Home is where the Subaru-Würfel is

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Zwei Worte: Spitzen Reiter. Platz 1 für die Stuttgarter Kickers nach ihrem 2:0 Erfolg gegen Chemnitz, die sich wenn sie Glück hatten, am Ausgang noch jeder ein Stadtkind-Stofftäschle nehmen durften. Mehr aber auch nicht.

Die Frage, ob das nun ein Heimspiel in der Fremde oder ein Auswärtsspiel vor der Haustür ist, haben gestern abend 3.400 Zuschauer mit Ja beantwortet.

Mittwochmorgens sah es ja noch nicht so richtig nach einem guten Spiel aus. Es schiffte in Strömen. Das war eher Fredi-Bobic-Wetter als Fritz-Walter-Wetter. Aber ab 16.00 Uhr war der Himmel gnädig und riss sich und sich den Arsch auf und zeigte sich von seiner besten Seite. Enzo-Marchese-Wetter.

Die Kickers – und wir werden nicht müde, das hier auf Deutschlands größtem Groundhopper-Blog zu betonen – müssen ihre Heimspiele im ersten Schulhalbjahr in Reutlingen austragen. Bei den Blauen ist sozusagen der Home-Button kaputt.

Nicht weil A) sie sich gegen Dortmund so bravourös geschlagen haben, dass sie jetzt Euro-League spielen müssen B) nicht weil Michael Zeyer gebürtiger Reutlinger ist und am liebsten in seinen Haus-Croqs zum Spiel rüberschlappen will C) auch nicht weil das Gazi-Stadion wegen Ramadan und der Marktplatz wegen Weindorf gesperrt sind. Sondern halt D) none of the above.

Dazu eine Frage, off-topic: kann man eigentlich nicht Weindorf und Wasen zusammenlegen? Dann könnten die Menschen einfach vier Wochen durcheinandersaufen und gut. Dazu Hottes alkohol- und laktosefreie Antwort: wenn jeder Tag Wochenende wäre, wäre immer Fest. Stimmt auch wieder.

Für die Nettofahrzeit von Degerloch nach Reutlingen rechnet mir das oft verfluchte Navigon selbst in der Rush Hour userfreundliche 30 Minuten aus. Das kann man mal machen. Viele, die am Wochenende von Biberach zum VfB fahren, brauchen da wesentlich länger.

Beim Überholen des Stadion-Shuttle-Busses der Kickers ist festzustellen: so richtig angenommen wird das Konzept nicht. Da saßen weniger Leute drin als morgens um 4.00 in einem Nachtbus nach Steinhaldenfeld. Aber in den Wintermonaten soll man die Skier gratis mitnehmen dürfen.

Aber dort, wo sich die B27 plötzlich zur B464 entmündet, ist auf einmal Stau. Und weil ich mir in Großaspach ein dickes Deja-vù zugezogen habe, möchte ich die nächsten 11 Kilometer lieber nicht im Stop&Go Modus auf das Stadion Kreuzeiche zurollen. Um die vielleicht schönste Ball-Staffette des ganzen Spieles zu verpassen: den Anstoss.

Also fahr ich weiter Richtung Kirchentellinsfurt. Da könnte man sich eigentlich kurz nackig machen und den blassen Sack ein bissle in die Sonne hängen. Aber SVK schlägt FKK. Also weiter Richtung Tübingen, fußballerisch ja eher Niemandsland.

Es stimmt übrigens nicht, dass man mit dem Auto in Tübingen umsteigen muss. Auch nicht auf Ethanol. Aber wer mag, kann sich natürlich im Vorbeifahren schon ein schickes blau-weißes Rastamützchen kaufen. Tübingen ist doch Reggae, oder?

Das letzte Mal bin ich auf dieser Strecke geblitzt worden und das war mir unsäglich peinlich. Man sollte doch annehmen, wer es fehlerfrei durch die Führerscheinprüfung schafft, der schafft es auch, ungeblitzt von Tübingen nach Hechingen zu fahren. Der ganze Spaß hat mich 30 € gekostet und am meisten hat mich verunsichert, dass man so gar nicht weiß, was eine Gemeinde hier draußen mit so viel Geld anfängt. Ich schätze, ich besitze jetzt irgendwo einen Ar Acker.

Aber grundsätzlich ist die Idee, sich von hinten via Tübingen anzuschleichen und dann bei Jettingen/Mähringen nochmal nach dem Weg zu fragen, grandios: Man kann durchgehend 120 fahren (auch innerorts, Scheiß drauf) und sieht ein paar wirklich schöne Fachwerkhäuser.

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(Das Stadion an der Kreuzeiche hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen. Aber noch keine besseren Heimmannschaften)

Vor Ort müssen zunächst die wichtigsten Fragen geklärt werden: wird dort, wo wir hinfahren, Wurst sein (Antwort: ja), wie wird sie sein (Antwort: ausverkauft) und wird sie sein wie unsere Wurst (Antwort: nichts und niemand ist wie unsere Waldau-Wurst).

Wird der Subaru-Würfel da sein? (Ja. Seite an Seite mit einer aufblasbaren Schwaben Bräu Flasche. Die lassen wir aber da, wenn wir wieder gehen. Pfand könnt ihr einstecken.) Und wird auch in Reutlingen „Atemlos“ in der Halbzeitpause laufen? (Ja klar).

Grundsätzlich ist das ja nicht selbstverständlich, dass man als Stuttgarter hier kicken darf. Deshalb erstmal ein dickes Dankeschön an den SSV Reutlingen, du alter Sportinvalide.

Alles ist besser als Großaspach und Kickers im Neckarstadion gucken müssen.

Dass mich im Vorfeld des Spiels 3 (!) dunkelrote VfB-Fans gefragt haben, ob ich sie mitnehme, ist auch kein Zufall. Ich glaub ja, die Kickers machen gerade einiges richtig. Und sammeln oberfleissig Liga- aber auch Sympathiepunkte. Bei den Kickers pocht das Rebellenherz und der Untergrund brodelt. Sie kicken so gut sie können und stellen sich nach außen nicht doofer an und dar als sie sind. Authentizität würden da einige gerne jubeln – sie wissen nur nicht, wie man’s ausspricht.

Unterm Strich – und dann ist auch wieder gut mit Halbzeit-Analyse – tun die Kickers eben nicht so, als seien sie nicht die Kickers. Im Gegensatz zum VfB, der gerade so tut, als sei er jemand anders. Und dabei weiß er nicht mal, wer das sein soll.

Übrigens hat die freundliche und gut organisierte Polizei die An- und Abreise voll im Griff. Das darf man auch mal lanzenbrechen. Genau wie man das Stadion loben darf, das ist, wie ein Stadion sein muss. Man hört jedes Wort auf dem Platz – und was viel wichtiger ist: die Chemnitzer hören jedes Wort von den Rängen. Die taktische Anweisung „Gib den Ball her, du Arsch“ zum Beispiel.

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(Und im Notizblock des Scouts steht später: „so sehen Sieger aus.“)

Dresscode in Reutlingen ist übrigens Antik-Lederjacke oder Jack Wolfskin Softshell. Im August! Naja – hier ist bekanntermaßen immer einen Kittel kälter.

Im Gegensatz zum Gazi-Stadion gibt es hier sogar eine Anzeigetafel. Theoretisch. Denn die zeigt nichts an, außer „Reutlinger Generalanzeiger“ (Codename gea, Claim „Mit uns läuft’s“) und die hier geltende Uhrzeit: MEZ minus 8 bis 10 Jahre.

Beste Szene in Halbzeit eins: Mann A stösst versehentlich auf dem Boden stehendes Bier von Mann B um. Mann B: „He. Augen auf im Strassenverkehr!“  Menschen. Herrlich. Kicker-Note 1.

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12 Comments

  1. says: martin

    hahahah!yay! tabellenführer!

    „Es stimmt übrigens nicht, dass man mit dem Auto in Tübingen umsteigen muss. Auch nicht auf Ethanol. Aber wer mag, kann sich natürlich im Vorbeifahren schon ein schickes blau-weißes Rastamützchen kaufen. Tübingen ist doch Reggae, oder?“

    in tübingen wurde der reggae erfunden!

  2. says: martin

    du bisch echt ein geiler depp:

    „Der ganze Spaß hat mich 30 € gekostet und am meisten hat mich verunsichert, dass man so gar nicht weiß, was eine Gemeinde hier draußen mit so viel Geld anfängt. Ich schätze, ich besitze jetzt irgendwo einen Ar Acker.“

  3. says: Stefan Kaiser

    „Übrigens hat die freundliche und gut organisierte Polizei die An- und Abreise voll im Griff.“
    Bei der Anfahrt wäre es nicht schlecht gewesen, wenn die Polizei an zwei Kreuzungen den Verkehr geregelt hätte. Auf der Kreuzenden war nichts los, trotzdem staute es erheblich zurück da die Ampel zu lange Rot zeigte. Bei der Rückfahrt wurde das Linksabbiegen von den Parplätzen verhindert => Entweder 10 km Umweg oder zum Teil halsbrecherische Wendemanöver ausserhalb des Sichtbereichs der Polizei + Verlagerung des Staus in südwestliche Stadtteile Reutlingens, in 30er-Zonen, inkl. Plakaten, die ein Umgehung fordern …

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