Hinterhofromantik

Hatte vorhin einen Termin bei Tommy Wittinger, Schlagzeuger, Produzent, mit FK als Drummer unterwegs gewesen, Labelowner (Terrasound) und einstiger Betreiber des Tonstudios in der Theo-Heuss, das heute als Club bekannt ist.

Sein neues Tonstudio liegt an der Paulinenbrücke und  im unteren Teil der Paulinenstraße. Stichwort Minibar, früher Fräulein Sonntag oder der allseits beliebte Dolly Buster Laden. Erst DVDs ziehen, dann Songs aufnehmen,perfekt. Plane gerade mein erstes Album, Gangram Style, der Tanz steht, die ersten Beats mit Garage Band und eJay sind fertig.

Kennt noch jemand eJay? Sassen einst in Stuttgart, Rotebühlstraße und haben im Frühsommer 2001 mal ein Presse-Meeting mit Carl Cox eingerufen, 2001 war das. Kam aber keiner nur Sub Culture und Martin Eyerer. Und dann sassen wir mit Carl Cox und Martin Eyerer auf der eJay Terrasse und Carl Cox meinte, dass eJay ein super Programm ist und jeder damit total einfach Techno produzieren kann. Carl Cox ist übrigens kleiner als man denkt, sein Nacken dafür umso rolliger. Sieht aus wie so ein Braten mit Fäden drinne. Bratenfaden ole und eJay auch. Ne eJay ging glaub den Bach runter.

Abgedriftet. Stimmt aber alles, also der Teil mit Carl Cox, netter Kerl, den Gangram-Style-Part muss ich mir noch überlegen.

Auf jeden Fall stand ich in dem Innenhof, in dem laut Tommy schon mal auch eine Tatort-Szene gedreht wurde (der Tatort, bei dem Bootz als Chauffeur verkleidet verdeckter Ermittler war), und ich dachte mir, was ein toller Innenhof. So einen schönen Innenhof hab ich schon lange nicht mehr gesehen. In meinem Innenhof stehen nur zwei Mülltonnen und ein Roller mit einer Kackwurst drauf. Glaubste nicht? Doch hier.

Kein Plan, wie die da hinkommt, bzw. wer seinen Hund auf einem Roller kacken lässt. Wobei, ich hab schon einen Verdacht. Der riesige Hund von einem leicht debilen alten Mann. Tiefgefroren kann man sie aber ganz leicht entfernen.

Jetzt Innenhof to the fullest und nach allen Seiten. Zuerst Tommys Eingang. Mit Promo für kommenden Freitag, Schräglage. Er an den Drums, Henster an den Decks, Skully am Whisky.

Dann einmal rumgedreht und rumgelaufen.

Okay. Nicht so spannend. Aber jetzt vielleicht?

Das ist doch schön. Was war da für ein Bad? Weiß das jemand? Oder steht das nur so da?

Irgendwo müsste doch da auch das Fenster der Detektei Eitel sein. Legendäre Leuchtschrift, gehen, seit ich denken kann, nur ein paar Buchstaben, also ungefähr so: D t ek E el. Sieht man, wenn man vom Österreichischen Platz über die Paulinenbrücke in Richtung Rotebühlplatz fährt, bitte Kopf nach rechts drehen.

Ein Traum von jedem Stuttgarter, gleich nach Seilbahn fahren im Süden, mal die Detektei Eitel zu besuchen und einen Auftrag zu erteilen. Finden sie bitte heraus, warum alle Männer im Transit Vollbart tragen in der Saison 2012/2013. Oder warum kostet der verdammte Elster-Stick 44 Euro? Ging heute von meinen Konto ab.

Das sind die Abbuchungen, die dich am meisten ankotzen, weil du sie immer vergisst. Wie die GEZ. Vergisste immer. Denkste voll gut, gerade keine Rechnungen zahlen,  kauf ich mal mir was, Kendrick Lamar CD, neue The Wire-Staffel, Wurstschneidemaschine beim Magazin, Gangnam-Tanzkurs, Klingel fürs Fahrrad, Ed-Hardy-Gurt für den Polo, Bart-Extensions fürs Transit, „Sunshine Reggae“ als Single, Servietten fürs Cavos, DVDs bei Dolly Buster und was kommt dann? Die beschissene GEZ.

Jetzt also Hits aufnehmen. Tommys Studio ist eine Raum-in-Raum-Konstruktion, perfekter Schallschutz, wie so manch andere Tonstudios auch. Im Hauptraum hat er den Boden um 15 Zentimeter angehoben, die ganzen Kabel darunter gelegt und dann drüber betoniert. Hat er im Vorraum dokumentiert.

Und hier haben wir den Welthit fabriziert. Für GEZ und andere Rechnungen.

www.terrasound.eu

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20 Comments

  1. says: Jack Hanson

    Zu der Frage mit dem „Bad“: Bis Anfang des 20. Jahrhunderts hatten viele Häuser in Stuttgart wenn überhaupt, dann nur eine eigene Toilette, jedoch keine Dusche, Badewanne, etc.

    Deshalb gab es in vielen Vierteln sogenannte „Badhäuser“, dort konnten die Anwohner sich ein Mal die Woche bei einem Bad unentgeltlich waschen. Oft wurden die Badhäuser auch für bestimmte Berufsgruppen geschaffen, z.B. Postangestellte. Wollten dann die Angehörigen eines Postbeamten ebenfalls ein Bad nehmen, mussten sie ein „Billet“ erwerben.

    Fazit: Was auf dem Bild zu sehen ist, könnte der Eingang zu einem Badhaus gewesen sein.

  2. says: martin

    das mit den duschen weiß ich wiederum, bzw. kennt man von nachgerüsteten altbauwohnungen, aber das mit den ganzen badehäusern war mir nicht bekannt. schon wieder was gelernt

  3. says: Kollege Geiger

    Haste Scheisse am Roller, haste Scheisse am Roller. Hast du mal um die Ecke geguckt? Vielleicht steht da ja auf dem Nebenhaus auch noch was – und es liest sich: BAD DOG!

  4. says: Jack Hanson

    Siehste…;-) Am Nordbahnhof, Knappstraße 5, steht noch eines das äußerlich unverändert ist zu damals, das ist einen Abstecher wert, wenn du mal in der Gegen bist. Umso mehr, als das es eines der letzten, wenn nicht gar das letzte erhaltene der Stadt ist.

  5. says: MarcusKpunkt

    Und Ja ,ich kenne eJay, hab da mal ne Weile als Software-Tester gejobbt. War nich wirklich spannend – HipHop 5 und Techno 3 durchackern und Fehler reproduzieren, die dann ausgemerzt wurden 🙂
    Und die Tatort-Szene war glaub ich im ersten Lanert-Bootz zu sehen… 🙂

  6. says: MarcusKpunkt

    Hm möglich, weiß ich natürlich auch nicht mehr genau, da wird sich Tommy bestimmt besser erinnern, als „direkt“ Betroffener 😉

  7. says: stegoe

    Carl Cox war damals auch Vorstand bei eJay (zumindest auf dem Papier). Wahrscheinlich für Artist-irgendwas.

    Ich hab mal die Webseite für eJay gebaut, war damals mein erstes großes Projekt bei der Agentur, Frühjahr 2000, noch keinen Plan vom Programmieren aber hier mach’ mal. Konnte dann auch leider nicht zur Launch-Party nach Berlin (dicke Launchparty für ’ne Webseite, yeah. Die Ausläufer der Dotcom-Blase halt…), weil ich noch während der Party im Büro saß und ein paar letzte Zeilen Code fixen musste. Hat glaub auch der Carl aufgelegt. Immerhin später ein paar Tickets für’s erste Hiphop-Open bekommen (das damals auch von eJay mit gesponsort war oder so).

  8. says: martin

    @marcus alles klar

    ja stegoe, stimmt. ich glaub der hat da schon auch kohle investiert. und ausläufer der dotcom blase triff es bestens. das büro war sehr feudal 🙂

  9. says: stegoe

    War leider nur einmal bei denen vor Ort, aber noch vor dem Umzug, damals noch im Medienhaus in Heslach. Die hatten dort das dicke (ich glaube es war) Pro-Tools-Handbuch als Türstopper zum Besprechungsraum und fanden das voll witzig.

  10. says: thorre

    Die eJay Launchparty im Sage Club war mal richtig dotcom-Blasen-mässig! Mit Live Schalte zur Launchparty in London. Da hätte eigentlich Boy George auflegen sollen, der hatte dann aber wohl doch kein Bock auf den Scheiss oder war zu voll oder so. Im Sage Club hat dann Carl Cox aufgelegt, das war aber noch nie mein Fall…
    Das protzige Büro in der Rotebühlstr. wurde nach der Pleite angeblich mal als Zahnarztpraxis genutzt. Jetzt ist wieder eine Agentur drin. Nebendran damals übrigens noch der Dino Verlage, heute Panini 🙂

  11. says: se

    dem stuttgarter ansich wird ja oft arroganz vorgeworfen. umso toller dass es hier leute wie tommy gibt, die das gegenteil belegen. ich bin vor ein paar wochen zufällig auf n kaffee in sein studio gestolpert und heute noch begeistert von diesem sympathischen kerl.

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