“wir tanzen zu 5. wir tanzen konzentriert”
Wer in den 2000ern in Wien unterwegs war, hat sie gesehen. Oder besser gesagt: nicht übersehen. Die Krocha. Lebende Textmarker in grellgrün, pink oder gelb, meist umrahmt von einer fetten Sonnenbrille und begleitet von Beats, die direkt aus einem Nokia 3310 zu kommen schienen. Ihre Religion: Shuffle tanzen. Ihr Tempel: U-Bahn-Station Stephansplatz. Ihr Prophet: DJ Drop the Bass (vermutlich Cousin von DJ Ötzi, aber das ist unbestätigt).
Krocha kamen aus dem Nichts und haben sofort den öffentlichen Raum übernommen, als wäre Wien ihr persönlicher Laufsteg. Der Style? Eine Mischung aus Neon-Katastrophe, Tiefsitz-Jeans und 37 Liter Haargel pro Quadratmillimeter Stirn. Das alles gewürzt mit einem Dialekt, der selbst Hardcore-Wiener:innen kurz die Sprache verschlug.
Aber Krocha waren mehr als nur optischer Lärm. Sie waren eine Bewegung. Ein Aufstand gegen den grauen Alltag, gegen Modezwang und für schrille Selbstinszenierung. Shuffle war nicht einfach ein Tanz. Es war eine Lebenseinstellung. Eine Mischung aus Breakdance und nervösem Zuckerschock. Wer’s richtig konnte, hat in fünf Sekunden mehr Kalorien verbrannt als beim Donauinselfest-Marathonlauf.
Musikalisch waren die Krocha ganz vorne dabei. “Techno” war ihnen zu subtil. Sie wollten Hardstyle. Wenn beim Bass nicht mindestens die Parkbank vibriert hat, war das kein Song, sondern ein Witz.
Heute? Fast ausgestorben. Ein paar Ehemalige arbeiten vermutlich als Grafiker mit Farbtrauma. Andere vermissen die Zeit, in der man ohne Ironie neonpinke Gürteltaschen tragen konnte.
Und trotzdem – irgendwo zwischen U6 und Millennium City – spürt man es noch. Dieses Funkeln. Dieses “Ey, kumm her, i schoffl di zam!”. Das Krocha-Gen ist vielleicht nicht weg. Es schläft nur. Und wartet. Auf das nächste Neon-Zeitalter.
Krocha 4ever. Oder zumindest bis zum nächsten Akku-Ladekabel.

Spiegel Online hat’s auch schon entdeckt: http://www.spiegel.de/video/video-36037.html