Immer eine Reise wert: Roadtrip zur Art Basel 2012

Anfang letzter Woche meldet sich meine gute Freundin Anja: Am Wochenende ist Art Basel, lass uns hinfahren. Hm, was steht sonst an? Umzug, Küche aufbauen, Wohnung streichen, OhHi-Blockparty, Flohmarkt im Transit… Ok, top, wir fahren hin.

Es ist ja jetzt nicht so, dass ich übermäßig kunstinteressiert wäre. Hat sich nur etwas gehäuft in letzter Zeit, Ende letzten Jahres in der Tate Modern in London, neulich in der Albertina in Wien und jetzt eben Art Basel. Ich bin ja offen, und was macht man nicht alles für seinen Ruf, sich für mehr als Fahrräder und Partys zu interessieren. Ein Roadtrip in drei Teilen.

Tag 1: Eva, Adele, Brigitte und wir.

Also Freitag halben Tag freigenommen, im Rewe ein ordentliches Fresspaket für die Fahrt eingekauft und in Anjas schwarzem Sportwagen französischer Bauart losgeheizt. Die Hinfahrt war dann auch erschreckend unspektakulär. Am spektakulärsten waren da noch der expressionistisch-wolkenverhangene Himmel und die Pringles Xtreme Take Away Smoking Ribs. Da geht was, geschmacklich.

Wie jede andere Stadt auf dieser Welt ist auch Basel bei der Einfahrt ziemlich hässlich, auch wenn uns eine Brücke an die Brooklyn Bridge und das Messeparkhaus an das Guggenheim in old NYC erinnert haben. Dann nach Bezahlen des stolzen Eintritts erst mal orientieren: Eine riesige Messehalle über zwei Stockwerke, vollgepackt mit Kunst.

Kurz zur Erklärung: Die Art Basel geht so, dass Galerien aus der ganzen Welt ihre Kunstwerke ausstellen und dafür Messestände aufbauen, die wie kleine Galerien aussehen. Weiße Stellwände außenrum, und auf jedem Stand steht ein Tisch mit vier Stühlen, darauf ein MacBook ohne Netzkabel und davor eine Frau und ein Mann.

War wirklich so, der einzige Unterschied lag darin, dass sich die Galeristen über die Wahl von Tisch und Stühlen (natürlich nur Designermöbel) versuchten abzuheben bzw. zu positionieren. Ansonsten überall das gleiche Bild, und die MacBooks hatten alle auch kein Netzgerät dran, ist mir gleich aufgefallen. Entweder gab es am Stand keinen Strom oder das hatte ästhetische Gründe.

Da fliegen die Galeristen also von New York, Peking oder Timbuktu nach Basel und nehmen extra einen Tisch und vier Stühle mit. Die Männer und Frauen an ihren MacBooks waren auch immer sehr beschäftigt, womit hat sich uns leider nicht erschlossen.

Auf jeden Fall herrschte bei der Art Basel eine sehr, äh, künstlerische Atmosphäre, und da wir schnell merkten, dass wir mit dem Budget von 200 Euro, für das ein Bekannter von Anja uns mit dem Ankauf eines Gemäldes beauftragt hatte, keinen größeren Coup landen würden, suchten wir uns ergänzend zum interessieren Betrachten der Kunstwerke weitere kreative Beschäftigungen.

Die Aufgabenteilung war schnell gefunden: Anja sollte Leute fotografieren, ich hielt die Augen offen nach Spiegeln bzw. Kunstwerken mit Spiegelfläche, in der wir uns fotografieren konnten. Unser ganz persönlicher künstlerischer Ansatz, damit werden wir es noch in die Kunstgeschichtsbücher schaffen.

Außerdem waren wir jedes Mal ganz aufgeregt, wenn wir ein schwarzes Bild sahen, weil Anja zu Hause selber ein schwarze Bild hat und noch kreativen Input dafür brauchte. Und um die Spannung dann ins Unendliche zu steigern wetteten wir zusätzlich, wie viele Bekannte wir treffen würden. Anja tippte auf mind. 3, ich auf max. 1. Ich kenn doch meine Stuttgarter.

Wenig überraschend waren dann auch die Besucher gemeinhin spannender anzuschauen als die Kunstwerke. Die Fachbesuchertage waren zwar schon rum und jeder konnte rein – darum ja auch wir – aber Wochenende war halt auch noch nicht, deshalb hielt sich die Touristenzahl für unseren Geschmack noch in Grenzen.

Deshalb waren wir auch mit die jüngsten Besucher, ansonsten fiel uns auf, dass die Kunstszene im Gegensatz zu Bänkern, Politikern und Modebloggerinnen aus Tuttlingen die Phase der eckigen schwarzen Brillen überwunden hat und man bei hornfarbenen rundlichen Gestellen angelangt ist.

Ansonsten ist es in der Kunstszene wohl überaus wichtig, in irgendeiner Form aufzufallen. Dabei gibt es verschiedene Kombinationsmöglichkeiten: Langweiliges Outfit mit verrückter Frisur, verrücktes Outfit mit langweiliger Frisur, langweiliges Outfit mit langweiliger Frisur aber verrückter Begleiterin, langweiliges Outfit mit langweiliger Frisur aber verrückter Brille.

Auch hier gab es natürlich Highlights: Die Japanerin im rosa Teddy-Jogginganzug, die Italienerin mit dunkler Sonnenbrille, die junge Russin mit Spitzenkleid und Spitzenstrümpfen, die hektisch mit einer billigen Digitalkamera alles fotografierte, was rumhing.

Und dann sahen wir – endlich – die ersten Promis: Eva und Adele. Ja, ich geb zu, die Namen musste ich auch googeln, aber aus dem Fernsehen kannte ich das Künstlerpaar, dessen Kunstwerk es selber ist, gut zu erkennen am leicht exzentrischen Partnerlook und der Glatze. Natürlich gleich ein Foto gemacht – ohne zu wissen, dass Fanfotos von Eva und Adele zu deren Kunstperformance gehören. Wieder was gelernt.

Leicht erschöpft nach ein paar Stunden Kunst gucken und Spiegel fotografieren setzten wir uns nach Schließung der Messe draußen auf eine Treppe bekamen gleich das nächste Highlight geboten: Die Schlange am VIP-Shuttleservice. Da standen die Dollars und Rubel in Reihe, unglaubliche Outfits und unser nächstes Promi-Spotting: Das Ehepaar Borer-Fielding. Aus der Regenbogenpresse bekanntes Ex-Botschafter-Promiehepaar, angeblich getrennt, hier aber im perfekten Outfit händchenhaltend am Start. Aufregend.

Nach so viel Input steuerten wir dann unsere Herberge an – auf heißen Tipp von Kollege Geiger hin, der nur noch so Urlaub macht, hatte ich bei airbnb ein privates Zimmer bei Brigitte gebucht. Und das übertraf alle Erwartungen: Ein Traum-Altbau-Reihenhaus, 10 Minuten zu Fuß von der Altstadt entfernt, mit einer herzlichen Bilderbuchfamilie, einem großen Zimmer und einem sehr leckeren Frühstück. Ich glaube ich sollte öfter auf Geiger hören.

Auf der Suche nach Nahrung sind wir dann einfach mal in die Stadt gelatscht, und da hat uns Basel endgültig gepackt: Eine idyllische Altstadt, der Rhein mitten durch die City, über die ganze Länge mit Treppen, auf denen sich junge Leute zum Kiffen und Knutschen treffen, und in unserem Fall noch hervorragendes Wetter. Und als Krönung noch ein leckerer Burger zu einem für Schweizer Verhältnisse bezahlbaren Preis an einer dem Stadtstrand nicht unähnlichen Außenbar.

Ach ja: Bekannte hatten wir an Tag 1 nur eine getroffen. Win!

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