Wasserversorgung Stuttgart: Deal mit Netze BW beendet jahrelangen Streit

Symbolbild: Trinkwasser-Hochbehälter am Urachsplatz / S-Ost

Nach über zwölf Jahren Rechtsstreit ist klar: Die Stadt Stuttgart und die Netze BW Wasser GmbH legen ihren Konflikt um das städtische Wassernetz bei. Der Gemeinderat hat am 9. Oktober 2025 den Vergleich beschlossen – nach einem jahrelangen Verfahren vor dem Landgericht.

Rückkauf aufgeschoben, Kontrolle gestärkt

Die Stadt verzichtet auf den Rückkauf des Wassernetzes, der laut früheren Berechnungen rund 348 Millionen Euro gekostet hätte. Stattdessen bleibt das Netz bis Ende 2042 bei der EnBW-Tochter, die auch Betreiberin bleibt. Im Gegenzug erhält Stuttgart drei Sitze im Aufsichtsrat und ein Prozent am Stammkapital der Netze BW Wasser GmbH – kostenlos. Die Stadt bekommt damit Einblick in Geschäftsentscheidungen und mehr Einfluss, ohne eigenes Kapital einzusetzen.

Politisch umkämpfte Entscheidung

Der Vergleich wurde mit den Stimmen von CDU, Grünen, FDP, Freien Wählern und AfD beschlossen. SPD/Volt, Linksbündnis und Puls stimmten dagegen.
Kritik kam vor allem vom Wasserforum und der Bürgerinitiative Kommunale Stadtwerke, die das ursprüngliche Bürgerbegehren zur Rekommunalisierung angestoßen hatten. Ihr Vorwurf: Der Bürgerwille werde missachtet, weil der Rückkauf um 17 Jahre verschoben wird.

Neue Regeln, neue Risiken

Die neue Konzession verändert auch die Preisgrundlage. Künftig wird der Baupreis-Index stärker gewichtet als bisher. Da dieser in den letzten Jahren deutlich höher lag als der Verbraucherpreisindex, könnten Trinkwasserpreise künftig stärker steigen. Schon in den vergangenen zehn Jahren lag der Preisanstieg laut Eigentümerverein Haus & Grund bei rund 36 Prozent.

Finanzielle Entlastung und neue Zahlungen

Die Stadt spart mit der Einigung den hohen Kaufpreis, verpflichtet sich aber, künftig jährlich 1,5 Millionen Euro für die Löschwasserbereitstellung an Netze BW zu zahlen. Die laufende Klage der EnBW-Tochter zu diesem Thema wird im Gegenzug eingestellt.

Langfristige Perspektive

Die neue Vereinbarung läuft 17 Jahre. Danach hat Stuttgart die Wahl, das Netz selbst zu übernehmen oder neu auszuschreiben. Für Oberbürgermeister Frank Nopper ist der Vergleich ein „Schlusspunkt“ unter eine jahrelange juristische Hängepartie. Politisch soll die Zeit bis 2042 genutzt werden, um Rücklagen für eine mögliche spätere Rekommunalisierung zu bilden.

Hintergrund: Versorgung aus Bodensee und Donauried

Stuttgart bezieht sein Trinkwasser weiterhin aus dem Donauried und dem Bodensee, über die Fernleitungen der Landeswasserversorgung und der Bodensee-Wasserversorgung. Die Qualität bleibt hoch, die Kontrolle liegt künftig stärker beim Gemeinderat.

Die Einigung beendet eine der längsten Infrastrukturstreitigkeiten der Stadt – und verschiebt die Entscheidung über Eigentum und Kontrolle der Wasserversorgung in die Zukunft.

Mehr Infos oder hier, mehr Hintergrund-Infos, wie es überhaupt zum Verkauf in den frühen 2000ern kam hier

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