Volksentscheid Ende November?

(25. August 2010)

Genau ein Jahr nach Beginn der Abrissarbeiten am Nordflügel wird heute als möglicher Termin für den Volksentscheid über S21 der 27. November kommuniziert.

Die StZ erklärt heute nochmals, was passieren muss, damit es überhaupt zu einem Volksentscheid kommt: „In einer Sondersitzung am 16. September wollen die Landtagsabgeordneten über das Ausstiegsgesetz zu Stuttgart 21 beraten und am 28. September darüber abschließend entscheiden. Die Abgeordneten der Grünen und der SPD wollen gegen den Entwurf ihrer Regierung stimmen. Auf diese Weise kommt es zu einem Konflikt zwischen Regierung und Parlament, der eine Volksabstimmung ermöglicht.“

Das Rathaus hat deswegen heute schon eine Stellungnahme dazu rausgelassen, mehr dazu auf der nächsten Seite.

OB Schuster: Volksabstimmung ist ein wichtiges und gutes Instrument unserer Demokratie – aber bitte nur über rechtmäßige Gesetze

Stellungnahme der Landeshauptstadt zum Entwurf des Kündigungsgesetzes S 21: Gesetzesentwurf begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken.

„Dieser Gesetzentwurf begegnet grundlegenden rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Bedenken – er kann daher keine Grundlage für eine rechtmäßige Volksabstimmung sein“, so reagiert Stuttgarts Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster auf den Gesetzentwurf zur Kündigung der Finanzierungsverträge für das Bahnprojekt Stuttgart 21.

Es dürfte in der Rechtsgeschichte unseres Landes ein einmaliger Vorgang sein, dass eine Regierung ein – nach Einschätzung der Landeshauptstadt – rechtswidriges Gesetz vorlegt, um es dann nicht zu erlassen und damit den Weg zu einer Volksabstimmung frei zu machen, die ebenfalls für sich bereits grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Die Landesregierung verfolgt mit dem Gesetzentwurf das Ziel, das Gesetz bewusst im Landtag scheitern zu lassen, um es dann in eine Volksabstimmung zu geben. „Dies würde das latente Misstrauen vieler Bürger gegen die Politik erheblich verstärken“, so Dr. Wolfgang Schuster. Diese Situation trage nicht dazu bei, den Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 zu entspannen.

Bei allem Streit um Stuttgart 21 und gleichgültig, wie man zu diesem Projekt steht, sei es wichtig, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik, vor allem in das Grundprinzip des demokratischen Rechtsstaates geachtet und gefördert wird. Normalerweise werden Gesetze durch vom Volk gewählte Vertreter beschlossen. Beschreitet man ausnahmsweise den Weg der Volksabstimmung, muss sicher sein, dass das vom Volk beschlossene Gesetz rechtlich gültig ist.

Stuttgarts OB macht deutlich, dass die rechtsstaatlichen Bedenken gegen das Gesetz nichts mit der grundsätzlichen Haltung zu einer Volksabstimmung zum Projekt Stuttgart 21 zu tun haben. „Persönlich würde ich in einer Volksabstimmung eine weitere Chance sehen, zu zeigen, dass eine breite Mehrheit der Bürger hinter Stuttgart 21 steht. Volksabstimmung ist ein wichtiges und gutes Instrument unserer Demokratie – aber bitte nur über rechtmäßige Gesetze. Die Landesregierung hat bislang aber keine schlüssige Begründung für die Verfassungsmäßigkeit – weder des Gesetzentwurfs, noch der geplanten Volksabstimmung – geben können.“

Konsequenzen des Gesetzentwurfs aus Sicht der Stadt

Neben den grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, stellt die Stadt in Übereinstimmung mit der Bahn und dem Verband Region Stuttgart fest, dass weder ein vertragliches Kündigungsrecht besteht, noch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen.

Der OB: „Ein vertragswidriger Ausstieg durch das Land führt zu drastischem Schadensersatz, der an die Bahn zu bezahlen ist. Die Bahn hat die Höhe des Schadensersatzes bereits berechnet und kommt derzeit auf rund 1,5 Mrd. Euro. Die Höhe des Schadens wird in den nächsten Monaten weiter wachsen. Auch die Stadt ist verpflichtet – selbst wenn ein Volksentscheid den Ausstieg befürworten würde –, Schadensersatz geltend zu machen, unter anderem für die jahrelangen Planungsaufwendungen und vor allem für die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts mit Verzugszinsen.“

„Angesichts dieser dramatisch hohen Kosten für den Ausstieg, der deutlich teurer ist als der Anteil des Landes an Stuttgart 21 hätte es sich gehört, dass die Landesregierung im Gesetzentwurf darauf hinweist, dass wir Bürger diese riesigen Summen bezahlen müssen – dafür, dass marode Gleisfelder und ein sanierungsbedürftiger Hauptbahnhof bleiben. Im Falle des Ausstiegs ist völlig unklar, wer dann die notwendigen Reparaturkosten des Bahnknotens Stuttgart in Höhe von bis zu 1,8 Mrd. Euro bezahlen soll“, so OB Schuster.

Join the Conversation

18 Comments

  1. says: Horsch

    Volksabstimmung kommt im Nov: Wenn die Gegner gewinnen, klagen die anderen dagegen (wahrscheinlich mit Erfolg). Wenn die Proler gewinnen, dann demonstrieren die anderen weiter. Es wird nicht besser….

  2. says: Dee Kay

    Ich finde schon, dass er in bestimmten Punkten Recht hat. Man erwartet von der gewählten Regierung, dass sie sich rechtmäßig verhält (was die Vorgängerregierung alles gemacht hat, will ich da nicht schönreden). Wenn eben diese Regierung ein bewusst illegales Gesetz einbringt, um damit eine Volksabstimmung zu erzwingen, dann frage ich mich, wo diese Regierung besser ist, als ein Mappus, der z.B. den EnBw Deal durchgetrickst hat…

  3. says: Waschl

    Schusterle hat gar nichts verhindert, sondern der Gemeinderat bzw. das Verwaltungsgericht Stuttgart.
    Hier wird schon genauso mit rechtlich haltlosen Vorwürfen um sich geworfen wie bei Parkschuetzer.de… Mappus Vorgehen war solange korrekt wie ihm juristisch kein Strick draus gedreht werden kann (und das war meines Wissens bisher nicht der Fall), in dubio pro reo oder wie war das?
    Gleiches gilt für die neue Regierung, mit dem Unterschied, dass ihr ihr Vorhaben schon vorher um die Ohren gehauen wird.
    Was sind das nur für Zeiten…

  4. says: Frau Doktor

    Na, wer sich so sicher ist, dass Gesetz und / oder Verfahren illegal (richtig wäre in diesem Zusammenhang: verfassungswidrig) ist, der kann das ja alles vom Staatsgerichsthof, unserem Landesverfassungsgericht, überprüfen lassen. Da liegt ja auch schon der EnBW-Deal. Im Gegensatz zum EnBW-Deal bringt Grün-Rot aber immerhin ein Gesetz in den regulären Gesetzgebungsprozess ein und reklamiert nicht den Staatsnotstand, mit dem die CDU-FDP-Regierung gleich mal grundsätzliche Rechte des Parlaments aus dem Weg geräumt hat. Da seh‘ ich dann doch einen für mich nicht unwichtigen Unterschied.
    Die CDU hatte doch eine Klage gegen das Verfahren geplant, sich aber zur Absicherung jetzt schon den dritten Gutachter bestellt – weiß jemand, was daraus geworden ist?

  5. says: Kerstin S.

    Lieber Herr Schuster, wir Bürger müssten nicht nur die riesige Summe für den Ausstieg zahlen, wir Bürger müssten auch die mega mega riesige Summe für den Weiterbau von Stuttgart 21 zahlen. Irgendwie scheint er das zu verdrängen…

  6. says: Martin Sp.

    @Waschl: Achso. Und ich dachte, der Schuster hätte dem Palmer im Wahlkampf versprochen die Bürger abstimmen zu lassen, aber nach dem Wahlsieg schnell Verträge unterzeichnet, damit die versprochene Abstimmung nicht durchgeführt werden kann. Aber war ja sicher ganz anders. Das hätte ’s Schusterle nie gemacht, und ’s Palmerle sich nie über den Tisch ziehen lassen.

    Und: wo kein Kläger, da kein Richter. Warum manchmal kein Kläger da ist, das mögen die potentiell rechtmäßgen Kläger entscheiden. Unrechtmäßge (nicht Klage berechtigte) Kläger gab’s ja schon wenn auch nicht im Falle EnBW-Deal.

  7. says: Gartenpriester

    Soll doch der Volksentscheid kommen, egal wie dubios. Mittlerweile ist der Karren so tief im Dreck, dass es eh Wurschd ist ob gebaut wird oder nicht. Die großen Geldmengen werden fließen…Hauptsache jeder akzeptiert dann mal das Ergebnis.

  8. says: martin

    OB Schuster zur Volksabstimmung: „Wir werden Bürger umfassend informieren“

    Die geplante Volksabstimmung zur Kündigung der Stuttgart-21-Verträge war heute Mittag Thema einer Gesprächsrunde im Stuttgarter Rathaus, zu der Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster bereits zum wiederholten Mal Befürworter des Projekts eingeladen hatte. „Ich gehe davon aus, dass die Volksabstimmung kommt. Wir haben die Pflicht, die Bürger darüber zu informieren, über was sie abstimmen und welche Folgen ihre Entscheidung hat. Dieser Pflicht werden wir nachkommen“, so Schuster.
    Gesprochen hat die Runde darüber, welche Möglichkeiten der Information es gibt und welche Inhalte vermittelt werden sollen. Weitere Gesprächsrunden sind geplant.

  9. says: Martin Sp.

    Hoffentlich geht da auch Brief“wahl“. An dem Termin bin ich weg, und will doch mit einem Ja ein Nein ausdrücken. Oder war’s andersrum? Äääh…

  10. says: Karsten

    Naja, so oder so muss eine stattliche Summe von A nach B geschoben werden. Ich finde aber trotzdem, dass es ein Unterschied ist, ob ich dafür etwas bekomme oder nur Strafen bezahlt werden. Wer kennt nicht das Gefühl einen Strafzettel zu bezahlen ohne einen Gegenwert dafür zu bekommen.

    Wie man zu S21 steht oder nicht sei jedem sein Ding. Unbestreitbar ist aber, dass es dafür eine neues Gleisbett etc. gibt. Ob das überteuert ist oder nicht will ich hier nicht diskutieren. Aber es ist auf jedenfall überteuert auch nur ein paar Millionen für nix zu zahlen. Von Millarden mal ganz abgesehen. Und das Schadensersatzansprüche gestellt werden ist klar, weil Stadt und Bahn dazu rechtlich verpflichtet sind. Unabhängig von einem Volkszorn.

    Das alles unter einem Strich, bin ich mir nicht so sicher, ob das noch die Zielsetzung von S21-Gegenern und Befürwortern ist. Durch den aufgebauten Zwang von Meinungsgruppen, die eine Diskussion garnicht mehr zulässt ist das ganze völlig aus dem Ruder gelaufen.

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert