Diesen Samstag: Joe an der Hafenkante

AlexanderSchaefer

(Foto: Alexander Schäfer)

Ich glaub’ der Bernd Bergemann war das: „In Städten mit Hafen, haben die Menschen noch Hoffnung.“

Stuttgart hat auch einen, doch das mit der Hoffnung lässt sich meist schlecht beurteilen. Letzte Hochrechnung, Montag: „Ohjehohjeh“. Trotzdem kann jede Stadt zumindest ein bisschen aufatmen, wenn sie einen Joe Bauer hat. Kolumnist, Autor, Wegelagerer, Cowboystiefelträger. Der veranstaltet am Samstag, 4. Juli wieder das Hafenpicknick.

Grob vereinfacht ist Bauer einer, der sich nicht aufregt, weil Häuser abgerissen werden, sondern weil er weiß, welche Geschichten sich sonst erzählen könnten. Er weiß, was die Menschen getan haben, nach denen Straßen benannt werden und er läuft in den Hinterhof rein, den andere nur von außen anschauen.

Ich glaube, er war auch einer der ersten Redner bei einer Demonstration gegen Stuttgart 21, der nicht auf kurzweiligen Beifall schielte, sondern das viel größeres Bild zeichnete, ohne dabei wie ein Aluhelm-Träger zu wirken. Es ginge doch längst nicht mehr um einen Bahnhof, sagte er damals. Sagen wir wie es ist: ohne diesen Bauer wäre Stuttgart viel mehr Dorf.

Auf unserer ersten end of green-Tour mit einem Nightliner-Bus führte ich ein Buch von Joe Bauer mit mir. Nur für den Fall, mir könne langweilig werden. Das Ding war pickepackevoll mit seinen Kolumnen aus den Stuttgarter Nachrichten. Ich ließ es trotzdem unachtsam im Bus liegen.

Lothar, unserem knurrigen Busfahrer aus Thüringen, war oft langweilig. Er überbrückte das damit, uns an zu maulen oder teils verächtliche Spitznamen für uns zu erfinden. Nach ein paar Tagen boxte er mir auf den Arm und sagte: „Drösselbart! Dos Buch is rischtisch jut, duh“.

Da hatte ich dann auch eingesehen, dass Joe Bauer überhaupt nicht über Stuttgart, sondern über das Leben schreibt, das auch ein Thüringer Endfuffziger kennt. Später nannte mich Lothar auch mal „Der Vollgewichste“. Ich trank gerade aus einem Becher Buttermilch als er ruppig anfuhr und ich mich komplett damit beläbberte.

Ab und an muss ich auch schmunzeln, wenn im Abspann von Game Of Thrones steht „Visual Effects: Joe Bauer“.

Dann stelle ich mir unseren Joe Bauer im Zeitgeist-Großraum-Büro-Loft mit mehreren riesigen Bildschirmen, Hornbrillen und ironischem Rock-T-Shirts vor. Vor ihm steht ein Starbucks-Becher auf dem „Joey“ steht, weil die Tussi im Kaffeehaus wieder nicht richtig aufgepasst hat. Das alles macht er natürlich nicht. Denn zumindest der Bauer passt auf.

Am Samstag geht er an den Hafen zum 3. Stuttgarter Hafenpicknick. Da sind auch die ziemlich tollen The Tremolettes und Wiglaf Droste – der Mann, bei dem Poesie und ehrlich begründete Verachtung derart verschmilzen, dass es an Geschlechtsverkehr grenzt. Auch dabei: Ginger Redcliff, das Ekkehard Rössle Duo und Rahmenlos & Frei – der Chor der Vesperkirche.

Hier noch ein tightes SWR-Feature zum Hafenpicknick:
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=OYNzkEFZ5yA[/youtube]

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