Einflussrunde drehen: Winter 2010 Stuttgart City Check

Manchmal, aber nur manchmal, überschütte ich mich mit 10 Liter CK One und laufe durch die City, so wie gestern, Einkaufstüte bei Fuss und Handyvertrag sitzt. Ein Solarium bringt bei meiner Haut allerdings – zumindest in diesem Leben – nichts mehr. Aus weiß wird maximal rot.

Gab einiges zu erledigen. Ich laufe dann gerne runter, Ehrensache. Unter anderem traf ich kurz einen vielbeschäftigten griechischen Kumpel, der zwischen Ausschlafen und Mittagsschlaf 10 Minuten Zeit für mich hatte.

Dann habe ich so meine Runde gedreht und dachte mir wie schon so oft davor bei manchen Stellen: Mensch, hier siehts doch einfach echt scheiße aus. Anders kann man es nicht sagen. (Kann auch am ergrauten Schneematsch und am dauerbedeckten Himmel gelegen haben.)

Natürlich kann es nicht überall gleich schön sein, aber was da manchmal, bedingt durch eine bunte Ansammlung aus Einzelhandel, Callshops und Fresszellen zusammen kreucht und fleucht ist schon bizarr. Wird aber nirgendwo anders sei.

Nun, man kennt die bizarren Ecken Stuttgarts, wir haben auch schon mal nach den Hässlichsten gesucht, aber man hat das Gefühl, die werden immer bizarrer. Eine Art Bizarr-Gen, das von der Hefe abstammt, lässt die bizarren (Innenstadt)-Ecken immer weiter mutieren.

Fangen wir mehr oder weniger harmlos an. Das „neue Colibri“ ist fertig, wie man oben sieht. Ich stand davor und dachte mir, ha, das haben sie aber auf der rechten Seite schön ans Nachbarhaus geklatscht. Mal reingelaufen und mir das angeschaut. Innen noch roh. Auf dieser Höhe war der Colibri Eingang.

Wie bei jedem Neubau gilt natürlich auch hier: „Jetzt mieten.“ Weiß jemand was da unten reinkommt? Schnellbäcker? Subway? KiK?

Danach ging es runter zum Arlt. Hab Arbeitsspeicher gebraucht. Der Arlt ist einer meiner Lieblingsläden. Auch wenn nur zwei Leute drin stehen, muss man massig Zeit mitbringen. Außerdem mufft es da immer ein wenig, finde ich.

Beim Arlt gibt es nicht nur alles rund um den und für den PC sondern auch die neueste Jeans-Mode. Patchwork wird 2010 noch ganz groß.

Anschließend ging es direkt ums Eck zum Pauls Musique. Da hatte ich eine Platte bestellt. Das ist vom Arlt zwar nur 50 Meter Luftlinie, aber während der Arlt unter einem 80er Bau eingezwängt neben einer Spelunke residiert, ist es in der Nesenbachstraße trotz 1,2 Polizei schon wieder ziemlich schön.

Ich mag das Gerberviertel. Manchmal würde ich da ganz gerne wohnen. Thorsten hat da glaub mal gewohnt.

Nächstes Ziel war der Dräger. Also bin ich in die Tübingerstraße eingebogen.

Im Prinzip kannste die Straße ja eigentlich von vorne bis zur Sophienstraße, oder sagen wir bis zu Paulinenbrücke, komplett abreißen (für den Teil zwischen der Sophien und Paulinen ist das wohl auch der Plan).

Ich sag mal, so verkackt war es da früher nicht. Und zwischen all den Billo-Schuh-Läden gibt es glaube ich einen Wettstreit, wer lauter die Mugge aufdreht.

Auf der Seite der Jeanshalle lungerten drei finstere Typen herum. Der eine hatte seine komplette Hand in eine Art Burberry Schal eingewickelt und mit einem Gummi fixiert. Vielleicht ist dem Arzt das Verbandszeug ausgegangen?

Die Sophienstraße wiederum hat sich ja (zumindest bis zur Marienstraße), und das ist ziemlich spannend, dank ein paar ordentlicher Läden einen gewissen Charakter bewahrt – insbesondere der Teil in Richtung Hauptstätterstraße.

Ich musste aber auf der anderen Seite hoch und fand ich es dabei wie immer recht lustig, dass es seit ein paar Monaten einen Picaldi Shop in Stuttgart gibt.

Das ist ja so die Jeans für Berliner (Brandenburger?) Gangster-Kids. Relativ günstig und soll angeblich das männliche Geschlechtsorgan sehr füllig aussehen lassen, deswegen ist die Hose bei einer gewissen Zielgruppe ziemlich beliebt (das habe ich wirklich mal gelesen!).

Nun gut, kommen wir zum immer gerne erlebten Highlight, die Marienstraße. Hier kann man sich einfach nicht entscheiden, welche Straßenseite schöner ist. Wie oft in den letzten Jahren hier die Läden gewechselt haben, unglaublich.

Kiffen kommt wohl langsam auch aus der Mode – zumindest schickt sich der Blackman seit Monaten an, den Dauerausverkauf-Rekord der Teppichgalerie zu schlagen (da war ja immer Ausverkauf.).

Witzigerweise hat gegenüber der Udopea aufgemacht, auch so ein Bong-Laden.

Der Udopea war unser allerliebster Anzeigenkunde bei Sub Culture. Monatlich halbe Seite. Kein Gemecker, kein Gejammer, gar nix. Gut, die Anzeige kam immer ohne Anschnitt, aber ging trotzdem.

So, nachdem ich dann von meinen 10 Litern CK One 9 weggeduftet habe, wurde es wieder Zeit wieder ins Büro zurück zu gehen und nachzulegen. Schön wars!

P.S.: Watch out for the infamous Schwabenzentrum-Fotostory! Aussi und Rami testen alle Spielhöllen!

Join the Conversation

22 Comments

  1. says: julia

    geiler text, vor allem so zwischendurch im tristen büroalltag. kann dem ganzen elend was die geschäfte da angeht in diesen straßen nur zustimmen 😉

  2. says: Volker

    Hast Du es gut. Ich kann so nicht aus dem Büroalltag ausbrechen. …
    Auf jeden Fall bin ich froh, dass die Tübinger / Marienstraße durch den Abriss des LBBW-DAK-Gebäudes und den Aufbau eines unbedingt benötigten Shoppingcenters aufgewertet wird (da hattet Ihr doch auch schon einen Artikel drüber).

    Viel interessanter als die Spielautomaten im Schwabenzentrum sind bestimmt die Striptease-Läden (auf jeden Fall zum Fotografieren ;-))

  3. Ich schwör, ich bin schon 1 Million mal da vorbei gelaufen, Alteeeer, aber den Picaldi-Laden hab ich noch nicht mal ansatzweise bemerkt… Warum wohl? Jedenfalls danke für den Hinweis.

    Ich vermiss ein bisschen den Penny-Markt in der Sophienstr. Das war einfach immer Unterschichten-Fernsehen live. Hat mir gefallen.

  4. says: Fidi

    Hola ihr Kessler,
    Eure Beiträge sind echt das Beste was man zwischen 8:00 Uhr und 17:00 im Netz zu lesen bekommt. Bitte, bitte hört niemals auf zu schreiben und füttert uns weiterhin mit solch genialen, humorvollen, ehrlichen und zynischen Texten!
    Übrigens werd ich jetzt Daniela bei FB such und ihr einen FA stellen in der Hoffnung, sie nimmt ihn an.
    Beste Grüße vom Pragsattel (eins der schlimmsten Viertel seit sie das Prag nierdergewalzt haben)

  5. says: Thorsten W.

    Ja, trauriges Eck da oben… auch krass wie sich die Sophienstraße verändert, sobald man die Tübinger in Richtung Nesenbach überquert hat. Ich hab tatsächlich mal in der Gerberstraße gewohnt, neben dem Solarium an der Ecke Sophienstraße – super Wohnung mit Dachterrasse und Blick auf die Dächer. Aber leider auf Dauer zu klein – war aber super so mitten in der Stadt, vor allem mit Tiefgaragenplatz 🙂

  6. says: max

    hey da war ich gestern auch unterwegs…genau die gleiche route 😀
    und da muss ich jetzt einfach auhc mal nen kommentar hinklatschen.

    ich mag den arlt total. ich finde nicht, dass es da müffelt, aber vielleicht habe ich als passionierter raucher auch einfach keinen geruchssinn mehr. für mich riecht es da wunderbar nach neuer elektronik.
    der arlt ist mir gestern nochmal um einiges sympathischer geworden als ich einen ihrer slogans gelesen habe…“kaufen Sie ihren computer nicht dort, wo sie Ihre waschmaschine kaufen…sie sind doch nicht blöd!“. fand ich sehr lustig.

    zum udopea muss ich sagen, dass da im prinzip kein neuer aufgemacht hat, sondern nur umgezogen ist…von der einen auf die andere straßenseite. liegt glaub ich daran, dass das gebäude an der ecke abgerissen werden soll.

    den dräger mag ich garnicht, weil die einem immer nur numark verkaufen wollen…“was du hast dir nen technics mk2 gekauft? du hättest lieber den ttx von numark nehmen sollen!“…und so weiter. find ich nich gut. -.-

  7. says: The Rocket

    Danke Maddin für die schöne Retrospektive!

    Wie schon mal früher erwähnt, war meine letzte Bude in Stuggi in der Tübinger, ähem, allerdings nach der Paulinenbrücke, wenn auch nicht wirklich schicker, aber sehr gut bewohnbar (1A renovierte Etagenwohnung)…aber ganz wohl war mir da auch nie. War schon dirty da!

    Vor 5-10 Jahren konnte man noch unglaublich gut in der Tübinger einkaufen: Lager, Chaos, Abseits, ggü. Joe Store, Rebel usw. – alle wech.

    Gibts denn noch den Vivaz in der Tübinger, Ecke Sophien? Der war ja noch ganz cool…

  8. says: martin

    max, arlt geht letztendlich schon klar. war vielleicht mein subjektiver eindruck gestern. den spruch haben sie schon länger und der ist auf jeden fall cool. warten muss man trotzdem immer lange 😉 aber spricht dann vielleicht auch für gute beratung

    udopea habe ich nie so richtig aufm schirm, weil ich wohl nicht zur zielgruppe gehöre,

    dräger, ja da scheiden sich die geister. wenn ich zubehör in der richtung brauche, gehe ich halt da ganz gerne hin, weil die serato mässig auch ganz gut ausgestattet sind. (hab gestern zwei neue control vinyls geholt)

    wahrscheinlich haben sie halt mit numark einen deal… ist mir jetzt aber noch nicht aufgefallen, aber vielleicht auch weil ich da noch nie was größeres gekauft habe

  9. says: julia

    hab mir gerade mal das picaldi zeug im netz angeschaut, das kauft doch nicht wirklich irgendjemand oder?
    im online shop gabs auch schön alpha-jacken, die passen zu den geilen picaldi jeans. geiler scheiss das zeug!!

  10. says: Klaus

    „Vor 5-10 Jahren konnte man noch unglaublich gut in der Tübinger einkaufen: Lager, Chaos, Abseits, ggü. Joe Store, Rebel usw. – alle wech.“

    Ja, das war eine (kurze) Hochphase der Tübinger Strasse ! 🙂
    …die 20 Jahre davor waren m.E. in der Tübinger Strasse auch nicht besonders viele tolle Geschäfte.
    Ich kann mich noch daran erinnern als das ‚TÜ8‘ damals aufgemacht hat und immer proppe voll war. Da ist heute glaube ich so’n TexMex drauf…

  11. says: Joris

    Ach ja, was hier für die abgerissenen Gebäude für ein Klumpzeug hingestellt wird ist wirklich armselig. Angefangen bei Radio Barth Gebäude, übers alte Colibri bis hin zum Schlossplatz immer der gleiche weichgespühlte Scheiß, blöde Stadtverordnungen…
    Da musst Du immer die Hänge hoch um als Ausgleich wieder ein paar schöne Wohnviertel anzuschaun. Oder richtung Nordbahnhof in die Hintere Nordbahnhofstraße oder zu den Wagenhallen.
    Ps: Arlt rockt!

  12. says: Thorsten W.

    Boah, Arlt ist schon ein übles Nerdauffangbecken, und ich glaub auch da stinkt’s ;-). Schlimmer ist glaub nur noch K&M – da hab ich meinen ersten PC gekauft, als er noch an der Heilbronner Straße war.

    Dräger geht schon okay, wenn man DJ-Zubehör braucht. So der Tante-Emma-Laden unter den Elektrogeschäften, irgendwie.

  13. says: handzon

    Ist mal jmd aufgefallen, dass die Marienstraße der „Kiez“ von Stuttgart ist? Also eich eher die Abfallprodukte eines Kiezes. Headshops, gangsteriger Schuhladen, Fressgasse in billig, 1-Euro-Shops, Discounter, etc…
    Edit: Die Boa nicht zu vergessen. Hahaha.

    Die Sophienstraße in die andere Richtung, Christophstraße, Nesenbachstraße (also Strauß weiter rein, Gerberviertel? Heusteigviertel?) hat sich aber bissl was entwickelt. Vivaz, Flush, Sichtbar-Hipster-Brillen, irgendne Boutique; weiter hinten gibts noch den Einklang und so nen Design-Einrichtungs-Lädle und so Zeuch.
    Und der Popcorn war da auch mal (der is‘ doch jetzt als Funbox in der Breite Straße?)

    Bin ich gespannt ob dieses Quartier-Ding dem gut tun wird/würde, fallses denn gebaut werden sollte. Scheint ja wohl nicht mehr so sicher zu sein. Könnte auf jedenfall ein berliniges Viertel werden da.

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert