Wenn man bedenkt, dass wir über Xbow-Fahren (dieses vierrädrige Motorrad von KTM) und Survival-Training im Wald („Da trinken wir dann Regenwasser“, O-Ton Kollege G.) an einem sonnigen Sonntagmorgen um 9 Uhr beim Motorradfachgeschäft Limbächer & Limbächer gelandet sind, dann hört es sich vielleicht etwas weniger verwegen an.
Aus einer größeren Anzahl von Angeboten in und um Stuttgart, die der Erlebnis-Onlineanbieter Jochen Schweizer (an dieser Stelle auch ein persönlicher Dank an ihn für die Kooperation, wie man das ja heute nennt) anbietet, haben Geiger und ich uns schließlich für Ducati fahren entschieden, das eben in Koop mit L&L stattfindet.
Ich vor allem, weil ich seit knapp 17 Jahren Ducati fahre und liebe, mein eigenes Motorrad aber gerade nicht fährt, weil es eben eine Ducati ist. Geiger vor allem, weil er halt nen Führerschein hat und ich gesagt hab das wird schon geil.
Entsprechend bin ich trotz oder ob relativ wenig Schlaf leicht enthusiastisch, Geiger skeptisch bis Hose voll. Begrüßt werden wir von Flo, Ducati-Verkaufsleiter bei L&L, der an diesem Tag unsere Tour anführen wird – die nur aus uns drei besteht, was an sich eine gute Sache ist.
„So Typen heißen immer Flo“ raunt mir Geiger zu und Flo ist genau so nett, herzlich und unkompliziert wie ein über 1,90 großer und um die 30 Jahre alter Flo eben ist.
Bevor wir uns alle in Schale schmeißen – Flo mit nagelneuer Lederkombi der Typ Rennfahrer, Geiger mit von mir geliehener Lederjacke Typ Sonntags-Harleyfahrer, ich mit Textil-Kombination Typ BMW-Zweiradpendler – schiebt Flo unsere Ducatis raus und lässt sie warmlaufen.
Ich habe mir eine 1299 ausgesucht, aus dem einfachen Grund, dass sie 205 PS hat und theoretisch über 300 Sachen läuft. Geiger die „kleine“ Scrambler, weil er seit 10 Jahren so gut wie nicht gefahren ist und sich nicht mehr traut. Und Flo nimmt sich die „große“ Scrambler 1100 Sport, weil er’s kann.
Geiger wird sich den kompletten Tag nicht davon abbringen lassen, „Bock“ zu seinem Motorrad zu sagen, obwohl ich ihm ausführlich erkläre, dass man Moped im Allgemeinen und Bella zu einer Ducati im Speziellen sagt, aber niemals Bock.
Nach kurzer Einweisung seitens Flo – er fährt voraus, er fährt meistens rechts, wir versetzt dahinter, damit bei einer Vollbremsung keiner in den anderen fährt, ansonsten lassen wir’s gemütlich angehen – geht es los laut Plan über die Alb in Richtung Bodensee.
Flo lässt es, seine Körperlänge in der Lederkombi kunstvoll auf der Scrambler zusammengefaltet, tatsächlich gemütlich angehen, und relativ schnell bildet sich die Rudelformation zumindest für den ersten Teil der Tour heraus: Flo mit elegantem Kurvenschwung voraus, Geiger mit sichtbaren Unsicherheiten in der Haltungsnote und stetigem Respektabstand hinten und ich in verkrampfter Rennposition idealliniesuchend in der Mitte.
Denn ich habe leichte Schwierigkeiten mit meinem Rennhobel. Zum einen sind weder Sitzposition noch Fahrwerkabstimmung für die Landstraße gemacht, zum anderen stelle ich fest, dass der Ducati-V2-Motor auch in der letzten Entwicklungsstufe genauso bockig und im unteren Drehzahlbereich rumpelig ist wie bei allen anderen Ducatis, die ich bisher gefahren bin.
Aber trotzdem denke ich permanent, und die schmerzenden Handgelenke können es nicht mindern: Was für eine geile Scheiße! Perfektes Wetter, furztrocken, leicht bewölkt und angenehm frische Temperatur, übersichtliche Kurven und ordentlicher Straßenbelag, relativ wenig Verkehr, jemand, dem man hinterherfahren kann, ohne sich um die Strecke kümmern zu müssen.
Den ersten Stopp machen wir in einem Kaff mit einem bei Bikern beliebten Café bei Kaffee und Kuchen und wir üben uns mit einem zufällig getroffenen Kunden von ihm im Benzinquatschen. Geigers Skepsis hat einem relativ breiten Grinsen Platz gemacht, und auch ich freue mich auf die Weiterfahrt, auch wenn ich mit dem Wechsel auf Flos Scrambler liebäugle.
Die zweite Hälfte auf dem Weg nach Meersburg ist genauso geil wie die erste, von einer brenzligen Situation mit einem uns auf unserer Spur entgegenkommenden Auto abgesehen. Und Geigers Blase entpuppt sich als so klein wie die von RAM beim Stadtbahntag (oder bei jeder anderen Gelegenheit), seine verzweifelte Handzeichen deutet Flo zunächst als leeren Tank, bevor wir in letzter Minute einen Brunzstopp einlegen.
Dann kommt schon das angekündigte Highlight: Per Fähre geht es von Meersburg über den Bodensee nach Konstanz, bin ich schon öfter gefahren, auch schon mit dem Moped, aber immer wieder geil.
In Konstanz machen wir Mittagspause im Strandbad Horn, wo vor ein paar Jahren Cro das Abschlusskonzert von seinem Tag am See gespielt hat, und wo wiederum Kunden von Flo das Restaurant betreiben.
Jetzt ist es tatsächlich Zeit, mit Flo das Motorrad zu tauschen, und auf der Scrambler 1100 Sport habe ich schon nach wenigen Kilometern ein Erweckungserlebnis. Was für ein Motorrad! Nicht nur im direkten Vergleich zur 1299, sondern auch an sich das sich am besten fahrende Moped, auf dem ich je gesessen bin. Das Ding fährt sich wie ein Fahrrad, auf dem man per Hebelzug eine Rakete zünden kann.
Waren Kurven auf der Hinfahrt noch ein Kampf und Krampf, schwinge ich jetzt so elegant rein und raus wie ein weiblicher Hintern im People. Auch Geiger kommt jetzt richtig in Fahrt, man merkt dass er sich auf seinem „Bock“ eingegroovt hat und deutlich eleganter mitpendelt.
So erreichen wir gegen 5 brezelfertig aber überaus glücklich Filderstadt und holen uns von Flo zum Abschied ein Lob für die deutliche fahrerische Verbesserung auf der Rückfahrt und eine Visitenkarte für das Verabreden weiterer Probefahrten ab.
Disclaimer: Wir wurden von Jochen Schweizer zu dieser Tour eingeladen