Seit Jahrzehnten unverwüstlich, gehasst und geliebt: Doc Martens

Docs hier, Docs da, Docs everywhere: Neben dem Adidas Samba ist das wohl einer der unverwüstlichsten, zeitlosesten Schuhe auf dem Planten. In den frühen 90ern die ugly Dinger ebenfalls ziemlich angesagt, ganz abgesehen davon, dass das Schuhwerk, erfunden von Dr. Klaus Märtens nach Ende des 2. Weltkrieges, in einigen Kulturkreisen seit Jahrzehnten Kultstatus genießt.

Allerdings nie bei mir: Ich habe Docs – wie später Buffalos – schon immer verachtet. Liegt vielleicht daran, dass ich noch nie im Leben eine Punk-, Wave- oder Skinhead-Phase hatte.

Wie zum Beispiel die Heike: Die Heike war in meiner Klasse die Quoten-Waverin. Um dahin zu kommen, machte sie eine schleichende Metamorphose im Laufe der Schuljahre durch. Zunächst probierte sie mehrere Side- und Undercut-Variationen in Kombination mit beängstigend vielen Haarfarben aus, ein handelsüblicher Regenbogen war ein ausgeblasster Dreck dagegen.

Später wurde ihr Outfit immer schwarzer und ihr Gesicht immer bleicher (geschminkt). Eines Tages schwebte sie in bodenlanger, schwarzer Kutte, stilistisch orientiert also am Sensenmann, ins Klassenzimmer ein. Auf Doc Martens natürlich.

Auch wenn Heike aussah wie der Tod, haben wir sie trotzdem gemocht. Im Schullandheim hat sie uns sogar beigebracht wie Waver tanzen. War aber relativ lame, wie gelangweilte Internetgören sagen. Ein Schritt vor und dabei bissle leicht vorgebeugt mit dem Oberkörper wackeln, und dann wieder ein Schritt zurück. Man musste glaub die Musik fühlen (Depeche Mode natürlich, was anderes war nicht greifbar). Wir fühlten aber lieber den harten Linoleum-Boden, wenn es uns nach einem verpatzten Breakdance-Move wieder mal auf die Fresse legte.

Mitunter meines eher schwarzen Musikhintergrunds zwischen HipHop und Techno waren Docs für mich noch nie eine Besohlungsoption. Genauer gesagt, Docs waren einfach ein absolutes No-Go, auch wenn sie damals nicht nur die Heike, sondern zunehmend mehr Leute um mich herum trugen; darunter gerne viele Gymnasiasten, deren Pubertät in eine (innerliche) mehrjährige Rebellion gegen alles und jenes umschlug, interessanterweise hauptsächlich Töchter und Söhne von Akademikern.

Meine Mutter hätte mir auch niemals ein Pärchen gekauft („Springerstiefel? Ha noi, die kommet mir net ins Haus!“). Und dann immer noch dieses Schnürsenkelgetue, rot links, weiß rechts, grün gegen Waldsterben oder was weiß denn ich… Zugegeben, quietsch bunte Fat Laces waren auch bei unseren ersten Nikes ein sehr wichtiges Statement.

Jede Szene hat eben ihre (modischen) Symbole, Docs sind ein besonders trendresistentes, streng über die Jahre konserviert in ganz bestimmten abgesteckten Milieus.

Nun haben Docs scheinbar wieder ihre angestammten Grenzen verlassen und sind Trend, wie zumindest schon seit ein, zwei Winter diverse Blogs behaupten und auch irgendwelche Special Kollabos ankündigen. Schlimmer kann es eigentlich kaum kommen. Falsch, vor ein paar Jahren schwappte aus London mal die Botschaft rüber, dass Birkenstocks der Shit der Saison sind. Sind sie ja auch, in meinen vier Wänden und raus bis zu Mülltonne.

Nun, wo ein Trend ist, ist z.B. der Tobsen nicht weit. Der schreibt vor einer Woche auf FB ungefähr: „Ey Leute, auf was muss man bei Docs achten? 8-eye schon klar, aber was noch?“

Ich: „Ey, bitte.“

„Was ist los, sag mal?“, fragte er.

„Ey Alta, ganz ehrlich, der Schuh ist absoluter Dreck! Der Einzige, der Docs darf ist unser Setzer!“

Awa und ich hätte keine Ahnung und überhaupt, das ist ein super Winterstiefel!

Daraufhin meinte ich: „Ganz ehrlich, bevor ich mir Docs kaufen würde, hol ich mir fürn Winter lieber ein Pärchen Timberlands!“

Den Spruch fand wiederum mein alter Freund Thorsten nicht ganz so cool und hat sich auf die Seite von Tobsen geschlagen. Denn, ich hätte es wissen müssen, die beiden klonen sich modisch seit einiger Zeit recht gerne, Thorsten kauft sich jetzt natürlich ein paar Docs mit scheinbar derselben Argumentation: „Super Winterstiefel“. Ein Freund bringt im direkt welche aus London mit! WTF und OMG.

Konnte aber zu meiner Beruhigung mit Majde, Baris und Alex prompt eine Docs-Hater-Fraktion aufmachen, die sich mit mir gleich mit amüsiert haben. Gründe jetzt noch eine StudiVZ-Gruppe, „I hate Doc(g)s“. Sehr praktisch, eine Fliege mit zwei Klappen geschlagen, äh, gleich zwei Ratten mit fünf Wintergärten beschossen.

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68 Comments

  1. says: majde

    docs are for schmocks, es sei denn sie gehören einer der oben genannten gruppen an!stüssy und alle anderen labels/stores genießen für zurückliegende/noch anstehende collabos auch meine vollste verachtung!ach ja, palladium versucht grade auch wieder zurückzukommen, das ist genauso verachtenswert wie wrangler!!!
    and now start hatin‘!!!

  2. says: Busy-Icer

    aber ich muss sagen zu meinen frühen teenie zeiten hatte ich welche und es war harte arbeit meine mum zu überzeugen.
    bis das argument „anne! winter icin sind die super!“ naja nach n paar wochen hatte ich sie doch so weit 🙂
    sie fuhr mich damals 13 zum Gemini und war geschockt als sie die netten arbeiter da gesehen hatte 🙂

    aber naja die zeit ist jetzt auch rum 🙂

  3. says: Thorsten W.

    Hehe, feiner Hater-Artikel 🙂

    Lieber geb ich 100 Euro für in sauberer Handwerkerqualität hergestellte Docs aus als 200 Euro für von eine von einem Mega-Konzern künstlich verknappte Sonderausgabe eines komischen Turnschuhs, der in Indien von kleinen Kindern handgeklöppelt wurde.

    🙂

  4. says: martin

    dr. martens haben auch schon mal ausgelagert.

    „Alle Dr. Martens AirWair-Schuhe und -Stiefel wurden für gut 4 Jahre in Vietnam, China und Thailand produziert. Hierzu wurden die Original-Maschinen nach Asien gebracht. Die Frage der Qualität wird unterschiedlich beurteilt: Einerseits wird auf die angeblich höherwertige Verarbeitung in England verwiesen, bei der es allerdings einen hohen Anteil an Montagsstücken gab, bei denen Nähte oder Klebestellen zerfielen. Andererseits ist die Verarbeitung heutzutage viel gleichmäßiger als dies früher der Fall war. Die Sohlen sind etwas heller und durchsichtiger, als die in England produzierten und es wird ein anderes Leder verwendet, welches das Eintragen der Schuhe verlängert. Für viele ist es ungewohnt, auf der Sohle nicht mehr den Schriftzug „made in England“ zu lesen. Seit 2007 gibt es allerdings unter dem Namen „The Vintage Collection“ eine Neuauflage klassischer Dr. Martens-Schuhe, die in England hergestellt werden und daher wieder mit dem Schriftzug „made in England“ versehen sind.“

  5. says: busyasabee

    also ich hab noch meine alten docks und das sind auch in der klassischen aufrüstung mit dicken armeesocken def. KEINE wintertauglichen schuhe! ich erinner mich noch gut, wie es mich regelmäßig bei schnee auf die fresse gelegt hat! aber ich führ meine regelmäßig noch auf festivals aus, für schlammigen boden sind sie super

  6. says: dani

    lustig! kann mir heikes waver-tanz grad so gut vorstellen 🙂 …ich hätte nich gewusst, wie man das mit einem satz beschreiben soll. aber schritt vor, oberkörper wackeln(leicht vorne übergebeugt, oder..?!)..schritt zurück is super!!

  7. says: The Rocket

    Docs sind nicht ugly, männnööö! Ach wie schön – 8-Loch, black mit Blümchenkleid und dann „Heiiiiiiiijaaaaaaheeeeeeihhhhhheiiieiiiiiii, what’s going on?“ gröhlen.

  8. says: julia

    also ich hatte die auch mit 14 oder 15 und möchte sie nicht mehr haben wollen.
    hab mir schon letztes jahr gedacht, warum die jetzt wieder auftauchen und gehypt werden. da ich sie aber in meinem umfeld an niemandem gefunden habe, war mir klar woher der trend kommt und zu wem er gehört 😉
    ich finde fast, dass to & tho ein wenig spät dran sind mit dem erwerb der winterbeschuhlung.

    das argument, dass es ein gaaanz toller schuh für den schlimmen winter ist, ist für mich halt auch das lächerlichste was es gibt, sorry 😀
    wenn muddi früher meinte, uns ein paar gescheite winterstiefel kaufen zu müssen, fanden wir das mega uncool und meinten, dass wir auch so durch den winter kommen würden.
    und jetzt hält das plötzlich als argument her, sich ein paar docs zulegen zu müssen. natürlich nur, wegen dem kalten winter. nicht weils grad supidupimegain is in der welt der hipster 😉

    mich hätte es nicht gewundert, wenn die hipsterfraktion ganzjährig in ihren stoffschläppchen (espadrilles usw.) rumgerannt wäre, aber selbst die haben wohl beim ersten regen gemerkt, dass man damit auch mal nasse füße bekommt 😛

    ich bleib da bei meinen timberland stiefeln (nicht der klassiker sondern ein normales damenmodell), die ich mir vor 2 jahren gekauft hab.
    sind zwar uncool 😉 aber schön warm für den winter hahaha 😀

  9. says: JMO2

    Nach dem letzten Winter bin ich von meinen Kickers Kick Hi restlos begeistert. Doc Martens hatten immer meine Kumpels gehabt, ich konnte mich dem Trend immer irgendwie widersetzen und würde ich heute nicht anders machen.

  10. says: katjuscha

    Alda! Timberlands oder was? Nee danke. Dann schlag ich mich mal lieber auf die Seite von Wohl und Weh(e). Früher waren Docs nämlich mal wirklich der Shit. So 1990 in etwa. Wintertauglich fand ich sie trotzdem nie. Muss aber jeder selbst wissen. Im Zweifelsfall made in England statt made by Timberland.

  11. says: majde

    dann wählt also jeder rapper aus den 90ern die cdu?deswegen gewinnen die immer!!! ;-)!also doc martens sind alles außer wintertauglich!und wenn sie das wären dann hätte man sie ja wohl schon immer getragen, und nicht jetzt zufällig nachdem sie vor 2 jahren wieder in allen blogs aufgetaucht sind!!!

  12. says: Miri

    Ich liebe meine 8 Loch Docs und würde sie niemals hergeben. Auch wenn ich schon die 30 überschritten hab. 🙂 Damals schon getragen und heute immer noch. Allerdings eher als Frühjahr/Herbst Schuh, im Winter taugen die echt nix. Ausser früher, da gingen die natürlich auch im Winter. 😉

  13. says: Jana

    Schlimme Schuhe, nicht warm, nicht wirklich bequem und auch nicht schön. Keine Frage, ich musste natürlich trotzdem welche haben.
    Und zeitweise (das ist hart) hatte ich diese Plastikschnuller dran hängen. SCHANDE!!! zum Glück hatte ich keinen Blog und niemand hat damals meine Füße fotografiert. 😉

  14. says: jo

    kerle, kerle, DU kommsch immer auf Thematiken 🙂
    love it or hate it … aber jeder bezieht klar Stellung – i like! 🙂

    Also ich finde es gibt Schuhe mit deutlich üblerer „credibility“, z.B. NIKE Snowboardschuhe 😀 …eines der derbsten NoGo’s unserer Zeit!
    Aber wer’s mag…

    Und zu den Timbers: Die high-version tragen zwar deutlich zu viele Schnullis zu Ihrer Barbour-Jacke gepaart mit einem RL-Strickpullover (bei weiblichen Exemplaren zur Barbour-Jacke gerne ein Halstuch mit Segelruder-Motiv, vornehmlich blau/gold), sind aber dennoch extrem feine Schuhe für’n Winter – noch nie ne bessere und langlebigere Qualität am Zeh gehabt! Da kriegscht noch was für dei Kohle!! Die Segelschuhe sind natürlich der Killa!!! 🙂

  15. says: majde

    ALTER,
    NIKE SNOWBOARDBOOTS SIND DER SHIT!zeig mir einen bequemeren boot auf dem markt, das einzige was sie verkackt haben is die schnürung, die is veraltet!!!

  16. says: Tobi Tobsen

    die dinger sehen mmn scheisse aus – gleich wie für andere docs scheisse aussehen, bequemlichkeit hin oder her – jeder muss für sich selber entscheiden was einem gefällt oder auch nicht.

  17. says: jo

    …und wenn mich der Leibhaftige jagen würde: Was mir am Berg ganz sicher nicht annen Körper kommt is der Swoosh!
    und: Schmerzende Haxen und Hornhaut aussen am kleinen Finger vom Schnüren gehörten früher eh dazu, bin ich also gewohnt 😉

  18. says: joerg

    Buffalos und Docs in einem Satz unterzubringen ist schon herb. Auch wenn ich schon seit 18 Jahren keine mehr trage, gehn die 8loch dinger voll in Ordnung. Kommt ja auch immer a bisserl uff den Rest der Klamotten an…..

  19. says: robson

    öhm, na, ich weiß nicht… was reihenweise in den gymnasial-sportumkleiden der akademikerkinder stand, waren timberlands, passend zur barbourjacke, von rebellion war meiner erinnerung nach eher weniger zu sehen. und die dinger sind, finde ich, schon farblich eine zumutung – wie dieses tibetorange, das vw zu der zeit gebracht hat.

    ich hab halbschuhe von doc martens, das ist das solideste, formschönste stück arbeit, das ich für offiziellere anlässe im schrank hab. und wintergetestet in berlin bei -16°. bisschen hart, aber ich mag sie sehr. atomschlagsresistente sohle!

  20. says: martin

    andere barrios andere typen 😉 weiß was du meinst, gab es sicherlich auch bei mir. bloss auffallend viele arztkinder entschieden sich auch für die harte (punk)rebellion

  21. says: robson

    @julia: halbschuhe. richtig gutbürgerlich. voll gut gemacht, im notfall pogotauglich, getestet bei the grit im kellerclub. passt.

  22. says: martin

    steht doch schon eingangs, dass die überschrift falsch ist, beziehungsweise kaum sinn macht 😀 und ach ja, auf dich warte ich jetzt schon den ganzen mittag 😀

  23. says: majde

    dann hatten deine eltern einen guten geschmack mox, nichts wofür man sich schämen sollte!^^
    ich hab sie angehabt und kein anderer boot den ich bisher anhatte kann ihnen vom komfort her dass wasser reichen, das ist eine tatsache!über die farben lässt sich streiten!!!

  24. says: Tobi

    muss mich leider auch outen – hab docs – in england produziert – in rot – und steh dazu 🙂 und ja klar haben die schon mehrmals die trendphase überlebt aber sneaker eben auch schon 🙂

  25. says: Bo

    „Nun, wo ein Trend ist, ist z.B. der Tobsen nicht weit“ … Nimms nicht übel Tobsen – aber der war gut. Mal wieder ein guter Artikel.

  26. says: Mox

    Majde, des musch mir mal zeigen. Komm mal an den See, und wir machen von hier aus ne kleine Ausfahrt (Kaunertal in 2 Wochen, oder so..), dann prüf ich die Dinger. Wobei so wie die aussehen sind sie bestimmt extrem weich und daher eh nix für mich….

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