Compilation-Reihe Jim Jam Gems auf dem Label Stag-O-Lee

Ich bin durchaus fortschrittlich. Annähernd täglich definiere ich die Frage neu, wie doof man eigentlich sein kann – beziehungsweise, die Antwort darauf. Auch nach all‘ den Jahren bin ich beispielsweise noch immer zu ungeschickt, eine Schallplatte unfallfrei von der dünnen Klarsichtfolie zu befreien.

Fingernagel leicht reinbohren, dann der Öffnung des Covers entlang ziehen und „ratsch“ – eigentlich kein Hexenwerk. Keiner müsste wegen sowas zur Universität. Bei mir endet es trotzdem immer wieder in „Aua! Hilfe! Notarzt! Ich sterbe!“.  Okay, streng genommen war es auch dieses Mal wieder nur nur ein kleiner Schnitt unter dem Fingernagel ins Nagelbett und etwas Blut. Das tut allerdings wirklich unanständig weh. Aber gerade deshalb bin ich der Meinung, dass es in Ordnung ist, für Rock’n’Roll zu bluten.

Schuld am jüngsten Notarzteinsatz: MitbewohnOmatic a.k.a Duke Jens-O-matic, den ich trotzdem auch ungestraft „Jens“ nennen darf. Der bringt jetzt beim Liebhaberplattenlabel Stag-O-Lee Teil drei und vier seiner Compilation-Reihe Jim Jam Gems raus. Schon wieder todschick, 10″ Vinyl und wie schon Vol.1 und Vol.2, fies limitiert, zusammengestellt, handgeklöppelt und gestaltet von Duke Jens-O-matic. Den gleichermaßen vergnüglichen wie informativen Beipackzettel auf dem Backcover hat er ebenfalls wieder geschrieben.

Beide Platten wiederum sind packevoll mit Liedern, die das hippe Volk in den vergangenen 70 Jahren übersehen hat. Ich kenne natürlich keinen einzigen davon – Jimmy Van Eaton & his Untouchables, Sodsai Sondi Panthumkamol. Letztere: Klare copy&paste-Geschichte, trotzdem im Jahre 1959 Miss Thailand. Wilmoth Houdini würde ich trotzdem gerne heißen. Muss mal ein ernstes Wort mit meiner Mutter reden. Danach tanzen wir zu „Walk Right In“ von Bonita with the Bill Harvey Orchestra – das kannte ich nämlich komischerweise bereits.

Mich beruhigt ungemein, dass es Menschen gibt, die sich die Zeit nehmen in der Mottenkiste der (Pop)-Kultur zu kramen. Mittlerweile ist die Halbwertszeit für Tragödien oder geilen Krempel ja kaum länger, als die von einem Furz. So herzhaft der auch gewesen sein mag. Schnellschnellerauufffgehhts. Da ist es durchaus ehrenwert, zu schauen, wer damals auf der Strecke blieb. Wie gut irgendwas war, erkennt man schließlich nicht unbedingt an den Nr.1-Hits.

Herzblattsusi sagt: Rhythm’n’Blues, Rock’n’Roll, Swing, Jazz, Arschwackeln, Kiste schütteln, sofort – Hände in die Luft und „Yeah!“ rufen ist auch in Ordnung. „Jim Jam Gems, Vol.3 – Party in the front, Black Jack in the back“ gibt’s hier. „Jim Jam Gems, Vol.4 – Bongology!“ gibt’s dort.

Wer Jens-O-matic mal geilomatic highfiven möchte: am Samstag legt er mit Andreas Vogel in der Rakete auf. Super Flyer auch:

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14 Comments

  1. says: Thomas

    Das Album mit der (jetzt noch geschlossenen) Öffnung nach Unten mehrmals flott parallel zur Längskante auf dem (angewinkelten) Oberschenkel hin und her reiben. Und schon öffnet sich das Ding aufgrund der Reibungswärme von selbst. Klingt beknackt, funktioniert aber.

    Koscht nen Schnaps.

  2. says: martin

    yep, und am besten auf jeans und nicht auf dem nackten oberschenkel. 😉

    ich habs übrigens von daniel benavente im humptys gelernt. der trick hat mich nachhaltig beeindruckt und jedes mal wenn ich eine platte aufmache muss ich an benavente denken.

  3. says: Kollege Geiger

    Herrlicher Text. Ich kann zB keine amerikanischen CDs gescheit aufmachen. Die haben doch oben zusätzlich so n Einsortier-/Diebstahlschutz-Lockengelöte.

  4. says: Setzer

    Freiheit für Tonträger aller Art! Ich setz‘ gleich eine Petition auf.
    @Thomas: Wo warst du als ich all die Jahre vor mich hin blutete? Aber sehr gut: Jetzt muss ich mir gleich mindestens eine Platte kaufen, um das zu überprüfen.

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