Versteck den Napoleon nicht: Bad Cannstatt Instawalk

(Stuttgart Bad Cannstatt, Symbolbild)

Cäsar – Anton – Nordpol – Nordpol – Siegfried – ganz viel Theodor und noch ein Anton. Immer, wenn ich Cannstatt schreiben muss, bin ich mir unsicher: Ein N oder zwei? De-Te oder lieber nicht?

An dieser Unsicherheit ist Bad Cannstatt aber zum Teil auch selber schuld: stell dir vor, du bist ein Stadtteil und deine großen USPs sind VfB, Wasen und Wilhelmsplatz – und zwar Wilhelmsplatz, die fiese Version.

Denn gebt es ruhig zu: Als es vor ein paar Monaten hieß, Großkreutz hätte am Wilhelmsplatz aufs Maul bekommen, habt Ihr doch auch gedacht, dass das am Wilhelmsplatz Cannstatt passiert sein muss, oder?

So richtig habe ich auch nie verstanden, warum Cannstatt den Kurort-Vornamen Bad tragen darf. Denn eine Heilwirkung hat ja dort außer dem Mineralwasser nichts. Dass man sich trotzdem mit der von Michael Jackon erfundenen Silbe BAD schmücken darf, hat irgendwas mit 1933 zu tun. Und es ging dabei nicht so ganz mit rechten Dingen zu. Oder in diesem Fall eben doch.

Man hat doch auch noch nie jemanden sagen hören, er gehe die nächsten drei Wochen auf Kur nach Bad Cannstatt, oder? Die einzigen Menschen, die in Cannstatt ernsthaft Reha machen, sind Daniel Ginczek und ein Haufen Leute, die dort eine permanente Entziehungskur leben.

Auf der Suche nach einer Erklärung liest man dann im Interweb über Cannstatt…„dass die Gegend bereits in der letzten Eiszeit von Mammutjägern als Lagerstätte genutzt wurde.“ Die vermutlich am Wilhelmsplatz rumhingen und mit der U11 zum Jagen gefahren sind, bevor sie sich nach der Arbeit noch ein Bier und ein Kurzen im Bundle gegönnt haben. Damals noch zu D-Mark Preisen.

Frage: sagt man eigentlich BC? Oder gibt es einen anderen gängigen Kosenamen für Bad Cannstatt? So wie Stuggi für Stuttgart, Nürti für Nürtingen oder Bieti-Bissi für Bietigheim-Bissingen? Wahrscheinlich nicht. Was es in Canni allerdings gibt, sind spannende Ecken.

Ein paar besondere haben wir mit der Kamera festgehalten… klickt euch durch unsere Bilderstrecke (STZ-voice off):

Genau wie in dem Witz, „Ich heiße Umberto und ich bin hier, um Ihre Tochter zu vögeln“… Um was? – bitte die Pointe selber googeln. In der Pflasterstein-Straße, die zum Kursaal führt, ist die Zeit in Schockstarre stehengeblieben. Und man könnte dort ganz wunderbar Pferdekutschen durchfahren lassen, um einen König-Karl-Kostümfilm zu drehen. Um was? Umberto!

Leider macht das Retro-Café dort auch wirklich Retro-Kaffee, allerdings die schlimme Variante. Also nicht Hipster-Filter-Dingens, sondern Plörre royal. Ich nehme aber an, Umberto macht dafür ganz gute Frisen. Leider gibt es im Internet nicht eine einzige Salon-Rezension. So dass Ihr Euch halt auf  den Fashionblog Eures Vertrauens verlassen müsst. Terminvereinbarungen: 0711 563181.

Diesem Unternehmen schickt ihr aber besser ein Fax. Für die Querleser unter Euch nochmal das Konzept zusammengefasst: „Was auf’s Papier geht – aber günstig!“

Man sollte im Prinzip sein gesamtes Venture Capital in diese Geschäftsidee stecken. Alleine für den Move, sich in Bad Cannstatt einen eigenen Schaukasten zu mieten, sollte die Firma Creativ bitte von einem Business Angel umarmt werden. Und noch viel mehr!

Kleiner digitaler Exkurs: wenn du versuchst, ein Zimmer im Hotel Burgenlandstube im Interweb zu buchen, schlägt dir das Portal hotel.com „Jugendherberge Duisburg Landschaftspark“ vor. Als Alternative. Und das wahrscheinlich nicht nur, weil das Hotel Burgenlandstube belegt ist. Jörg und Gerhard gefällt das. Allen anderen Personen wohl weniger.

Hinter diesem Schaufenster würde man ja eher ein Raucherlokal vermuten. Eines, in dem man Jörg und Gerhard antrifft, wenn sie gerade mal nicht im Hotel Burgendlandstube in der Lobby verweilen. Aber falsch geraten. Denn das erste, was einem online beim Suchbegriff „Melodie Tanz & Bar“ entgegenpoppt, ist Eric Gauthier und der schöne Satz „Mit getanzter Inklusion raus aus der Isolation“. 

Ein bisschen weiter hinten im Internet lobt dann jemand „hammer laden immer wieder gern liebe grüße.“ mit dem herzlichen PS: „liebe grüße dj sale radio vesela dusa versteck den napoleon nicht mein freund.“

„Versteck den Napoleon nicht“ – das klingt für mich jetzt doch eher nach Bumsschuppen. Oder nach neuem kessel.tv Aufkleber. Aber auf jeden Fall nach großer Lyrik.

Für den Rest würde ich euch bitten, selber mal vorbeizugehen. Laut Interweb legt dort nämlich demnächst irgendwann mal DJ Manfred („Bekannt aus Diskothek Landhaus“) bei seiner „tanzbaren Schlagernacht für Paare und Singles auf“. Umberto, Napoleon und Jörg und Gerhard gefällt das. See you on the dancefloor.

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8 Comments

  1. says: abiszet

    Lieber Kollege Geiger, Cannstatt ist … ja, an manchen Ecken nicht schön, aber am Kursaal schon. Ein bisschen. Schonmal ein Augustiner dort getrunken und Mini-Golf gespielt? (oder anders rum) Der Mann im Kiosk kann interessante Geschichten erzählen. Bist Du nicht die Martin-Luther-Straße entlang gelaufen, dort hatte der VfB vor gar nicht mal so langer Zeit (40 Jahren) seine Geschäftsstelle. Und die Daimlerstraße? Gaststätte Cronmüller ist immer einen Asbach uralt wert.

    Hast Du von dem Schwefelwasser getrunken? Hätte gern ein Selfie davon gesehen, denn es ist eine ambivalente Erfahrung, kann ich Dir sagen. Bin mit meinem Vater als Jonger fast jedem Samstag dort hin, um das Zeugs in Flaschen abzufüllen. Und nix gegen Umberto, da bekam ich meinen ersten Popper-Haarschnitt, bin danach aber nicht mehr hingegangen. Ich habe aber ein problematisches Verhältnis zu Fris(e)uren.

  2. says: Thorsten W.

    Ich hätte ja auch nie gedacht dass ich mal Bad Cannstatt verteidigen würde, aber natürlich gibt’s da auch ganz schön schöne Ecken. Und wie man sich ja bei jeder Gelegenheit anhören darf gibt es Canstatt ja quasi schon länger als Stuttgart.

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