Die Wagenhallen sind zurück, Opening Kulturbetrieb Ende Oktober, und wurden gestern dem Bahnhof präsentiert, dem ganz Großen. Alle da. Kulturbürgermeister Fabian Mayer. Kämmerer Michael Föll (Erklärbär-Interweb: Der Kämmerer ist der mit dem Sparschwein). Andere Politiker. Der Boss vom Hochbauamt. Die Architekten. Die Wagenhallen-Crew. Regio.TV. Kessel.TV. Und OB Kuhn kam als letzter. Im Smart. Voll smart eigentlich. 1 Bonuspoint bei mir. Nächstes mal aber bitte mit der U15.
Kurzer Dialog mit Fabian Mayer: „Und guter Tag heute, so als Kulturbürgermeister oder?“ „Wieso?“ „Ha, neue Wagenhallen präsentieren, super Job“ „Die neuen ALTEN Wagenhallen“, ergänzte er.
Die neuen ALTEN Wagenhallen ist der PR-Sound, meine Damen und Herren, die Floskel fiel gleich mehrmals gestern und das aus gutem Grund.
Wurde in der Stadt in manchen Kreisen (sarkastisch) befürchtet, dass die Wagenhallen nach der zwingenden Sanierung, weil eben nach 120 Jahren bissle am Arsch, für die berühmten 30 Millionen Euro (übrigens sei man im Kostenplan geblieben, so Kuhn, wäre schön, wenn das auch mal bei anderen Projekten so wäre usw.) wie Schloß Neuschwanstein aussehen, also ihren roughen wie beliebten Industrie-Charme verlieren, sieht man nun: Die neuen Wagenhallen sind ist immer noch die alten Wagenhallen, rough, industriell und charmig.
Und jetzt halt eben save 100 (Brandschutz, Lärmschutz) für den Kulturbetrieb mit bis zu 2100 Gästen und für die schaffenden Künstler in den riesigen Ateliers, die allerdings erst zum Jahreswechsel bezogen werden können.
Mit neuer Lüftung, die Rohre so dick, in denen könnte Bruce Willis Bösewichte jagen. Mit neuen Toiletten. Eine Pissoir-Reihe wie im Neckarstadion. Bei einem Konzert mit Feine Sahne Fischfilet (24.11., sold out) wird halt auch garantiert mehr Bier gesoffen als unten in Cannstatt.
Und natürlich das neue Superdach, ursprünglich der Ausgangspunkt der Sanierung. Setz mal ein neues, mehrere 1000 Quadratmeter großes Dach auf die alten Wagenhallen-Stahlträger von Achtzehnhundertdings. Statikhölle 100. Meinten die gestern zumindest, in unseren Worten übersetzt. Glaub ich. Das war so kompliziert, dass man sogar Tests in einem Karlsruher Windkanal durchgeführt hat.
Beeindruckend: Mit mobilen Trennwänden, ungefähr so groß wie Eingangsmauer von Mordor, kann die Eventlocation je nach Veranstaltung eingeteilt werden. Und da kommen und finden statt bis zum Jahresende u.a.: Erobique, Rocko Schamoni, Barclay James Harvest, Drunken Masters (Toiletten!!!1!!), die Perspektive Wein oder das Kunstkaufhaus. Also man sieht: Neuschwanstein ist weiterhin weit weg und Raum für Kunst und Kultur da.
Denn Kunst braucht Raum und folgerichtig dankte Uwe Brückner, der Chef vom Atelier Brückner, der Stadt Stuttgart, dass sie das Ding durchgezogen hat. Er sei jetzt seit 30 Jahren in Stuttgart und gerade in den 90er habe er eine Abwanderung vieler Künstler („einen Kunstdrain“) erleben müssen, weil die Räume fehlten. Und er würde gerne selbst einziehen. Und hofft, dass noch mehr solcher Industriebrachen, die es auch hier in Stuttgart gäbe, kulturell genutzt werden und nicht in Investorenhände fallen.
Guter Tag also für Stuttgart, nicht nur für einen Kulturbürgermeister. Passend dazu wurde gestern vormittag Stuttgart von der Berenberg-Bank und dem Hamburger Weltwirtschaftsinstitut zum vierten Mal in Folge zur deutschen Kulturmetropole Nummer 1 ausgerufen. Und jetzt mit einem neuen veritablen Kulturzentrum, für verschiedene kulturelle Aktivitäten, von eben Feine Sahne Fischfilet bis große Kunstwerke, die da hoffentlich entstehen werden.
Presseinfo der Stadt Stuttgart:
Rundgang mit OB Kuhn: Sanierte Wagenhallen erstmals wieder der Öffentlichkeit präsentiert – OB Kuhn: „Ich freue mich, dass wir dieses Vorzeigeprojekt bald wieder eröffnen können“
Nach rund 21-monatiger Bauzeit steht die Sanierung der Wagenhallen kurz vor dem Abschluss. Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat am Dienstag, 25. September, zusammen mit dem Ersten Bürgermeister Michael Föll und Kulturbürgermeister Dr. Fabian Mayer zu einem ersten Rundgang eingeladen. Durch die neuen Kultur- und Veranstaltungsräume führten Peter Holzer, Leiter des Hochbauamts der Stadt Stuttgart, und Michel Casertano, leitender Architekt des Atelier Brückner.
Oberbürgermeister Fritz Kuhn sagte zur Begrüßung: „Die neuen, alten Wagenhallen sind eine große und bedeutende Kultureinrichtung in unserer Stadt. Ich freue mich deshalb sehr, dass wir dieses Vorzeigeprojekt bald wieder eröffnen können. Der Umgang mit der Geschichte des Gebäudes ist vorbildlich: Den Architekten und Planern ist es gelungen, den ursprünglichen Charakter zu bewahren und gleichzeitig eine moderne, urbane Kulturstätte zu schaffen. Ich bin dem Gemeinderat sehr dankbar, dass er für die Sanierung dieses Projekts gestimmt hat.“
Das Stuttgarter Architekturbüro Atelier Brückner entwickelte das Konzept für die Sanierung und den Umbau der ehemaligen Lokomotiv-Remise und setzte es zusammen mit dem städtischen Hochbauamt um. Michel Casertano, Projektleiter, erklärte: „Es war uns wichtig, die Wagenhallen mit ihrer 120-jährigen Geschichte und all ihren baulichen Zeitschichten erlebbar zu machen. Besonders freut mich, dass wir in enger Abstimmung mit allen Beteiligten Lösungen entwickeln konnten, die den unterschiedlichen Anforderungen in funktionaler und ästhetischer Hinsicht Rechnung tragen und darüber hinaus zu einem emotionalen Raumeindruck führen.“
Auf dem Gelände werden künftig wieder die ursprünglich ansässigen drei Hauptnutzer ihren Betrieb aufnehmen: Der Kulturbetrieb Wagenhallen mit großem und kleinem Veranstaltungsraum sowie Biergarten (4.000 Quadratmeter, ca. 30 Prozent der Fläche), der Kunstverein Wagenhalle mit Ausstellungs- und Veranstaltungsraum sowie separatem Neubau mit Künstlerateliers (9.500 Quadratmeter, ca. 60 Prozent der Fläche) und die Tanzschule Tango Ocho Quadratmeter, ca. 10 Prozent der Fläche).
Der Kulturbetrieb Wagenhallen wird bereits im Oktober wieder seinen Betrieb aufnehmen. Die Atelierhalle und die Tanzschule werden im Anschluss fertiggestellt, so dass die rund 90 Künstler des Kunstvereins Wagenhalle ab dem Jahreswechsel mit dem Einbau und der Einrichtung ihrer Ateliers beginnen können.
Kulturbürgermeister Dr. Fabian Mayer sagte: „Ziel der Sanierung war es, die vielfältigen kulturellen Nutzungen, die sich über die Jahre am Nordbahnhof etabliert haben, fortzuführen. Ohne die Sanierung hätten die Wagenhallen dauerhaft geschlossen werden müssen. Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir der Stadtgesellschaft diese beliebte kulturelle Anlaufstelle bald wieder zurückgeben können.“
Seit Ende des 19. Jahrhunderts dienten die Wagenhallen als Bahn-Werkstatt. Über ein Jahrhundert wurden dort Lokomotiven und danach Busse gewartet. Nachdem die Bahn die Nutzung aufgab, erwarb die Stadt die Wagenhallen im Jahr 2003. Bis 2016 wurden sie von der lokalen Kulturszene genutzt.
Da Statik, Schall- und Brandschutz nicht mehr den aktuellen Vorgaben entsprachen und aus genehmigungsrechtlichen Gründen den Fortbestand der Nutzung gefährdeten, beschloss der Gemeinderat 2016 mit breiter Mehrheit die Sanierung der Wagenhallen. Im Januar 2017 gab OB Kuhn mit dem ersten Baggerbiss das Startsignal. Die Kosten belaufen sich insgesamt auf rund 30 Millionen Euro. Der Bund förderte davon mit 12,4 Millionen Euro die energetische Sanierung der Gebäude. Auch die Nutzer leisten ihren Beitrag beim Ausbau und bei der Einrichtung ihrer Flächen.
Erster Bürgermeister Michael Föll sagte: „Der städtische Kostenanteil für die Sanierung der Wagenhallen bewegt sich im Finanzierungsrahmen. Die Sanierung war ein gewaltiger Kraftakt für die Stadt Stuttgart, aber einer der sich gelohnt hat: Ich bin überzeugt davon, dass sich die Wagenhallen als Veranstaltungs- und Kulturzentrum wunderbar entwickeln werden und in kürzester Zeit wieder zu einem der Anziehungspunkte in unserer Stadt werden.“