Der Prinz ist tot. Lang lebe der Prinz

Zum Ende vom PRINZ, zumindest als Print-Titel, habe ich ich mich in unserer Kolumne im aktuellen re.flect an meine Zeit in der PRINZ-Redaktion zurückerinnert. 

„Die „Mutter aller Stadtmagazine“ war eigentlich schon immer nutzlos“, textete im November ein wahrscheinlich unter 30-jähriger Autor auf Spiegel Online, als bekannt wurde, dass das Stadtmagazin Prinz nach über 25 Jahren in der Print-Version eingestellt wird und ab Januar nur noch online erscheint.

Das – wie auch der restliche, leider eher polemische Artikel – ist nicht nur falsch, sondern auch unfair. Denn der Prinz hatte, vor allem, aber nicht nur in Stuttgart zumindest „früher“ durchaus eine Bedeutung, eine Berechtigung und vor allem Relevanz. Wer das nicht weiß oder nicht anerkennt, der ist zu jung. Was ja an sich nicht schlimm ist, aber dann sollte man auch nicht urteilen.

Ja, ich bin befangen, ich habe zwei mal längere Zeit bei Prinz Stuttgart gearbeitet. Ich kann so aber auch so manche Meinung zu und über „den Prinz“ (ich habe nie verstanden warum nicht wenige Leute „die Prinz“ sagen) als Vorurteil bloßstellen.

Dazu kommt, dass meine „Prinz-Jahre“ beruflich mit meine besten waren. Ich habe wirklich schon in vielen Firmen bzw. Agenturen gearbeitet, aber nirgends war die Atmosphäre so gut wie dort. Auch in meiner zweiten Phase, als es schon ein paar Entlassungen gegeben hatte.

Ich will meine ganz persönliche Prinz-Geschichte erzählen und damit einen positiven Nachruf auf ein Stuttgarter Stadtmagazin.

Zum ersten Mal mit Prinz in Berührung gekommen bin ich, als ich noch nicht mal in Stuttgart gewohnt habe – ich habe mit meinem Bruder zusammen eine Party im Jugendhaus Heslach (wo die Fantas auch ihren ersten Gig hatten) veranstaltet, und wir haben bei Prinz wegen einer Präsentation angefragt. Wir sind voller Ehrfurcht in die Redaktion in der Alexanderstraße gegangen und haben den damaligen „Partyredakteur“ Stefan Strauß getroffen, den wir schon als DJ aus dem Unbekannten Tier kannten. Und verdammt waren wir stolz, als ein Mini-Mini-Text unsere Party angekündigt hat.

Mit dem Umzug nach Stuttgart 1995 wurde ich mehr oder weniger regelmäßiger Prinz-Leser, Lift war mir damals schon zu „alternativ“. Kurz später beim Studium erzählte dann ein Kommilitone, dass er sich bei Prinz für ein Praktikum beworben hatte. Ich fand das eine gute Idee, tat es ihm gleich und saß zwei Wochen später mit zitternden Knien vor Chefredakteurin Sabine Gallner im Büro. Und sie war so unglaublich nett und cool, dass mir die Spucke weg blieb.

Ich bekam das Praktikum, durfte schon vorab einen Text schreiben und bin fast vor Stolz geplatzt, als ich meinen ersten eigenen, zugegeben sehr kleinen Artikel im Prinz gesehen habe.

Und irgendwann war ich dann Praktikant, danach fester freier Autor, Online-Redakteur und Jahre später nochmal freier Autor. Und verbinde unglaublich viele schöne und skurrile Erinnerungen mit dieser Zeit.

Das legendäre Nightlife-Fotoarchiv – mit echten Fotos in Klarsichthüllen wohlgemerkt – das ich als Praktikant sortieren musste und das echte Schätze barg, die nicht alle an die Öffentlichkeit durften.

Meine diversen Cameo-Auftritte als Fotomodel, sei es für eine Single-Story oder für Mode (true story).

Der Anruf von Ali Schwarz in der Uni auf dem Handy (1997!), ob ich mit zu einem Tiefschwarz-Gig nach Kroatien fliegen möchte (was leider nicht geklappt hat).

Die 24-Stunden-Stuttgart-Reportage, für die wir – zeitweise zusammen mit Uwe Reiser – tatsächlich von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr morgens in Stuttgart unterwegs waren.

Der E-Mail-Chat mit Viva Plus-Bösewicht Niels Ruf.

Die Live-Chats mit Afrob und Tyron Ricketts am „Internet-Rechner“ – damals hatten zwar schon alle Macs Email, aber nur der PC Internet. Aus Sicherheitsgründen.

Mein Telefon-Interview mit Jasmin Wagner alias Blümchen, von der ich echter Fan war, bei dem ich echt nervös war und bei dem sie echt bescheuert war.

Das Kolchose-Tour-Abschluss-Konzert, das ich Glücklicher vom Fotograben aus erleben durfte.

Der legendäre Prinz Nightlife Award, wo ich einen Anruf von Andreas „Bär“ Läsker bekommen habe, warum DJ Schlumpf nicht nonimiert wäre. Wo 2500 Leute in einer alten Kantine standen. Wo Thomas D hinter der Bühne höflich angefragt hat, ob er eventuell spontan „Rückendwind“ performen könnte. Wo Tiefschwarz, Massive Töne und Afrob mit Max aufgetreten sind.

Der Flug nach Paris, wo ich die Gewinner eines Gewinnspiels für eine Nacht in einer Pariser Großraumdisco begleiten durfte.

Die Landdisco-Tour, wo auch noch in den 90er Jahren Menschen mit „I‘m The Boss“-Hosenträgern auf den Boxen getanzt und einen Menschen mit Dreadlocks wie einen Alien angeguckt haben.

Die Klatsch-Rubrik auf der letzten Seite, die ich – eine ehrenvolle Aufgabe – einige Zeit geschrieben habe und mit der man noch echte Skandale provozieren konnte.

Mein Gig im Perkins Park bei einer Prinz-Party, von dem Uwe Hacker so begeistert war, dass er mich später im kleinen Club ständig übers Mikro zu sich gerufen hat.

Meine damalige Freundin, die ich bei Prinz kennengelernt habe und mit der ich bei einem Valentinstag-Dinner, das mir ein netter Kollege überlassen hatte, zusammengekommen bin.

Und so vieles mehr.

Und um auch mal Namen zu nennen: Danke Sabine Gallner, Michael Setzer, Oliver Seibold und Ariane Holzhausen für eine verdammt gute Zeit und für ein verdammt gutes Heft.

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14 Comments

  1. says: Aga Heller

    Prinz war früher einfach die Macht. Als kleiner Raver war ich schon stolz wie Bolle, als ich irgendwo klitzeklein im Partysan oder subculture erwähnt wurde – das erste Mal Prinz hat sich aber angefühlt, wie ein Ritterschlag. Das war ja ein „richtiges großes Magazin“, dass damals wirklich alle gelesen haben. Wir werden wohl die Generation sein, die Ihren Enkeln von auf Papier gedruckten Zeitschriften berichten wird, während die uns mit großen, ungläubigen Augen anstarren werden…

  2. says: martin

    der setzer hat mich mal in den klatsch eingebaut als ich 2001 beim sub culture jubiläum auf der rutschigen treppe (nicht-dicht!) im m1 runtergehagelt bin. hab ich mich gleich beschwert. hat nämlich sau weh getan, menno.

  3. says: Ken™

    Das war mehr als schräg. Vor allem, wenn man von der Nominierung seitens Prinz NULL mitbekommen hat und es bei der Verleihung nicht mal ein Freigetränk für die Nominierten gab.

    War da als best Techno DJ in Town am Start, hat dann aber der große und fantastische Marco Zaffarano gewonnen. Natürlich zurecht! 🙂

  4. says: setzer

    Hömma, wieso „Lebensjahre gekostet“? So jung wie Du damals warst, hättest du sonst um Mitternacht den Ausweis beim Türsteher abholen müssen und dann Nachtbus to go und so.

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