Energieversorgung im Kessel: Gründung Stadtwerke Stuttgart

(Relativ zusammenhangsloses Bild.)

Navy Seals, Kopfschuss, Seebestattung – der internationale Medienschwerpunkt liegt heute freilich ganz woanders, aber das große lokale Thema ist die geplante Gründung der Stadtwerke Stuttgart. Bedeutet soviel, dass Stuttgart die Energieversorgung (wieder) selbst in die Hand nimmt und Strom, Gas und Wasser liefert. Zudem gelten „Stadtwerke als Vorreiter in Sachen Ökologie und Kundennähe“.

Bereits ab 2012 will man Strom und Gas aus regenerativen Quellen anbieten und pumpt jährlich 70 Millionen Euro in Ökostrom- und Biogaserzeugung, weiß die StZ. „Die Stadtwerke Stuttgart sollen in ein breites Erzeugungsportfolio und alle regenerativen Energien investieren, auch in Offshore Windenergie. Durch den Stromvertrieb und die Erzeugung von Ökoenergie könnte ein Stadtwerk bis 2020 rund 30.000 Haushalte mit einem Stromabsatz von 78 Gigawattstunden gewinnen“, so die Pressemitteilung der Stadt.

Das bereits bestehende Stadtwerk München ist in dem Punkt recht ambitioniert:  „Bis 2025 wollen wir so viel Ökostrom in eigenen Anlagen produzieren, dass wir den gesamten Münchner Strombedarf – immerhin 7,5 Milliarden Kilowattstunden – decken könnten. München wird damit weltweit die erste Millionenstadt sein, die dieses Ziel erreicht“, heißt es zumindest mal auf Stadtwerke München.

Möglich werden dies, weil Stuttgart im Jahr 2013 die Strom-, Gas- und Wassernetze von der EnBW zurückkaufen kann, nachdem man 2003 seine Energie-Aktion für 2,3 Milliarden Euro an den Konzern veräußert hat. Am 12. Mai wird über diesen Plan im Gemeinderat abgestimmt. Alles weitere nachm Sprung oder auch auf StZ Online.

Stuttgart ordnet Energie- und Wasserversorgung neu

OB Schuster und Erster Bürgermeister Föll: „Stadtwerke Stuttgart Vorreiter bei Ökologie und Kundennähe“

Stuttgart möchte Stadtwerke gründen. Um dieses herausfordernde Vorhaben besser zu bewältigen, hat sich die Landeshauptstadt eng mit Experten und Bürgern abgestimmt. Die Vorlage bringt sie jetzt in den Gemeinderat, der sie Mitte Mai beschließen könnte. Das wäre ein wichtiger Schritt zur Versorgung mit Energie und Wasser aus kommunalen Händen.

Stadtwerke gelten als Vorreiter in Sachen Ökologie und Kundennähe. Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster: „Der Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen gewinnt an Bedeutung. Die Konzessionen für Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmenetz laufen am 31. Dezember 2013 aus, das eröffnet uns Handlungsoptionen.“

Stadtwerke könnten die Nutzung von Windanlagen, Photovoltaik-Anlagen oder Mini-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen vorantreiben. Die Stadt wolle eine Beitrag leisten zur Entwicklung von „intelligenten Stromzählern“ als Teil eines flexiblen „intelligenten Netzes“.

Die Vorlage der Verwaltung basiert auf einem Gutachten der Managementberatung Horváth & Partners. OB Schuster: „Wir haben großen Wert auf Transparenz gelegt, wir haben das Gutachten EU-weit ausgeschrieben. Jede Phase seiner Erstellung wurde von öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats und Infoveranstaltungen für die Bürger begleitet. Zudem haben wir die Geschäftsmodelle für alle Sparten ergebnisoffen prüfen lassen.“

Gutachten rät zu „schlanker Lösung“

Die Gutachter empfehlen der Stadt, Eigentümer des Netzes zu werden, raten aber zu einer „schlanken“ Lösung, sprich die Stadt würde als Netzinvestor auftreten. Die Netze, Bezugsrechte sowie Kunden des Wassergeschäfts sollten übernommen, das operative Geschäft allerdings an einen Netzbetreiber ausgelagert werden. Zudem ist vorgesehen, in Projekte zur Erzeugung von Ökoenergieerzeugung zu investieren. Für den Energievertrieb empfehlen die Gutachter eine Kooperationslösung.

Neuer Eigenbetrieb zur Wasserversorgung

Der Gemeinderat hat im vergangenen Juni beschlossen, die Stuttgarter Wasserversorgung frühest möglich, spätestens aber ab 1. Januar 2014 selbst zu betreiben und die Rechte daran nicht ganz oder teilweise in der Hand von Privaten (z.B. der EnBW) zu belassen. Das Bürgerbegehren „100-Wasser“ hatte dies angeregt.

Zur Wasserversorgung will die Landeshauptstadt den Eigenbetrieb „Kommunale Wasserwerke Stuttgart“ gründen. Erster Bürgermeister Michael Föll: „Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben. Spätestens ab 2014 müssen wir die Wasserversorgung selbst betreiben. Aber auf die Übertragung der Bezugsrechte und des Wassernetzes gibt es keinen Rechtsanspruch, daher streben wir mit der EnBW eine einvernehmliche Lösung an.“

Der Eigenbetrieb Stadtentwässerung Stuttgart (SES) könnte für Synergien genutzt werden. „Beim Management und Service sowie der technischen Planungs- und Bauprozesse fehlt der Stadt noch etwas Know-how“, so EBM Föll. Daher müsse man eigenes Personal aufbauen oder Dienstleistungsverträge abschließen. Die Stadt werde aber vor allem die Unternehmens- und Investitonsstrategie festlegen. Föll weiter: „Der Kaufpreis für die Netze und Bezugsrechte sowie die Organisationsänderung in einen Eigenbetrieb werden sich auf den Wasserpreis auswirken. Die Gebühren wird dann der Gemeinderat festsetzen.“

Strom- und Gasnetze

Die Strom- und Gasnetze zu erwerben oder zu pachten ist möglich, der Übernahmewert ist mit der EnBW auszuhandeln. Föll: „Je stärker sich die Stadt hier engagiert – als Investor, Manager oder Betreiber -, desto größer sind die unternehmerischen und wirtschaftlichen Risiken. Betriebsführungs- oder Dienstleistungsverträge mit einem Dritten könnten Risiken mindern.“

Das Gas- bzw. das Stromnetz zu entflechten, ist kompliziert und teuer. Die Kosten dafür belaufen sich laut Gutachter auf bis zu 70 Millionen Euro. EBM Föll: „Grundsätzlich bietet der Einstieg in das Netzgeschäft gute Renditeaussichten, sofern ein angemessener Kaufpreis verhandelt wird und wir die optimale Effizienz des Netzes sicherstellen können.“

Vertrieb und Ökoenergieerzeugung für 30.000 Haushalte

Die Stadtwerke Stuttgart sollen in ein breites Erzeugungsportfolio und alle regenerativen Energien investieren, auch in Offshore Windenergie. Durch den Stromvertrieb und die Erzeugung von Ökoenergie könnte ein Stadtwerk bis 2020 rund 30.000 Haushalte mit einem Stromabsatz von 78 Gigawattstunden gewinnen. Konkrete Vorschläge hierzu sind ein Dachflächenprogramm mit Beteiligungsmodellen (Energiegenossenschaft) oder „Klima-Sparbriefe“ mit fester Laufzeit und Verzinsung.

Fernwärmeversorgung kein Thema

Die Übernahme der Fernwärmeversorgung soll nicht weiterverfolgt werden. Der Grund: Die Anlagen Stuttgart-Münster, Gaisburg und Altbach-Deizisau müssten der EnBW zu einem hohen dreistelligen Millionenbetrag abgekauft werden. Eine Netztrennung ist technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Der weitere Zeitplan

Der Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke soll bis Mitte des Jahres stehen. Anschließend kann die Geschäftsführung ausgeschrieben werden. Die Vertriebspartner für „Stuttgart Strom“ und „Stuttgart Gas“ werden im zweiten Halbjahr ausgewählt. Ab 2012 wird in Projekte zur Erzeugung von Ökoenergie investiert.

Die neuen Konzessionsverträge für Strom, Gas, Wasser und Fernwärme werden zum 1. Januar 2014 abgeschlossen, dann werden auch der Eigenbetrieb „Kommunale Wasserwerke Stuttgart“ sowie ein.

Join the Conversation

8 Comments

  1. says: Normann

    Tja, unsere Politkasper machen Folgendes:
    Wenn die Stadtwerke Gewinne erwirtschaften, werden sie billig verkauft, machen sie dann Verluste, werden sie wieder teuer gekauft (siehe Cross-Border-Leasing etc.).
    Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen könnte.

  2. says: Normann

    @martin

    Bestimmt – sind zwar erstmal kräftig auf die Schnauze gefallen damit, aber wir können uns ja in 5-10 Jahren wieder sprechen.
    Es ist einfach zu viel Geld damit zu verdienen, als dass Unternehmensberater, Anwälte, Banken, etc. pp. so was irgendwann nicht wieder aufgreifen und mit bunten Folien unfähige Kommunalpolitiker überzeugen.

  3. says: martin

    ja gucken wir mal… momentan bin ich der meinung, dass die erste CBL erfahrung für alle kommunen schmerzhaft genug war. außerdem ist das doch eh aus der „mode“ oder? aber klar, vielleicht gibts dann andere maßnahmen

  4. says: Frau Doktor

    Ähm, Normann, die Stadtwerke werden nicht zurückgekauft, sondern neu gegründet. Aber im Prinzip hast du recht. Die ganze Nummer ist kein Ruhmesblatt fü rdie Stadtpolitik. Die Stuttgarter Stadträte (auch die GRÜNEN) haben 2002 einen proftablen Betrieb an die EnBW verkauft. Und nur, um den Erlöss kurzfristig am Kapitalmarkt anzulegen und Geld in die Kasse zu bekommen. Mit dem von Martin dargestellten Verfahren geht man jetzt auf den Status von vor 2002 zurück – und hat dafür zweimal erhebliche Millionenbeträge durch die Netze der beteiligten Banken und Beratungsunternehmen gespült. Leider habe ich noch nirgends eine Aufstellung gefunden, wieviel die Stadt nun faktisch an Geld verloren oder gewonnen hat bei dieser Aktion. Cross-Border-Leasing ist tot. Die USA haben die Steuergesetze, die das ermöglicht haben, kassiert. Das neue Buzzword, mit dem Banken- und anderes Berater-Gesocks Kommunalpolitikern jetzt das arme-Würstchen-Ego streicheln heißt: Public-Private-Partnership oder PPP. Die Ähnlichkeit der Abkürzung zu ppt sagt schon alles: ein Tool aus der Hölle, an dem nur einer verdient. Die Ausführungen von Herrn Föll, bestimmte Risiko belastete Aufgaben im Netzbetrieb und -management an Dritte zu vergeben, deutet schon in diese Richtung. Deswegen heißt es auch hier: Wachsam sein! Schuster und Föll haben noch jede im Prinzip gute Idee ruiniert und sind außerdem auf der Suche nach lukrativen Pöstchen, um ihren anstehenden Abgang aus der Politik weich zu federn. Geschäftsführung oder Aufsichtsrad in Stadtwerken kommt ihnen da gerade richtig.

  5. says: Normann

    @Frau Doktor

    no prob….wie dat Ding dann in 10 Jahren heißt, keine Ahnung (ist auch völlig egal – da alter Wein in neuen Flaschen), schlussendlich läufts egal ob CBL, PPP, ABC, XYZ oder was auch immer immer auf das gleiche hinaus: wenn Gewinne gemacht werden, geht´s in die „private“ Tasche, ist die Kuh gemolken, geht´s wieder zurück.
    Müssten die Politkasper (oder soll ich sagen Nutten?) für den gesamten Schaden vollumfänglich mit ihrem Pirvatvermögen (nebst ausgelagertem Vermögen an Ehefrau/Geliebte/wer-auch-immer) haften, dann wäre dieses Geschwür schnell beseitigt.

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert