Unser Fußball-Experte JMO2 hat die Wahl zur Deutschen Weinkönigin 2012 in Heilbronn besucht.
Nicht nur Amerika wählte, sondern auch der Weinbauverband Württemberg. Und das schon am vergangenen Freitag. Es ist ja so, dass ich allgemein dem Bier mehr zuspreche als dem Wein. Allerdings bin ich großer Fan der SWR Live-Übertragungen zur Wahl der Deutschen Weinkönigin, die alljährlich Ende September stattfindet.
Ein an sich recht unspektakulärer Wettbewerb mit „Spielen“, die sowohl Weinfachwissen als auch das Wesen der jeweiligen Kandidatinnen herausstellen sollen. Und um bei dieser Wahl dabei sein zu können, muss man sich erstmal im jeweiligen Weinbaugebiet durchsetzen, und darum gings letzten Freitag in der Harmonie in Heilbronn.
Epilog – Sektempfang
Aufgrund leicht verspäteter Ankunft in der Harmonie kann nur fix ein Glas Sekt runtergestürzt werden. Das Foyer sieht ja ganz ansehnlich aus und mit meiner Kleidungswahl im Jörg Wontorra-Stil (Sakko, Jeans und buntes Hemd) falle ich nicht weiter auf, auch wenn die meisten Herren noch Schlips dazu tragen.
Das Innere der Harmonie ist allerdings ein Traum in 70er Jahre-Mehrzweckhalle, mit viel Holz und einer mannshohen Bühne. Es gibt auch noch eine Empore, auf der die Landjugend Lauffen, die den Abend über die Bedienung stellte, Platz fand, um das Ereignis zu verfolgen. Insgesamt waren rund 550 Leute zu Gast, die Altersstruktur war gemischt, mit einer leichten Tendenz zum „Silver Drinker“.
An unserem Tisch findet man leider nur noch Plätze mit dem Rücken zur Bühne, aber da muss man wohl durch, die erfahrenen Hasen haben sich gleich die Plätze zur Bühne hin gesichert, und auf der Leinwand wird noch ein wenig der Ablauf der verschiedenen Powerpoint-Präsentationen organisiert.
Punkt 19 Uhr beginnt dann die ganze Chose, MC des Abends ist Heike Lüttich von SWR4. Kenn ich nicht, MC Heike besticht aber durch eine gewagte Frisur, eine Seite kurz, die andere lang, ist das schon Hipster? Für SWR4 und mich schon. Musikalisch gibt hier die Band „Happyness“ (kein Rechtschreibfehler!) den Takt vor, 3-Mann Combo mit Bass, Keyboard, Schlagzeug und Sängerin. Alles wie erwartet also.
Dann Einzug der Kandidatinnen, und in mehr oder weniger festlicher Abendkleidung geht’s zur ersten Fragerunde. MC Heike und einer vom Weinbauverband rekapitulieren nochmal in Kürze die Fragerunde vom Nachmittag, und alles ist easy. Highlight der Runde ist zum einen das Geständnis einer der jungen Damen, dass sie die Frage nicht beantworten kann, weil die am Nachmittag nicht an sie gerichtet wurde, und das Wortspiel von MC Heike „Paradox ist es, wenn ein Goethedenkmal durch das Herbstlaub schillert“.
Nach knapp 45 Minuten ist das ganze rum und MC Heike betont ein wenig zu stark, dass es jetzt Kraftbrühe mit EINER Maultasche gäbe. Sind also abgezählt, nicht dass da jemand schummelt bei der Landjugend. In Sachen Verpflegung hat der Vegetarier an diesem Abend leider Pech gehabt und darf an seiner Serviette nuckeln.
1. Gang – Kraftbrühe mit EINER Maultasche
Ich sag mal so, das Essen ist ordentliches Kantinenniveau, aber die Weine, die dazu serviert werden – erste Sahne bzw. erste Güte. Man merkt schon, die Veranstalter kennen sich damit aus. Allerdings werden erst mal kleine Mengen ausgeschenkt, für mich als Spritti nicht so toll. Aber gut, man soll den Wein ja genießen. Zumal ja relativ zeitnah nachgeschenkt wird. Gute Sache.
Auf der Bühne passiert während dem Essen, nachdem „Happyness“ zwei Lieder gespielt haben, erstmal nix. Jeder löffelt vor sich hin und der Soundtrack dazu ist das Geräusch wenn Löffel an Prozellan stoßen. Irgendwann erbarmt sich MC Heike bzw. hat auch fertig gegessen und weiter geht’s.
Die sechs Kandidatinnen werden in zwei Dreiergruppen aufgeteilt, und dann geht’s erstmal richtig zur Sache. Jede muss „blind“ eine Weinflasche nehmen und dann die Vorzüge der jeweiligen Rebsorte anpreisen. Da kann man noch richtig was lernen. Und sei es auch nur, dass so manche nicht richtig gelernt hat und dann ein wenig rumdruckst und schlussendlich erzählt wie toll doch das Weinland Württemberg sei.
Scheint aber zu ziehen, die Masche, alle klatschen höflich. Ebenso wenn es darum geht, allgemeines zum Wein und spezielles zum württembergischen Wein zu erzählen. Auch hier zeigen einige der Damen Mut zur Lücke und das Publikum dankt es mit einem Raunen. An der Stelle merke ich dann auch, dass es hier so einige Insider des Weinbusiness Württemberg gibt und ich dann doch nur ein völliger Outsider bin.
Aber wäre das nicht zeitraubend genug, kommt jetzt noch ein weiteres Spiel hinzu. So sollen die Damen nacheinander Wein an „Ausländer“ vermitteln. Diese Ausländer werden von zwei Schauspielern dargestellt, die ihre Rolle recht polarisierend ausführen. Manch empfindlichere Seele würde sagen, dass es an Rassismus grenzt, wie sie ihre Rolle interpretieren. Aber hier im Saal sind alles zupackende Leute an der Rebe, da geht das wohl in Ordnung. Den größten Applaus der Runde bekommt allerdings MC Heike, als sie ankündigt, dass es jetzt erst mal was zu essen und zu trinken gibt. Sind wohl doch mehr zum saufen da als ich dachte. Guter Laden.
Hauptgang – Schweinerückensteak mit Spätzle und Soß
Essen auch wieder keine Offenbarung im Gegensatz zu den gereichten Weinen, die sind wieder vorzüglich. Stimmt wohl doch, dass man alles unter 5 Euro unbesorgt in den Ausguss kippen kann. Oder Schorle draus macht. Und auch dieses Mal ist die Band beim Essen, man futtert stumm vor sich hin.
Übrigens ein Tipp für alle, die auch mal da hin wollen: Während der Essensgänge nicht aufstehen, sonst sitzt man am Ende nämlich auf dem trockenen. So wie ich – aber vielleicht auch gut, denn bisher liege ich gut im Rennen.
Ins Rennen um die Krone der Weinkönigin geht’s dann auch auf der Bühne, allerdings wird jetzt ein wenig geplaudert, eine gefühlte Stunde, über Hobbys wie backen oder nähen. Und über Auslandsaufenthalte. Hierbei tut sich MC Heike als besonders einfühlsam hervor. Als eine Kandidatin nämlich erwähnt, dass sie mal in Kenia war und ihrem Vater dort 130 Kühe für sie angeboten wurden, meint Heike schlagfertig „Verständlich – blond und ein gebärfreudiges Becken, das sieht man dort ja gerne“. Was haben wir gelacht.
Aber mehr so wenn jemand Hitlerwitze erzählt und keiner sich traut richtig zu lachen. So ein „ho ho ho“. MC Heike merkt aber schnell, dass dies nicht so den Nerv der Crowd trifft und springt schnell zu einem anderen Thema. Jetzt wird nämlich „Dalli Klick“ gespielt. Also ein Bild wird nach und nach aufgedeckt, und wer es zuerst weiß, hat den Punkt. Alles ganz einfach. Es gibt drei Bilder, offenbar ist MC Heike aber müde oder abgelenkt, meint sie doch beim Stand von 1,5-0,5 vor dem dritten Bild, dass man das dritte Bild ja nicht spielen müsste. Nun ja, die Veranstaltung geht ja jetzt auch schon über 3 Stunden.
Nachspeise – Vanillecreme mit Früchten
Für „Happyness“ gibt es offenbar keine Nachspeise, denn sie musizieren munter weiter. Der dazu gereichte Muskateller ist mir ein wenig zu süß, passt aber zum Dessert sehr gut. Während des Nachtisches gibt auch die Fachjury ihre Stimmen ab, jeder hat zwei Stück. Wer die meisten bekommt wird Weinkönigin, und die Dame mit den zweitmeisten wird Weinprinzessin, alles ganz einfach.
Am unserem Tisch wird jetzt gefachsimpelt und beratschlagt, und wieder wird mir klar, dass ich doch nur ein Ahnungsloser bin. Aber vor der Krönung kommt es noch zu einem dramaturgisch nicht ganz nachvollziehbarem Kniff. Denn es wurden nun die Vorhänge der Halle aufgezogen und ein Feuerwerk angekündigt. Kann ich soweit noch nachvollziehen, da es draussen regnet. Allerdings wird das Feuerwerk vor der Verkündung der Entscheidung gezündet, und man sieht aus der Halle hinaus gar nicht die Raketen explodieren. So sitzt man da und sieht wie die Raketen gen Himmel fliegen, aber nicht wie es dort am Ende aussieht.
Immerhin sind die Fenster zu und der ganze Qualm bleibt draußen. Also nun Hermann Hohl, der Präsident des Weinbauverbandes Württemberg und mittlerweile über 20 Jahre im Amt. Machte aber den Eindruck, als wäre er seit 2 Minuten im Amt und lässt in seiner Dankesrede keinen aus. Weder das Autohaus, das den Wagen für die Weinhoheiten gestiftet hat, noch den Bürgermeister Heilbronns oder die „Person Herr Winkler von der Stadt Heilbronn“, die offenbar maßgeblich zum Erfolg der Veranstaltung beitrug.
Auch der Band „Happynice“, wie er sie nennt, wird gedankt. Irgendwann gibt’s dann keinen mehr, bei dem man sich hätte bedanken können, und der Höhepunkt des Abends, die Krönung, steht an. Als neue Weinprinzessin wird Stefanie Knapp aus Schwaikheim gekürt, die durch schlagfertiges und leicht arrogantes Auftreten den Abend über zu meiner Favoritin wurde.
Die Spannung wird nun greifbar, und als schließlich Nina Hirsch aus Cleebronn zur Weinkönigin gekrönt wird, schaut man sich schon verdutzt an, war sie doch kaum groß aufgefallen den Abend über. Im Gegensatz zu ihren Fans, die sich zumindest optisch ein wenig in Szene gesetzt haben. Aber die Expertenrunde am Tisch ist keineswegs überrascht, sickerte doch schon früh durch, dass sie bei der Fachbefragung am Nachmittag wohl die beste war.
Aber damit es an diesem Abend nur Gewinner gibt, eröffnet MC Heike noch schnell die Bar mit „Versucherle“ der Winzergenossenschaft Heilbronn, und die verspricht nicht zu viel. Jede Menge verschiedene Weine in ordentlichen Mengen für lau, wunderbar. Wasser, Cola und Bier kann man auch haben, kostet dagegen allerdings etwas.
Auch „Happyness“ dürfen jetzt ihr volles Repertoire zeigen und spielen zum Tanze auf. Neben Elvis‘ „Hound Dog“ oder „On The Floor“ von Jennifer Lopez spielen sie Hits von Andrea Berg und DJ Ötzi, für jeden ist was dabei. Und wem es nicht gefällt, der probiert halt so lange Wein aus, bis es schön ist.
GEIL!!! 😀 😀 😀
Danke für den Blick hinter die Kulissen der Weinmafia – deinen Fotografen solltest du allerdings ersetzen, oder ist das ein neuer Unscharf-Filter auf Instagram? 😀
Einfach auch mal dahin gehen, wo es weh tut. Sehr gut.
Die Fotos sind voll Kunscht und was für, ähm, „Liebhaber“…Anders gesagt, hatte nicht so richtig ein gutes Händchen, mal mehr Wein saufen sollen