Wölfle-Gate: Wie ich eine SMS an ein Faxgerät schickte

Seit heute Morgen liegen wir in der Redaktion am Boden und lachen uns schlapp: Werner Wölfle, Stuttgarts Verwaltungsbürgermeister und Chef-Grüner der Stadt, hat ein neues Handy. Hatte kürzlich eine Rundmail bekommen mit seiner neuen Nummer, wollte ihm damals schon zum neuen iPhone gratulieren, hab’s dann aber direkt wieder vergessen.

Heute morgen dann die Nachricht, die die Welt verändern sollte: Wölfle hat in einer SMS über Parteikollegen gelästert. Macht glaub jeder Politiker so, nicht umsonst heißt es, dass Parteifreunde die viel schlimmeren Hater sind als der politische Gegner.

Der Herr Bürgermeister schreibt also unter anderem folgenden poetischen Satz: „Selbst dieser franke wird im stami untergebracht. Ist mir das peinlich.“ Franke ist der Kreisvorsitzende der Stuttgarter Grünen, Stami steht für Staatsministerium.

Werner mag Franke nicht, kommt in den besten Familien vor. Franke mag Werner glaub auch nicht, wie immer geht es um Karriere, Pöstchen und die Frage, wer den Längsten hat. Glaub ich zumindest.

Leider hat Wölfle die SMS dann nicht an seinen Lästerkumpel geschickt, sondern an das Faxgerät der Stuttgarter Nachrichten. Die schlachten das ganze jetzt investigativ so aus, dass Wikileaks vor Neid erblasst. Ist ja auch pressegeschichtlich der vielleicht größte Coup, der sich jemals auf dieser Erde zugetragen hat.

Wir zitieren: „Um 19.06 Uhr am Dienstag vorige Woche schiebt sich das Fax aus dem Gerät.“ An der Stelle hatte ich das erste Mal Gänsehaut, ganz großes Kino. Und bei dem Absatz bin ich endgültig vor Ehrfurcht erstarrt: „Die Redaktion dieser Zeitung prüft den Vorgang intensiv – nach journalistischen und presserechtlichen Aspekten. Am gestrigen Montag wird Wölfle mit seiner SMS konfrontiert; die Recherchen weiten sich aus.“

Die Recherchen weiten sich also aus. Wahrscheinlich wurde gleich mal der Netzbetreiber recherchiert („Es war o2, wer hätte das gedacht!“). Mich hätte noch ein Info-Kasten interessiert, wie es technisch funktioniert, dass man eine SMS an ein Faxgerät schicken kann. Das haben sich die Kollegen aber bestimmt für die morgige Ausgabe aufgehoben.

Knallhart recherchiert von Kessel.tv: Wölfles Handy, gefunden unter Kontakt auf seiner Website, doch kein iPhone, aber genau so schwer zu bedienen, weil auch Touchscreen.

Wölfle spricht jetzt bereits vom Rücktritt, die Grünen aus dem Stami sagen derweil so hübsche Sachen wie „Das Verhältnis zwischen Staatsministerium und Stadt ist exquisit“. Das Wort „exquisit“ kann in dem Fall nur so etwas wie „so verschissen wie noch nie“ bedeuten. Die haben sich jetzt wohl nicht mehr so ganz lieb, die grünen Hightech-SMS-Experten vom Rathaus und die Super-Grünen von der Villa Reitzenstein.

Was bei dem unfassbaren Scoop der Nachrichten indes unter den Tisch gefallen ist: Auch kessel.tv bekommt ständig fehlgeleitete SMS an unser Faxgerät, wir machen da nur nicht so einen Wind drum. Aus aktuellem Anlass aber hier die besten fünf fehlgeleiteten Fax-SMS der letzten Wochen:

Platz 5, VfB-Trainer Bruno Labbadia: „Der Bobic geht mir so auf den Sack. Hat zwar den Rumänen verkauft bekommen, mit dem Russen, der Flachpfeife, muss ich mich aber immer noch rumschlagen, und einen gescheiten Außenverteidiger hat er wieder nicht besorgt. Gehe jetzt frustshoppen bei Breuni, paar schöne, neue Anzüge rauslassen.“

Platz 4, Minischterpräsident Kretschmann: „Regieren ist soooo ein Riesenmist, wenn ich das gewusst hätte. Jeder Seggel will was von dir. Und dann noch diese Sozen. Den Schniedel-Schmiedel klatsch ich demnächst an die Wand. Smiley mit traurigem Gesicht“

Platz 3, Cosimo, hätte eigentlich an Bushido gehen sollen: „Alter, wann brauchsch wieder korrekte Friese? Jetzt wo Big Brother alle ist, bin ich wieder Hallschlag und kann jederzeit mit der Mitfahrzentrale kommen, um die Spitzen zu schneiden.“

Platz 2, Carmen Geiss, hätte eigentlich an Robert gehen sollen: „Hase, ich lass mir gerade noch die Fingernägel vergolden und den Rest Hirn amputieren, könnte etwas später werden, treff dich dann aber direkt am Hubschrauberlandeplatz gegen später *winke*.“

Platz 1, Timo Gebhardt, hätte eigentlich an Harnik gehen sollen: „Junge, geiler Torjubel am Wochenende, dance gerade wieder mit zwei Hasen in der Butta Lountsch mit heraushängender Zunge und hab mir was echt Geiles für die nächste Choreo überlegt, zeig ich dir heute Nachmittag nach dem Training in der Kabine, LOL!!!!“

Für alle jüngeren Leser: So sieht ein Faxgerät aus. War in den 80ern der heiße Scheiß, konnte man voll lange SMS mit schreiben.

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33 Comments

  1. says: JMO2

    Ist „exquisit“ das neue „speziell“ in diesem Zusammenhang? Und wer ist Peter P. mit dem sich Werner W. betrinkt, just zu dem Zeitpunkt als er die SMS verschickt.

  2. says: Normann

    Tja, the same procedere wie dieser New Yorker Politikmongo, der seine Nudel irgendeiner Tussi twittern wollte.
    Da sieht man man wieder, was für Vollpfosten uns regieren, können nicht mal mit High Tech gerät ordnungsgemäß umgehen.

  3. says: Si

    Peter P. ist der Nachfolger von Wölfle im Gemeinderat…. na hoffentlich hatten die „2 Hübschen“ ne ordentliche Schüttung 😉 vor dieser Veröffentlichung……

  4. says: Frau Doktor

    Ihr habt ein Fax-Gerät? Verrückt.
    Zurück zum Thema: Vielleicht sollte der Stuttgarter Nachrichten-Redaktion mal jemand sagen, dass das gar kein toller Coup ist, sondern ein Armutszeugnis für die Redaktion. Sowas schmeißt man weg. Oder dürfen wir uns demnächst über Stories zum Alkohol- und Tablettenmissbrauch führender Parteipolitiker von schwarz und rot freuen? Die Verhältnisse mit dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin? Ganz gespannt bin ich auf den Artikel über die konservative Stuttgarter Partei, deren Führungsspitze fast vollständig von Menschen gestellt wird, deren Lebensstil vom offiziellen Programm der Partei und von vielen Mitgliedern doch eher abgelehnt wird. Noch toller wäre Live-Berichterstattung aus der Redaktion, wie das eigentlich so passiert, dass man jahrelang an zentralen Themen der Stadt- und Wirtschaftspolitik vorbeischreibt. Und wie das thematisiert wird.
    Dass Herr Wölfle und Herr Franke sich nicht leiden können – das war jetzt nich so top neu. Dass Herr Wölfle sein neues Super-Handy genausowenig im Griff hat wie manchmal sein Mundwerk… tja…

  5. says: JoeJoe

    Hahaha…lustig. Man muss sich die Frage stellen, wieso KTV einen Wind darum macht, wenn es bei der StN schon angeblich so verwerflich sein soll ? 🙂
    Normann hat da vollkommen recht. Der Typ kann noch nicht einmal ein Handy richtig bedienen, will aber den Leuten erklären, wie ein Bahnhof funktioniert…
    Wahrlich schade, dass es den armen Werner jetzt auch erwischt hat 🙁
    Man könnte ja glatt Parallelen zu David Puentez oder Cosimo ziehen in der damaligen Erklärungsweise: Wer sich so explizit in die Öffentlichkeit begibt, muss auch den Spott über ihn ertragen können. Mit dem kleinen Unterschied, dass Puentez und Cosimo niemals den Anspruch erhoben haben, moralisch über anderen zu stehen („kein Unterschied zu den Schwarzen“) 😉
    Ich finde das alles jetzt nicht so wild, wenn der Werner sagt: „Wir sind wie die anderen auch“ und somit, dass man die Wähler belügt. Würde man das jetzt noch bei ein paar anderen Themen tun, wäre es ganz großes Tennis.
    Da hätte ich ja glatt Respekt davor.
    Ansonsten: Ein bißchen mehr Sportsgeist bitte. Das ist vollkommen lächerlich, dass jetzt als „Armutszeugnis“ darzustellen. Kann ja jetzt auch niemand was dafür, dass das SMS nicht bei Jörg Nauke landete…

  6. says: dozy

    @Frau Doktor: Armutszeugnis? Also sorry, aber wenn ich so blöd bin ner Zeitung sowas zu schicken, dann bin ich selbst schuld! Wenn ich den Bullen 50g Gras schicke darf ich mich auch nicht beschweren, wenn sie mich hops nehmen, oder? Oder wäre das dann ein Armutszeugnis für die Polizei, weil ich’s ihnen viel zu einfach gemacht habe, etc.?

  7. says: robson

    @JoeJoe: Exquisit, wie Du den Bogen zu S21 geschlagen hast. Nursonganzkleinesbisschen übermotiviert vielleicht, aber technisch ganz großes Tennis, gerade auch die Smileys. Vielleicht doch in die Politik?

  8. says: robson

    Ja geil, ich gestalte die, die nehmen ja auch jeden, siehe der Landtagswahl-Photoshop-Job beim Goll (extrem schtylish entfärbt, extrem geil volksnah im Cashmere-Pullöverle), oder noch beser die Webseite mit den textgewordenen Freiheitssprechchören – voll arabischer Frühling, Alter!

  9. says: Frau Doktor

    @dozy: Machen kann man das schon. Nur wenn man aus diesem Nonnenfurz einen Artikel strickt, in dem man sich als das Second Coming of Woodward & Bernstein inszeniert, dann macht man sich in meinen Augen als Redaktion eines Provinzblattes völlig lächerlich. Die umständliche Darstellung des interredaktionellen Abwägungsprozesses ist quasi das einzige, was wirklich interessant ist,(mal abgesehn von der grundstürzenden Neuigkeit, dass Herr Wölfle angeschickert dämliche, kleinliche SMS schreibt und mit seinem Smart Phone nicht zurecht kommt. Sind halt alte Technik-Feinde, die Grünen, wissen wir ja, deswegen stellen’se uns ja auch die schönen, so gut wie neuen AKWs am Neckar ab.) Und gerade damit bringen sie die geneigte Leserin ja erst auf den Gedanken, dass es hier wohl keine unerhebliche Rolle spielt, dass Herr Wölfle der führende Kopf einer Partei ist, die jetzt nicht so direkt auf der Blattlinie liegt.

  10. says: JoeJoe

    @Robson: Komm schon.
    Was die StN daraus macht, ist schon arg lächerlich. Dann aber auch noch zur Ehrenrettung des armen Werner anzutreten, setzt dem ganzen noch die Krone auf. Im Umkehrfall kommt der Nächste und behauptet, es sei „journalistische Pflicht“ gewesen, darüber zu berichten. Das kann man sich hindrehen, wie man möchte…
    Man könnte doch mal auch klar erkennen, dass der gute Werner einfach zu schusselig war. Im Grunde sollte er auch einfach die Klappe halten, denn was er wollte, hat er ja bekommen: Sein Pöstchen.
    Wer da jetzt wie übermotiviert ist, ist immer auch eine Frage der Betrachtungsweise.

    Für die Smilies bitte ich Verständnis. Wenn ich hier auf KTV etwas zum Thema Politik lese, habe ich eben immer etwas zum Lachen. Und diese vollkommen natürliche menschliche Freude darf ich doch hoffentlich ausdrücken ? Oder etwa nicht ?

    So wie ich es für vollkommen sinnbefreit halte, mit Menschen über Politik zu diskutieren, die ernsthaft die Aussage vertreten, Menschen hätten aufgrund ihrer politischen Meinung zu einem, ich betone, Bahnhof (!?!) „eine mangelnde Herzensbildung“ und besäßen eine „geistige Rohheit“, so halte ich es für genauso sinnlos, mit Menschen über Politik zu diskutieren, die politisch Andersdenkende mit einer Karikatur zu der Kampagne „Das neue Herz Europas“ diskreditieren bzw. beleidigen oder zumindest dafür die presserechtliche Verantwortung übernehmen.

    Was die Kultur des politischen Diskurses betrifft, halte ich mich da gerne für fortschrittsorientierter.

    Dieses Verhalten wäre in etwa so, als würde ich ältere Menschen mit grauen Haaren in Kneipen als „letztes Aufgebot vor Stalingrad“ beleidigen. Dieses Menschenbild habe ich glücklicherweise nicht, ich bin da etwas humanistischer veranlagt.

  11. @ JoeJoe, du bist in etwa so fortschrittsorientiert wie Herr Wölfle, wenn er SMS an Faxgeräte schickt. Aber ein tolles Gedächtnis hast du: Die älteren Menschen befanden sich damals nicht in einer Kneipe, sondern bei einer Diskussion zum Thema Waffenrecht und hatten Schaum vorm Mund. Da kann man ruhig mal von Stalingrad sprechen. Das war übrigens damals nicht ganz so ernst gemeint, mit Humor hast du es ja aber scheinbar nur, wenn du dich über das ach so niedrige Niveau der Diskussion hier im Blog amüsierst. Voll humanistisch äh humoristisch, Alter.

  12. says: JoeJoe

    @Aussenreporter: Wenn jemand bewusst SMS an Faxgeräte schickt, dann ist er durchaus fortschrittsorientiert. Ein Großteil der Mobilfunkteilnehmer weiss nicht einmal, dass dies überhaupt möglich ist. Wie auch der Versand von SMS an Festnetzanschlüsse, bei denen diese dann, zugegeben äußerst grausam, vorgelesen werden…

    Humor über Stalingrad ? WTF ?
    Bitte hab‘ Verständnis dafür, dass ich nicht nur aus familiären Gründen diesen Humor nicht teilen möchte.
    Nebenbei kam dieser „Humor“ mehrfach, bspw. auch in der Rubrik Schräggastro vor…

    Es ist nicht gerade geistreich, von einer Kritik an einem Artikel ins Persönliche zu gehen…aber ich bin’s gewohnt hier.

  13. says: wolf

    herr wölfle hat geweint! damals. 30.9. wegen die kinder! ist der einzige politiker, den ich je hab weinen sehen mit der surrenden linse vor die fresse! und ihr alle seid gemein und niedrig. bloggerbastarde. schweigt! geht in euch! weint selber mal!

  14. says: Beraternase

    „The creatures outside looked from pig to man, and from man to pig, and from pig to man again; but already it was impossible to say which was which.“
    George Orwell

  15. says: kutmaster

    Hab gerade meinem Faxgerät eine SMS geschickt („Hallo Faxgerät. Komme morgen etwas später ins Büro. Kussi“) – kam aber leider nichts an.

    Schätze meine Büroausstattung ist nicht so fortschrittsorientiert wie die der StN…

  16. says: Martin Sp.

    @Kut: oder du bist nicht bei T-Offline. Ich tipp drauf das es mal wieder eins dieser unzähligen und unerträglichen Telekom-Features ist.

  17. says: JoeJoe

    Das steht ja auch drauf: „SMS im Festnetz ist ein Service der Telekom Deutschland GmbH“. Aber wohl eher Festnetz-seitig. Und mit einem Zeitversatz von zumindest bei mir von 7 Stunden, den auch immer SMS zum Festnetz-Telefon hat…mit Büro hat das wenig zu tun.
    Mal abgesehen davon, dass der 80er Jahre-Rahmen mit dem amerik. Briefkasten-Symbol echt peinlich ist, hat der Text auch noch ’nen flachen Kalauer übrig:
    „Von SMS zu Fax – mit SMS im Festnetz erreichen Sie mehr !“
    Darauf einen Smilie.

  18. says: Frau Doktor

    Die Woche der unbedachten digitalen Kommunikation kommt zu ihrem großartigen Abschluss: Der Stuttgarter Regierunsgpräsident Schmalzl wird nun doch nicht Bundesstaatsanwalt. Er sendet von seinem I-Phone unbeherrschte E-Mails an Leute, die ihn nicht für den strahlendsten Juristen im Land halten. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgarter-regierungspraesident-schmalzl-wird-nicht-generalbundesanwalt.ed4ea9e7-a086-46af-b276-04d3fe16c49d.html

  19. says: MCBuhl

    Bei Joe Bauers Beitrag zur Diskussion fällt mir wieder auf, dass die gute alte Platte quasi nicht mehr käuflich zu erwerben ist: alle Welt kauft und verkauft Marie-Juan A. War ich nie ein Fan von, hatte immer mein Purpfeifle dabei…

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