Bestes schwäbisches Restaurant in Stuttgart: Mittagspause im Brunnenwirt

In der Wahrnehmung vieler Menschen, so bis vor kurzem auch bei mir, egal ob man schon 100 Mal an dem Haus vorbeigelaufen ist, ist der Brunnenwirt eine 24/7 (?) Imbissbude, die, so will es eine Legende, die beste Currywurst der Stadt anbietet. Jana hat vor zwei Jahren schon mal dasselbe behauptet, voraus ging eine Currywurst-Diskussion.

Ich habe bis heute noch keine Currywurst beim Brunnenwirt gegessen. Dafür jetzt schon zwei mal drinnen „gute ehrliche Küche“, wie Joe Bauer sagt, der mich vor ein paar Monaten darauf gebracht, dass der Brunnenwirt nicht nur ein Imbiss, sondern ein echter, richtiger Gasthof mit Sitzplätzen ist. Das Wirtshaus kann man durchaus schnell liebgewinnen.

Am Wochenende hatte unser Geiger Geburtstag, happy Birthday nochmals du Spitzentüp, wie Tumblr-Menschen sagen. Hat am Sonntag mit Bowling gefeiert, leider war ich nicht bowlfähig, hab brav gratuliert, mich artig entschuldigt und Plan B aus der Tasche gezogen: „Lass uns am Dienstag Mittag IM Brunnenwirt machen.“

Geiger war begeistert, und ich habe sofort einen Tisch reserviert. Quatsch, muss man nicht tun. Ist nicht so viel los. Ich geh stark davon aus, dass man dort abends mehr erlebt. Da kommt der Kiez zusammen. Vielleicht. Ich weiß es nicht.

Ich war jedenfalls wie immer pünktlich. Ich bin wahrscheinlich einer der pünktlichsten Menschen auf dieser Erde. Immer Punktlandung. Geiger nicht. Ich sitze drinnen, schreibe ich ihm. Draußen warten ist blöd. Oder sagen wir, je nach Gemütslage. Manchmal traut man sich auch nicht alleine wo reinzugehen. Also ne du, alleine geh ich da nicht rein! Wer kennt es nicht. Den Brunnenwirt alleine zu betreten bedarf es keinen großen Mutes.

Der Gastraum ist ziemlich urig und urig ist eigentlich ein Wort, dass man bei LIFT-Gastrotests nicht schreiben darf, sonst motzt die Brini, aber hier geht das. Auf den Tischen steht ein Maggi-Fläschchen. Das ist mittlerweile vom Aussterben bedroht. Musik: Beatles „A Hard Day´s Night“. Mein Apfelsaftschorle kommt im Viertelesglas.

Man beachte die Details an der Wand: Maggi, Mecki, Nudel-Ochs.

Ich fokussiere die großartige Schwingtüre und halte den Finger am Abzug. Anspannung. High Noon.

Da isser!

Kommt rein und lacht erst mal kräftig. Guckt sich um. Sagt: „Gefällt mir!“ „Gute Musik!“ Im Radio kommt „Here comes the rain again“ von Eurythmics. Happy Birthday Großer!

Auf der Tageskarte stehen geschmelzte Maultaschen mit Salat oder paniertes Kotelett mit Salat. Ich hab aber den ganzen Tag schon Bock auf Schinkennudel, weil die letztes Mal so großartig waren. Geiger entscheidet sich für die gebratenen Maultaschen. Im Brunnenwirt brät man alles gerne in Omelettform zusammen.

Geiger meint, das ist die erste Pizza mit Schinkennudeln, die er jemals gesehen hat. Sollte vielleicht der Pinar ins Programm aufnehmen.

Beim Essen wir immer gute Gespräche. Wir reden darüber, dass die Menschen bei Aufführungen wie Konzerte, Theater oder Pecha Kucha ständig neben her quasseln müssen und sich nicht auf die Darbietung konzentrieren können. Oder dass sie immer ihr Handy rausholen müssen. Twittern, facebooken oder Lieder auf einem Konzert mit Shazam scannen. Doppeltdämlich.

Abgesehen davon, dass man vielleicht die Lieder des Künstlers kennen sollte, dessen Konzert man besucht, erklärt mir der Geiger, dass das Shazam-App (logischerweise) nur bei Studiomusik funktioniert. Abgeglichen werden die Frequenzen der Originalaufnahmen. Er hätte mal solange versucht „Wind of Change“ ins Handy zu pfeifen bis Shazam „Wind of Change“ anzeigt. Ging aber nicht. Im Brunnenwirt läuft gerade „Money for Nothing“ von den Dire Straits. Jetzt weiß ich, dass das mein Ort ist. Shazam wird fündig. „Das musst du fotografieren!“, ruft der Geiger.

Dabei hab ich es nicht mal in die Jukebox eingelegt, war nur ein guter Radiosender.

Eine der Playlisten:

Abgesehen vom „ehrlichen“ Essen gibt es eigentlich nur einen Grund in den Brunnenwirt zu gehen, nämlich dieses Spektakel:

Sollte wirklich jeder einmal live gesehen habe. Die Frauen auch. Nur mal angucken. Die berühmteste ihrer Art in ganz Stuttgart. Ich zumindest kenne keine andere mehr (Finca?). Und noch einmal die Legenden aller Brunnenwirt-Legenden: Da lag mal eine Leiche drin.

Heute nicht, machte trotzdem 25,60 Euro. Essen plus zwei Apfelsaftshorle plus zwei Espressi plus Entertainment. Gute Investition.

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6 Comments

  1. says: kollege geiger

    Danke nochmal für das schöne Geschenk. Meine Lieblingsstelle war, als ich die Bedienung/Besitzerin/Brunnenwirtin aus dem Raucherzimmer rausscheuchen wollte, damit RAM die Zeche begleichen kann – und eine überschminkte MIttachtzigerin mich wein- und auch sonst verliebt anschaut: „sen sie des Taxi?“. Noi des bin i net – hätte sie aber trotzdem heimgefahren.

  2. Apfelschorle im Viertelesglas will ich auch mal ausprobieren, am Besten in guter Gesellschaft, mal sehn, vielleicht fährt mich der Geiger dann heim. Verliebt gucken kann ich auch gut. Alles Liebe nachträglich mein Freund.

  3. says: Annette

    Soundhound erkennt übrigens auch selbst gespielte Musik. Je nach Ähnlichkeit zumindest. Und auch gesungene. Je nach Musik-Trefferquote. Koscht aber ein bissle. Ist dafür aber hübsch Orange, das icon. Macht also auch das iPhone hübsch.

  4. says: joe

    Gute Wahl, Martin. Dass in der effektivsten Pissrinne Europas mal eine Leiche lag, ist keine Legende. Das ist wahr. Der Mann hatte ein Messer-Problem. Lag nicht am guten schwäbischen Essen. Speisen im Brunnenwirt kommt mich allerdings teuer, weil ich fast jedes Mal danach zum Ratzer gehe, und ich kann ja nicht morgen auf Diät.

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