Neue Dönastie in Stuttgart

Unsere neue Gastautorin Britta aka BoominGranny war im neuesten Fast Food Hype-Laden und hat einen rausgefoodblogged. Spoiler: War geil und sie geht wieder. Auch ohne Fleisch.

Ich sag ja immer: „Es ist nicht alles schlecht, was aus Tübingen kommt. Außer es hat einen Dienstausweis.“

Im vorliegenden Fall könnte sich meine Weisheit auch deshalb bestätigen, weil die Erfinder der Dönerbude 2.0 gar nicht aus Tübingen (dort wurde nur die erste Filiale eröffnet), sondern aus Karlsruhe kommen. Das ist in Stuttgart eigentlich ein geschäftsschädigendes Ausschlusskriterium, aber in diesem Fall wohl allen egal.

Denn alle gehen seit Anfang Januar zur Neuen Dönastie. Alle wollen nur noch den neuen Döner, nicht mehr den alten. Ich believe auch dem Hype und mache mich auf den Weg in die Kronenstraße: Home of the famous City Rewe (einziger Ort, an dem sich Stuttgart wirklich wie Berlin anfühlt) und des gläsernen Big FM Studio (sitzt da eigentlich auch mal jemand drin und moderiert? Gibt’s überhaupt noch Radio?!).

Unfreiwillig gebe ich mir beim meinem Besuch die maximale Menge an hungrigen Kunden und betrete den Laden um 12:30 Uhr. Offensichtlich ist genau jetzt Mittagspause an der Uni!

Da ich aus der Nähe von Freiburg komme und das auch nach etlichen Jahren in der Landeshauptstadt noch Spuren hinterlässt, sehen vor meinem geistigen Auge Studierende bis heute so aus: Wursthaare, Strickpulli, Cordhose, keine Schuhe. Und eigentlich kaufen sie auch kein Essen, sondern nehmen sich, was übrig ist (Alter Hut von 2016: Die Bänderer in der Uni Mensa in Freiburg.)

In Stuttgart sehen die lernenden jungen Menschen aber eher aus wie mittelalte Bankangestellte: Teure schwarze Jacken, teure Halbschuhe, teure Telefone. Man unterhält sich über Fernreisen und Steuerberater.

Und nicht nur die Kundschaft ist weit entfernt von den üblichen Klischees. Auch die Inneneinrichtung hat hier nichts zu tun mit der stadtweiten, alles vernichtenden Dönerkette mit B am Anfang, wo schon mal das Fleisch über den Rotebühlplatz gerollt wird: Es dominiert dezentes Grau statt Grellgrün. Auf Stehtischen gibt’s Vapiano-Style-Kräutertöpfchen und meinen absoluten Liebling: Ungefärbte Recycling-Servietten. Dafür gibt es fünf Sterne und fünf Herzle und volle Punktzahl, denn in meinem Öko-Universum gibt es nur wenige Dinge, die dümmer sind als Wegwerf-Papier aus frischen Bäumen.

Zurück zum Essen. Bestellt wird entweder per App, an zwei Displays im Laden oder an der Kasse (vorne rechts, einfach an der Schlange vorbei gehen!). An den Displays kann man sich sein Gericht bis ins kleinste Detail konfigurieren, in der App bestimmt auch. Vielleicht mache ich das irgendwann mal, aber jetzt muss es halt schnell gehen und außerdem bin ich ja zum ersten Mal da.

Mein altmodisches Bargeld muss ich in einen vollautomatischen Schlitz stecken und bekomme mein Rückgeld ausgeworfen, denn Systemgastronomie ist nun mal mit System(en). Wie lange es dauern wird, bis ich die neue Döner-Experience in Händen halte, kann ich sofort sehen: Über der Theke hängt ein Bildschirm, auf dem die Zeit bis zur Fertigstellung des Gerichts auf die Minute genau angezeigt wird. So stelle ich mir das bei Daimler und Porsche in der Montagehalle auch vor. Henry Ford gefällt das!

Keine Sorge, es steht nicht drauf, ob ihr euch ungesunden Nur-Fleisch-Döner mit Weizenbrot bestellt habt oder ausschließlich das neue Trendsuperfood mit Mehrkorn, sondern nur eine Nummer. Die hätte ich auf dem Zettel wahrscheinlich gar nicht gefunden, aber die nette junge Frau an der Kasse, hat sie mir vorsorglich gezeigt. Danke!

12 Minuten bis „Der kichernde Grieche“ fertig ist. Ich starre auf den Bildschirm, die anderen Gäste machen derweil Instastories oder verlassen den Laden wieder, weil ihnen die Wartezeit zu lang ist. Das macht aber nix, denn es ist auch so schon bumsvoll. Meine Zahl klettert kontinuierlich nach oben. Nur noch 5 Minuten, nur noch 3. Ten, nine, ignition sequence starts: P91 ist „zur Abholung bereit“. Yeah!

Ich bekomme ein großes, warmes, duftendes Päckchen über die Theke gereicht, der Jungdönerkoch macht ein Häkchen auf seinem Display und jetzt kommt das Tollste: Es hat mir wirklich sehr gut geschmeckt. Reichlich vegetarisches Zeug auf dem großen Weckle von meinem eh schon immer Lieblings-Bäcker aus der Region. Echt lecker. Ich gehe bestimmt mal wieder hin.

Ob das Fleisch gut ist und ob das von einem Spieß kommt (hab wirklich nicht drauf geachtet), müsst ihr selbst rausfinden, denn ich esse keines. Öko eben. Guten Appetit!

Neue Dönastie Stuttgart
Kronenstraße 19
70173 Stuttgart
www.neue-doenastie.de

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4 Comments

  1. says: Mark

    wirklich clever, ein vegetarier testet den Döner, thumbs up!

    Und einfachmal vor 14 Uhr aufstehen, dann sitzt auch jemand im Studio 😉

  2. says: martin

    Ja, gute Idee oder? Und:

    „Unfreiwillig gebe ich mir beim meinem Besuch die maximale Menge an hungrigen Kunden und betrete den Laden um 12:30 Uhr.“

    Vor 12:30 Uhr aufgestanden, thumbs up!

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