunächst Fielmann und anschließend Pro Optik einen Besuch ab und hab mir dabei wieder gedacht, dass man einen Brillenladen haben müsste. Ich glaube das Brillengeschäft funktioniert so ähnlich wie Gas-Wasser-Scheiße oder Sprudel verkaufen. Blind sind die Leute immer.

Über den Typus Brillenfachverkäufer/in könnte man übrigens auch mal eine Abhandlung schreiben. Das ist mehr oder weniger auch ein Schlag Mensch, meist gutaussehend und stets leicht hochnäsig, warum auch immer. Vielleicht damit die Brille nicht runterrutscht. Alle Brillenfachverkäufer tragen nämlich Brillen und sehen damit auch noch verdammt super aus. Das ist wie im Breuni, wo alle Schwarzweiß tragen und auch super aussehen. (Gut, heute nicht mehr so streng, das mit dem S/W.)

Jedenfalls suchte ich ein billiges wie hässliches Kassengestell oder die Hornbrille in XXL. Das gibt es nur leider so gut wie gar nicht mehr. Also die Riesenhornbrille gibt es schon, aber eben zum Apothekentarif, weil halt gerade hipp.

„Kann ich ihnen weiterhelfen?“, fragte mich eine Verkäuferin im Pro Optik. „Ja gerne. Wo sind ihre günstigsten und hässlichsten Brillen?“ „Ähm…“ „Entschuldigung, ich weiß, sie führen natürlich nur wunderschöne Brillen…“

Ich merkte schnell, dass ich auf dem Holzweg bin, beendete rasch das Verkaufsgespräch und zog in Richtung Karlsplatz weiter, da ist samstags immer Flohmarkt. War aber nicht, denn es ist (war?) ja Fischmarkt. Warum hat der Thorsten eigentlich nichts über den Fischmarkt geschrieben? Thorsten! Was da los?

Zwischendurch fiel mir mal wieder auf, dass sich für die Kriegszone verdammt viele Menschen verdammt schick aufbrezeln. Die hochkrempelte Jeans im Dixie Midnight Runners Style (btw „Come On Eileen“ mein alltime Number One Hass-Song) plus feine Lederschuhe hat übrigens Stuttgart endgültig erreicht. Wieder ein Trend, dem ich nicht folgen werde.

Gut. Was tun? An Requisite Numero 2 denken. Ich war auf der Suche nach einer riesigen Hand, wie man sie bei der Tour sieht, so zum Anfeuern. Entweder aus Pappe oder aufblasbar. Sollte unser Facebook-gefällt-mir-Daumen werden. Aber keine Chance. Gibts nirgends. War im VfB-Fanshop (eher ruhig, Leute warten wohl auf Huntelaar-Trikots), anschließend im Karstadt und dann im Sportscheck. Überall ratloses Kopfschütteln.

Im Sportscheck habe ich dafür eine steile Trennungsperformance live erleben dürfen. Der P&K und der Sportscheck sind ja miteinander verbunden. Ich lauf also gerade im Sportscheck EG einmal im Kreis herum, als mir aus Richtung P&K ein Pärchen entgegen kommt.

Sie schwer blond und, ich sags jetzt einfach mal frei raus, Typus Halbhöhenlagentochter, um 16.00 Uhr ready to Party im kleinen Schwarzen und kleinen Täschchen, er etwas stämmig, leicht prollig und wenn ich mich recht erinnern kann, asiatischer Touch, kann aber auch südosteuropäisch gewesen sein.

Jedenfalls laufen die direkt auf mich zu und auf einmal höre ich sie sagen: „Und genau diese Lügen kann nicht mehr ertragen und deswegen trenne ich mich von dir.“ Und zack, stöckelt sie strammen Schrittes rechts an der Rolltreppe vorbei und er leicht perplex links davon.

Ich bin mir sicher das war einstudiert. Hab schon überlegt ob hier gerade eine Folge „Verbotene Liebe“ gedreht wird. Bin dann meinen Kreis weitergelaufen hab sie noch am Eingang gesehen. Glaub sie hat geweint. Aber ich denke, die beiden kommen wieder zusammen. Chickse geht immer gern zum Arschloch zurück. Alter Hut.

Nun gut, ne aufblasbare Hand gabs nirgends, dafür hab ich noch festgestellt – eigentlich wollte ich nur das posten – dass sich der Arlt am HBF (ich wusste gar nicht, dass es einen Arlt am HBF gibt), als Lifestyle Shop verkauft. Fand ich irgendwie lustig. Klingt so nach Hilfeschrei. Hallo! Wir PCs sind auch voll Lifestyle!  Nicht nur hier der Hochglanz-Gravis!

Vielleicht ist das Schild noch vom Vorgänger und Arlt konnte sich keines für die ganze Fläche leisten. Ich meine, da war mal nen anderer Laden drin. Aber keine Ahnung, ich komm ja nicht so oft da runter. Dachte eigentlich sowieso, dass es wieder zwei Jahre dauert.

Ach ja, Die Nerdbrille hab ich übrigens im Apollo Optik gefunden, für 9,90 Euro. Etwas bieder dort und im Gegensatz zu Konkurrenz weiter oben eher entspannt. Die hatten auch noch schöne Kassengestelle. Glaub man muss einfach Lifestyle verkaufen um zu überleben. Oder Sprudel.

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22 Comments

  1. says: Thorsten W.

    Oh Mann, das Bild ist mal echt der Hammer. Arlt + Lifestyleshop + silber angesprühte Schaufensterpuppe (Standard-Deko in Technodissen Anfang der 90er) + zwei Bäumchen im Topf + roter Mülleimer mit raushängendem blauen Müllbeutel. Das könnte man sich nicht besser ausdenken.

  2. says: Jane

    Vielleicht ist das auch inzwischen Trend auf ne besondere Art und Weise Schluß zu machen, bei Heiratsanträgen will man ja auch ach so kreativ sein. Und so ne schicke performanz muss man erst mal nachmachen.

  3. says: Gusteau

    Die nennen es lifestyle shop, weil sie die arschteuren sony vaios auf kleinen Altären ausgestellt haben und vielleicht mal an Halbhöhenlagenkinder verkaufen denen ein mac zu mainstream ist

  4. says: knoxville

    …na dann lieber wie der bobbele mit seiner sandy meyer-wölden per sms. das ist dann so richtig understatement-schlussmachen mit 160 zeichen! gut, nur halt nicht, wenn die sandy dann die sms an die bunte und an rtl explosiv weiterschickt 😉

  5. says: Lars

    Geil sind auch die beiden Ladies über dem Schild. Könnten Mutter und Schwester von dem Arsch sein, dass vorne auf der Kinderschokolade drauf ist.

  6. says: Hans

    na, wo wohnen sie denn, die von-beruf-tochters oder die von-beruf-sohns? da wo der quadratmeter am teuersten und begehrtesten ist. und das wäre dann eben stuttgarts halbhöhenlage. capiche?

  7. says: Leo

    Man muss einfach mal öfter am Sa mittag in die Stadt. Da erlebst noch was. Besser als Fernsehen und man ist vorne mit dabei 🙂

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