Die Stuttgarter Späti Kultur ist einzigartig und wird höchstwahrscheinlich demnächst zum UNESCO Welterbe ernannt. Problem nur: die Berliner beanspruchen seit vielen Jahren und Jahrzehnten für sich, die original Späti-Kultur erfunden zu haben. Wer hat Recht? Darüber ist ein erbitterter Streit entbrannt, der nun wohl vor Gericht zieht.
Denn die Betreiber der Stuttgarter Spätis haben beschlossen, rechtlich gegen die Berliner Späti-Szene vorzugehen – wegen „kultureller Nachahmung“. Der Vorwurf? Berlin habe die Idee des Spätis, dieses nächtlichen Rettungsankers für spontane Bierkäufe und Notfall-Snacks, von Stuttgart kopiert. Ein absurder Rechtsstreit bahnt sich an.
Der Stein des Anstoßes
„Es reicht! Unsere Späti-Kultur wird seit Jahren dreist imitiert“, erklärt Dr. Johann Staufen, Anwalt der Stuttgarter Initiative für Kiosk-Kultur (SIKK). „Stuttgart hat das Konzept des kleinen Ladens, der bis spät in die Nacht geöffnet ist, perfektioniert. Wir haben den Späti salonfähig gemacht – und jetzt tun die Berliner so, als sei es ihre Idee. Das ist ein klarer Fall von kulturellem Diebstahl!“
Laut der Klage gehe es um mehr als nur die verlängerten Öffnungszeiten. „Es ist ein Lebensgefühl“, sagt Staufen. „In Stuttgart bieten Spätis nicht nur Produkte, sondern auch eine Atmosphäre der Gemütlichkeit und Verlässlichkeit. In Berlin hingegen wird versucht, mit Hipster-Flair und überteuertem Mate-Tee auf unser Erfolgsmodell aufzuspringen.“
Berliner Spätis wehren sich: „Das ist absurd“
Die Berliner Späti-Betreiber zeigen sich von der Klage wenig beeindruckt. „Das ist doch lächerlich“, kontert Dr. Frank Nachtschicht, Anwalt der Berliner Späti-Gemeinschaft. „Berlin ist die Späti-Hauptstadt Deutschlands. Hier gibt es Spätis seit den frühen 90er Jahren – und niemand kann ernsthaft behaupten, dass Stuttgart da einen kulturellen Vorsprung hat. Wer in Stuttgart nachts ein Bier will, muss Glück haben, in Berlin bekommt man es an jeder Ecke.“
Nachtschicht betont weiter, dass der Späti in Berlin ein unverzichtbarer Teil des städtischen Lebensgefühls sei. „Während in Stuttgart vielleicht um 22 Uhr noch ein paar müde Brötchen über den Tresen gehen, herrscht in Berlin zu später Stunde erst Hochbetrieb. Das ist ein ganz anderes Niveau – und das kann man nicht einfach durch eine Klage infrage stellen.“
Kultureller Rechtsstreit oder PR-Gag?
Ob die Stuttgarter wirklich eine Chance vor Gericht haben, wird von vielen Experten bezweifelt. Professor Karl Kronkorken, ein Jurist und Kenner der deutschen Kiosk-Kultur, sieht die Sache mit Humor: „Man kann sicherlich darüber streiten, wer den besseren Späti betreibt, aber rechtlich wird es schwierig. Es gibt nun einmal keine Monopolrechte auf Bier und Zigaretten nach 22 Uhr.“
Trotz der scheinbaren Aussichtslosigkeit bleibt Staufen optimistisch: „Es geht nicht nur um Verkaufszahlen oder Öffnungszeiten. Es geht um die Frage, wer die wahre Seele der Späti-Kultur verkörpert. Und diese Frage muss beantwortet werden.“
Die Reaktionen auf den kuriosen Fall
Die Öffentlichkeit reagiert mit einer Mischung aus Belustigung und Verwunderung auf den Fall. In sozialen Netzwerken wird der #SpätiGate bereits als neues Kapitel im ohnehin hitzigen Städtevergleich zwischen Berlin und Stuttgart gefeiert. „Als ob Berlin nicht schon genug Streitpunkte hätte – jetzt klauen sie auch noch Spätis“, schreibt ein Nutzer. Ein anderer meint: „Witzig, dass Stuttgart denkt, sie könnten jemals so cool sein wie Berlin.“
Was bringt die Zukunft?
Ob diese Klage das nächtliche Kiosk-Business revolutionieren wird, bleibt abzuwarten. Doch eins ist sicher: Die Debatte um die Späti-Kultur zeigt, dass selbst bei scheinbar banalen Dingen wie dem Kauf einer Flasche Bier viel mehr auf dem Spiel stehen kann. Der Rechtsstreit verspricht jedenfalls, die deutsche Kiosk-Landschaft ordentlich durcheinanderzuwirbeln – und vielleicht auch für die eine oder andere schmunzelnde Schlagzeile zu sorgen.