Nach über 30 Jahren: Das Locanda No. 1 am Rotehbühlplatz hört auf

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Das Locanda am Rotebühlplatz wird schließen. Will die Tränen trotzdem im Sack lassen, denn war wahrscheinlich zwei Jahre lang selbst nicht mehr dort. Aber ich war wirklich oft genug in jenem Locanda mit dem Zusatz No. 1, um behaupten zu können: Ich mochte den Laden. 

Ein solider Golf unter den lokalen Italienern (was das Essen angeht) mit einem leichten Hauch von Revolution (was die Grundatmosphäre anging). Im dunkelholzigen, schwer rustikalen Locanda fühlte ich mich persönlich jedenfalls wohler als z.B. im blitzschicken modernen Amici oder Oggi. Beides übrigens dieses Jahr einmal und nie wieder gemacht! Abgehakt! Knopf dran gemacht!

Und sowieso: Wer oder was ein guter Italiener ist, darüber haben wir hier schon öfters debattiert. In der STN wird im Locanda-Abschiedsartikel ein Gast zur Qualität des Essens befragt: „Ist völlig in Ordnung.“ Da beißt die Maus keinen Faden ab (Thorsten Voice).

Letztendlich war ich während meines Berufslebens im Locanda mit am Häufigsten Mittagessen – neben der Alten Hupe in Süd und im obligatorischen Sans. Teile meiner Bürogemeinschaft gastierten am Rotebühlplatz seit ihrem  ersten Office im Radio Barth-Gebäude und später in der Herzogstraße, also seit Ende der 90er.

Das Locanda eröffnete im Juni 1982 und wurde seither von Leonardo Vitale und Francesco Simula betrieben. Kurz vor Weihnachten 2012 flatterte den Wirten die Kündigung ins Haus. Dinkelacker war mehr nicht zufrieden mit dem Bierabsatz, ist jetzt in diversen Artikeln zu lesen. Joe Bauer, der wie immer gekonnt zum Abschied kürzlich ein wenig die Geschichte des Hauses Revue passieren ließ, meint dazu nur gewohnt trocken: „Ein Phänomen, das in Restaurants mit italienischen Weinen öfter zu beobachten ist.“

Der Artikel in der STN erklärt das etwas detaillierter, (wobei mir die Rechnung (Monat / Jahr) nicht ganz schlüssig ist)

„Es ist das alte Problem: Die Gäste haben zu wenig Bier getrunken. Von der vereinbarten Abnahmemenge von 80 Hektolitern fehlten zuletzt 46,9 Hektoliter, sagt Vitale. Da, wie oft in Verträgen mit Brauereien vereinbart, ein Teil des Mietzinses durch Biervergütung getilgt werden sollte, habe sich ein Fehlbetrag von fast 2000 Euro ergeben.“ Bier geht halt eben eher noch zur Pizza, wie besagter Gast meint.

Unser Aussi erörtert in der StZ , wie die hiesigen Brauereien die Gaststätten-Landschaft gestalten und auf die Flächen Einfluss nehmen. Lesenswert, denn Dinkelacker und Hofbräu (in letztem Fall genauer gesagt die Stinag AG) haben auch die Hand auf ein paar Läden, in denen ihr jede Woche feiert.

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Wir haben vorhin ebenfalls kein Bier getrunken bei unserem Abschiedsbesuch, sondern zwei kleine Apfelschorle. Mist. Ansonsten eher gedrückte Stimmung („kommt ihr auch nochmals vorbei…“), sonst alles beim Alten. Look, wie Essen, logisch, laut Joe Bauer steht seit 25 Jahren dieselbe Dame in der Küche, was wiederum auf ein gutes Betriebsklima schließen lässt. Und eine ehemalige Clubbesitzerin meinte einmal zu mir: „Köche sind anstrengender als DJs.“ Liebe Köche, ich zitiere lediglich. Ihr habt meinen vollen Respekt.

Back to No. 1, es gibt seit unserem letzten Besuch doch ne Neuigkeit, free Wifi.

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Kam aber nicht rein gewifit mit einem Kolben, dafür hab ich halt die Magna Carta App, ge. Und dafür hat Kollege Brunski den alten Büro-Running-Gag gebracht. Vor vielen vielen Jahren, zu Beginn des neuen Jahrtausends, das digitale Zeitalter war gerade so auf breiter Ebene am Anbrechen, hatte die Posse, ich damals noch nicht dabei, einen Termin mit  einem heutigen Agentursbesitzer, und der meinte ganz lässig zur Bedienung: „Könnte ich meinen Beilagensalat upgraden?“ Okay, so dahin geschreiben nicht lustig, wir lachen heute noch drüber. Insider halt.

Kein Insider ist die Tageskarte, die kann jeder einsehen. Brunski nimmt wie immer die nicht draufstehenden Bolo ohne Partysan, äh, Parmesan, löööl, schenkelklöpf, oldschoolbürogagagain, und ich die Bucatini mit Oliven, Kapern und Beilagensalat ohne Upgrade. Yummie!

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Übrigens: Die Brötles links im Bild sind der Hammer. Und die Hammerecke im Locanda ist die hier. Hatte ich es glaub erst kürzlich mit Geiger (?) von.

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Das etwas-mehr-Theo-mässige-Konzept entpuppte sich übrigens laut Ingmars Artikel als Hotzenplotz, ein neuer, zweiter Ableger der unverwüstlichen Biereinsteigerkneipe in der Silberburgstraße. Bier her, Bier her oder ich fall um, bummbumm. Gerstensaft Marsch und viel Erfolg bei dieser Mission.

Die Locanda-Leute selbst schauen sich derweil in der Nachbarschaft um. Spruchreif ist aber nichts. Nur, dass man sich das Ende gerne etwas schöner vorgestellt hätte, meinte die Bedienung. Kann ich mir gut vorstellen. Machet jut, ich hatte immer schöne Mittagspausen bei euch.

Das Locando No. 1 am Rotebühlplatz 33 hat noch bis einschließlich Sonntag, 30. Juni geöffnet. 

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4 Comments

  1. says: VanDamme

    Auf dem vor-vor-letzten Bild ist sie zu sehen: die wohl scheußlichste Öl-Essig-Kombination in ganz Stuttgart!

    Habe mich immer gefragt, wie das Essen dort so lecker sein kann, aber beim Öl und Essig für den Salat eine Plörre angeboten wird, für die es keine Worte gibt.

    Ansonsten tut es mir sehr leid um den guten Mittagstisch … und Salat wird am Ende eh überschätzt, die Meeresfrüchte-Nudeln waren immer ein Kracher!

  2. says: VanDamme

    Okay, wenn ich kein Hobby-Halbitaliener wäre, würde ich das Öl gerade noch mit ner 5 durchgehen lassen! Aber beim Essig macht der padrone della casa eigentlich echt keine Kompromisse: lieber Tonnen an Eisbergsalat und NL-Cocktail-Tomaten, aber ein guter Aceto muss drauf!

    Der Beschluss mit dem Verschluss ist allerdings ziemlich dämlich! Dasselbe bitte für Zucker-, Salzstreuer und Besteck!

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