Noch begeistert von meinem Wiesn-Wochenende hab ich einen Termin am vergangenen Freitag genutzt und meinem Kumpel Ben, der schon beim Oktoberfest für den reibungslosen Ablauf gesorgt hat, Bescheid gegeben und mich für eine heiße Partynacht in München – bzw. zum Wasten, wie Kollege Tobsen sagen würde – angemeldet.
Ben die alte Partygranate ist natürlich sofort dabei, verspricht alles zu organisieren und mein Kumpel Jan will auch eigens aus Ingolstadt anreisen. Also treffen wir uns zu früher Stunde in Bens Yuppie-Bude und fahren mit seinem Angeberauto in Richtung Stadt.
Erste Station soll ein Grieche sein, wie mir Ben schon vorab angekündigt hatte, wo man zuerst essen kann und gegen später die Tische weggeräumt werden, um zu feiern. Ben hatte mir sogar vorab Fotos von beim Griechen tanzenden Girls geschickt – konnte ja nix schiefgehen.
Wäre auch nicht, wenn er einen Tisch reserviert hätte. „Ich hab keinen mehr bekommen“, gibt er zu, „aber kein Problem“. Aha. Dass es beim Griechen einen Türsteher und 50 weitere Leute gibt, die auch nicht reserviert haben, ist dann natürlich etwas ungünstig, und Ben muss zum ersten Mal am Abend einen Rückzieher machen.
„Wir gehen ins Hugos!“
Also fahren wir ins Hugos, besser „H’ugo’s“. Ein Edel-Italiener, vor dem ich schon von anderer Stelle gewarnt worden war. Und schon auf der Terrasse gute Show. Ein Rudel 18-jähriger Mädels mit High Heels, LV-Täschchen und Pelzjacke (echt, for real) lümmelt herum – wären sie aus Stuttgart würden sie zweifellos am Killesberg wohnen und am Hang gegenüber zur Schule gehen.
Und Ben zieht es durch – „Kein Problem“: Er baut sich vor dem Mann mit den Reservierungen auf (warum gibt es hier keinen Türsteher?), behauptet selbstbewusst, dass wir eine selbige hätten, er schon Anfang der Woche angerufen hätte und überhaupt. Und während ich noch nach dem geeigneten Weg für eine möglichst wenig peinliche Flucht suche, bittet uns der Reservierungsmann tatsächlich, noch 5 Minuten zu warten, ein Tisch würde gerade frei! WTF!
Drinnen dann alles sichtlich auf Effizienz getrimmt: Der sich schon gut im Groove befindliche DJ muss sich eine Ecke mit den Veuve-Regalen teilen, der restliche Raum ist so dicht mit Tischen gefüllt, dass eine Leiter praktisch wäre, um den Platz zu erreichen. Aber unserer ist strategisch gut gelegen, in einer Ecke mit Blick über das ganze Lokal.
Das Essen wiederum ist überraschend lecker und nicht mal so teuer, das Publikum bewegt sich zwischen den schon oben erwähnten 18jährigen Oberliga, Männern mit Ferrarischlüssel und Frauen mit Kleinwagenwert in der Bluse. Und als dann wie auf Kommando (was ein Zufall) vier der hübschen Bedienungen auf Bars und Tische steigen, um zur inzwischen lauter gewordenen Musik zu tanzen, kommt tatsächlich Franck Ribery reingeschlappt. Mensch, ein Fußball-Promi, den sogar ich erkannt hätte – hätte er sein Trikot mit Namen und Verein getragen. Hat er aber nicht.
So, der Abend hat also gut angefangen, und wir ziehen weiter. Die Schmach beim Griechen hat Ben noch nicht überwunden, und beflügelt von seinem Erfolg beim H’ugo’s fahren wir noch Mal hin. Aber der Türsteher hat immer noch kein Erbarmen, und Ben gibt endgültig auf.
„Wir gehen ins Edmoses, das wird Dir gefallen!“
Recht hat er, der Ben. Das Edmoses hat zwar auch einen Türsteher, aber der lässt uns rein, ist freundlich, es ist aber auch noch nicht viel los. Das Edmoses ist eine überaus hübsche Bar mit großzügiger Verglasung und sympathischem Personal, der etwas nerdig wirkende DJ legt überaus feinen Deephouse auf, und alles ist sehr entspannt. Wunderbar.
Dann das erste echte Highlight des Abends: Ben will ins P1. Hatte ich nicht anders erwartet, ich wollte mir auch mal die originale Location nach dem Umbau anschauen, und nachdem Ben es geschafft hatte, unsere 12-köpfige Gruppe während der Wiesn reinzuschleusen, sind wir alle überaus guter Dinge.
Das Problem: Ben hat sich weder um die Gästeliste gekümmert noch kennt er einen der Türsteher. Aber er ist immer noch guter Dinge: „Kein Problem“. Also warten wir ab und beobachten das Schauspiel in der Schlange am Eingang. Ein 70-jähriger Mann mit weißen Haaren beschwert sich lautstark beim Türpersonal, dass es eine Unverschämtheit wäre, und dass er jetzt sofort rein wolle.
Ein in der Gruppe vor der Tür stehendes Mädel erbarmt sich, zückt ihr Handy, ruft einen Phillip an und wenige Minuten später kommt von drinnen tatsächlich der Enkel (!) des guten Mannes, entschuldigt sich bei den Türstehern für dessen rüden Ton und nimmt in mit rein. Das ist München, FTW!
Ansonsten das übliche Schauspiel, das man aus den einschlägigen RTL2-Reportagen kennt: Es gibt einen Parkservice, der das Einparken des 6er oder 911er übernimmt, die Türsteherin droppt Sprüche wie „Mich interessieren Eure Gesichter, von welcher Firma Ihr kommt interessiert mich einen Scheiß!“ und zwielichtige Gestalten in Bomberjacken finden in Großer Zahl Einlass, wenn sie mit dem Türsteher abklatschen können.
Können wir nicht, und mir fällt auf, dass ich die Situation, vor einem Club zu stehen und nicht zu wissen, ob ich rein komme oder nicht, seit 15 Jahren nicht mehr hatte. Oder länger. Ben versucht in seiner Verzweiflung noch, eine Bekannte per SMS um Hilfe zu bitten, doch schließlich gibt auch er noch vor dem „Sorry Jungs“ auf:
„Ok, wir gehen ins Paradiso!“
Ich bin skeptisch. Ein Club, der „Paradiso“ heißt? Also entweder ist das sehr ironisch gemeint, oder es ist eine Katastrophe. Es ist eine Mischung aus beidem.
Am Eingang des Paradiso, das von außen aussieht wie eine Innenstadtkneipe, wartet schon ein sehr überfordert wirkender Türsteher, der dauernd rein- und rausläuft, wahrscheinlich um zu gucken, wie drin der Füllstand ist, uns aber schließlich doch überraschend schnell und unkompliziert rein lässt. Yippiiieh!
Das Paradiso ist der neue Szene-Hotspot Münchens, wie Ben mir erklärt, und wird wohl von ehemaligen Türstehern und Barleuten vom P1 gemacht. Und ich muss sagen: Aus meiner Laien-Sicht haben sie so ziemlich alles falsch gemacht, was man bei einem Club falsch machen kann.
Die Location verblüfft mit einer sehr seltsamen Mischung aus Jugendhaus, Dorfdisco und Indieclub aus den 90ern, es ist so brechend voll, dass ich nicht weiß, nach was der Türsteher vorher geguckt hat, die Garderobe kostet 2,50 Euro, was die Garderobenfrau natürlich nicht davon abhält, unfreundlich und gestresst zu sein.
Der DJ, der sich seltsamerweise nicht bei der Tanzfläche befindet, wo er hingehört, sondern in 2 Metern Höhe in der Wand zwischen Garderobe und Klo, spielt die schlimmste Art von Mixed Music, die ich in den letzten 15 Jahren gehört habe – nach 2 House-Hits kommt je ein Heavy Metal-, NDW-, Soul- und Reggae-Hit.
Wobei die Musik tatsächlich so leise ist, dass es bei manchen Liedern schwerfällt, diese zu erkennen. Ich nehme mal an, es gab Ärger mit den Nachbarn. Die Leute geben sich trotzdem redlich Mühe, auszuflippen, weil es ist ja der neue Szene-Hotspot, aber so richtig funktioniert es halt auch nicht.
Wir geben uns auch Mühe, kriegen es aber nicht hin mit der Stimmung. Jan ist schon seit der P1-Geschichte nicht mehr ganz so guter Laune und hat jetzt insgesamt auch nicht mehr so viel Lust. Ben gibt alles.
„Kommt Jungs, wir gehn ins Pacha!“
Ok, das könnte man vielleicht als Akt der Verzweiflung oder letzten Strohhalm begreifen. Das Pacha liegt, muss man wissen, an einer Mini-Ausgabe der Theodor-Heuss-Straße, mit 4-5 Läden in einer Reihe. Großer Spaß, Horden aufgetakelter fast noch Minderjähriger schwanken auf dem Gehsteig von Location zu Location.
Vor dem Pacha überraschend – oder nicht überraschend – keine Schlange. Die Disco Boys sind angekündigt, wir kapitulieren davor und vor den zu erwartenden 15 Euro Eintritt und entscheiden uns relativ spontan für die nebenan gelegene 089 Bar. Der Eintritt kostet für Madeln 5 und für Buam 15 Euro. Die Kassiererin tut mir sehr leid, weil allein aus unserer Reisegruppe zwei von drei Mann sagen „ich bin ein Madel“.
Ein paar Treppen weiter oben wartet das, was ich mir in Stuttgart gerne spare – eine Mischung ungefähr aus L’Oasis, 7 Grad und BarBee. Also relativ beliebig gemischte HipBlackHop-Musik und sehr junge Leute, die sich den billigsten Sekt mit 3 Dosen Red Bull im Eiskübel bestellen.
Auf der obligatorischen Lokalrunde geht uns Jan verloren, er meldet sich kurze Zeit später aus dem Taxi und kündigt seinen Heimweg nach Ingolstadt an. Ben und ich tun noch weitere fünf Minuten so, als ob wir versuchen würden, Spaß zu haben, und streichen letztendlich auch die Segel.
Damit der Abend nicht vollends den Bach runter geht steuern wir noch eine Tanke an, machen das Angeberauto voll und brettern mit mir am Steuer noch ein paar Kilometer auf der Autobahn Richtung Garmisch. Auch wenn Weggehen in München suckt, der direkte Autobahnanschluss ist spitze.
thorsten on se road! klingt nach einem sehr stressigen ausflug.
Wenn nix mehr geht, kann man immer noch über die Autobahn heizen. Immerhin was!
@ thorsten:
mann, in was für scheiss locations warst du denn eigentlich???
direkt neben dem pascha hät´s noch die rote sonne gegeben (von den ehemaligen ultraschall machern), dann noch die elli disco, das bob beaman, das neue harry klein und und und. ohne geldadel, aber mit gutem publikum und sehr sehr guter musik. aber mann muss ja klischees bedienen. oder thorsten? 😉
🙂 – lag vielleicht auch an seinen reiseleitern hihi
Auch zu empfehlen fürs vorab: Das Kreuz 16. Mit den schönen Kettenkarusellsesseln an der Bar.
Klar lag’s an meiner Reiseleitung – und da ging’s definitiv darum, Klischees zu bedienen 🙂
wenn man klischees bedienen will, sollte man zumindest regeln, dass man auch ohne probleme in die ausgesuchten locations kommt! obwohl, das nichtreinkommen gehört ja zum klischee dazu… 🙂
Wie gesagt, da hatte ich mich auf meinen bewährten Reiseleiter vertraut 🙂
verdammt….warum ins `barbee` (089) gehen, wenn DIREKT daneben bzw. drunter die `bar25` ist (rote sonne)….
rote sonne & harry klein ftw! 089 bar rockt eigentlich – allerdings nur bei konzerten – ich vergleich die location eher mit dem lka..
Geiler Bericht! Besuche auch regelmäßig Freunde in MUC und wie du es beschreibst — genauso isses! MUC kann ganz schön nerven mit seinem Wichtigtuergehabe.
Aber: Beim nächsten Mal schau‘ dir mal die“Erste Liga“ an – schöner dreckiger Elektroschuppen.
Thorsten, da muss ich Ken voll zustimmen: die rote Sonne wäre wohl das Happy End gewesen! Letztes Jahr mal Lützenkirchen dort gesehen und für super befunden: heiß, eng, niedrige Decken, Platzangst-Garantie, alles, was ein guter Club braucht!
Im Paradiso musste meine Frau Junggesellinnen-Abschied feiern (unter anderem) und sollte auf der Männertoilette festgebunden werden. Als die Organisatorin mit der Superidee aber rausbekommen hat, dass da nicht ganz jugendfreie Filme laufen, wurde auf diese grandiose Aktion spontan verzichtet, um bei den Klo-Gängern keine falschen Erwartungen zu wecken … bäh!
also ich fand das Weggehen in MUC zwar immer scheiß teuer, aber auch recht gut…kommt halt auf die Location an. Dort gibts eben ne ganze Latte Vollpfosten mehr als in STR 🙂
netter porsche 🙂 im titelbild 🙂
Aah, gut erkannt 🙂