Kommunalwahl 2009 in Stuttgart: Wir sind grün

Wahl

Ich war gestern natürlich wählen. Klar. Bürgerpflicht. Oder: Wer nicht wählt hat nix zu meckern. Obwohl das alles ja gar nicht so einfach war.

Zuerst mal durften wir hier in Ba-Wü doppelt wählen. Europawahl und Kommunalwahl. Der Vorteil bei der Kommunalwahl: Man hat den Wahlzettel nach Hause bekommen und konnte schon dort ankreuzen.

Der Nachteil: Es gab geschätzte 12 Parteien, gefühlte 500 Kandidaten und 60 Stimmen zu vergeben. Ich hab mir die Mühe gemacht, die Namen aller Kandidaten mal durchzulesen – ich kannte dann aber nur einen, den Arne, ehemaliger Chefredakteur von Lift.

Sonst hat mir kein Name was gesagt, was mir wieder mal gezeigt hat, dass die Wahlplakat-Armada mit unsympathischen Politiker-Gesichtern, die mich seit Wochen bei jeder Autofahrt penetrieren, fürn Arsch sind.

Also hab ich aufs Panaschieren und Kumulieren verzichtet (na, wer hat in Gemeinschaftskunde aufgepasst?) und hab den Zettel meiner favorisierten Partei am Stück mitgenommen, was heißt dass ich all meine 60 schönen Stimmen auf alle Kandidaten dieser Partei verteilt habe.

Sonntag dann schön ins Wahllokal geschlappt – nach zahlreichen Umzügen innerhalb Stuttgarts in den letzten 14 Jahren ist das immer wieder spannend, denn pro Wohnort gab es immer mindestens eine Wahl und eine Suche nach dem Wahllokal.

Und immer ist es eine miefige Schule oder ein miefiges Gemeindezentrum, wo die gleichen Lehrer- und Verwaltungsfachangestellten-Typen als Wahlhelfer rumsitzen. Wobei diesmal auch ein moderner junger Typ mit hippem T-Shirt dazwischen saß – was mich wieder daran erinnert hat, dass es ja theoretisch jeden wahlberechtigten Bürger treffen kann, sich als Wahlhelfer zur Verfügung zu stellen.

Ich würd das gerne mal machen. Ich stell mir das ganz lustig vor – die Leute schön im Quadrat rumschicken, beim Einwurf in den Kasten böse angucken oder beim Lesen des Namens einfach mal laut loslachen. Das würde die doch immer sehr ernste und angespannte Atmosphäre im Wahllokal vielleicht auflockern.

Oder ich würde nebenher bissle auflegen – das wär doch mal was. NuRave-Bratze zur Stimmabgabe, da verrutscht doch bestimmt so mancher Oma das Kreuz in die richtige Spalte.

Aber zurück zum Thema. Im Wahllokal hab ich dann noch den Zettel für die Europawahl bekommen, und da standen mehr Parteien drauf als ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Da ich mich für keine der Rentner-Parteien entscheiden konnte (Rentner-Partei, Partei der Rentner, Die Grauen), man muss ja schließlich an die Zukunft denken, hab ich kurz in Richtung „Die Violetten“ („Für eine spirituelle Politik“) tendiert, mich dann aber doch für die gleiche Partei wie bei der Kommunalwahl entschieden. Ich bin da straight.

Für den Rest des Tages hab ich das Thema dann vergessen, die Pflicht war ja erfüllt, bis ich abends auf die Idee gekommen bin, mal im Teletext nach den Ergebnissen zu schauen – und siehe da, ein kleines Sensatiönle, es sieht so aus als ob die Grünen in Stuttgart die Mehrheit im Gemeinderat haben. Hallo? Die Grünen! In Stuttgart! Das ist ein wenig so als ob im Vatikan eine Abtreibungsklinik eröffnet würde oder München einen SPD-Oberbürgermeister bekäme.

Das ist ein bißchen wie damals, als Rezzo Schlauch fast OB in Stuttgart geworden wäre – Mann, das wär ein Fest geworden. Dann gäbe es bestimmt das alte Zapata, das erste M1 und den alten Schlossplatz noch. Oh Gott.

Auf jeden Fall haben sich die Grünen natürlich gleich beeilt zu versichern, dass sie mit ihrer schönen Mehrheit natürlich alles dafür tun werden, dass Stuttgart 21 doch nicht kommt. Gut, die Verträge sind unterschrieben, aber man kann ja mal gucken was geht.

Vielleicht wird ja jetzt auch endlich die Weinsteige überdeckelt oder als Anliegerstraße mit Schrittgeschwindigkeit deklariert. Der Schlosspark könnte auch noch bissle vergrößert werden, und ein Spielplatz bei mir direkt hinterm Haus wäre ebenfalls praktisch. Naja, der Arne wird’s schon richten.

So viel von der Politik, zurück zum Wetter.

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15 Comments

  1. says: Philthy

    war gestern auch brav wählen und habs genau so gehandhabt, einfach ganze zettel abgegeben und gut ist. war vor jahren ein paar mal wahlhelfer, und es ist wirklich so langweilig wie es aussieht. man macht nämlich 5 h lang immer dasselbe, entweder wahlkarten anschauen (und heimlich über die namen lachen), kreuze in eine Liste machen oder die wahlurne freigeben. aufregend.

    kleine klugscheißerei am rande: münchen hat einen spd-ob, nämlich christian ude. fehlt nur noch die abtreibungsklinik im vatikan…

  2. says: Felix

    München hat einen SPD-OB … und das schon recht lange 😉 Seit 1993 bestreitet Christian Ude dieses Amt.

  3. says: Daniel S.

    Sagmal Martin, warst Du damals auch auf der Wahl(Pre)-Party vom Rezzo? Ich kann mich jetzt, wo Du es erwähntest, dunkel an ein „Zirkuszelt“ (müsste auf den Wasen gewesen sein) erinnern, sowie an einen grandiosen Auftritt der Fantas im Anschluss! Alles im kleinen Rahmen 🙂 Das waren noch Zeiten ..

  4. says: Thorsten W.

    Ich war damals auf der Wahlparty und hab den Auftritt der Fantas im Zelt gesehen – aber irgendwie fand ich die Atmosphäre sehr komisch, es war auch glaub ich nicht ganz voll…

  5. says: Tobi Tobsen

    ICH war Wahlhelfer 😀 5h lang n Strich machen, wenn einer Kommunal und/oder Europa gewählt hat.. Und heute brav ausgewertet! Was macht man nicht alles für Geld..

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