Günter Grass hat keine Digitalkamera: Auf der Frankfurter Buchmesse

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Messen muss man mögen oder meiden. Ich mag sie per se nicht so dolle. Ich finde die Qualität von Luft, Licht und Beschallung zu oft zu minderwertig und bin deshalb weder der große CMT- noch SEMF-Gänger. Gut, der SEMF-Gänger bin ich vor allem deshalb nicht, weil die so wenig 80er Jahre Rock spielen.

Manchmal muss man aber eben berufsbedingt auf eine Fachmesse. Zur ISPO zum Beispiel, wo man eigentlich in jedem Gang ein schlechtes Gewissen bekommt, weil man zu Hause so wenig Hanteln hat und nicht mal in der B-Elf einen Stammplatz.

Oder die Intergastra. Wo man sich schon wundern muss, wie wenig Neues es zum Thema Picheln gibt. In dieser Branche wird nach wie vor viel mit Alkohol experimentiert und die Möbel sind weiterhin aus Holz. Dafür muss man ja eigentlich nicht alle zwei Jahre neu ausstellen.

Als Buchautor muss/darf man aber zur Frankfurter Buchmesse. Und hätt ich gewusst, wie gut diese Messe ist, hätt ich schon früher ein Buch geschrieben. In Frankfurt erlebt man nämlich live, dass es nicht schadet, ein Buch zu lesen, eines zu schreiben, eines herzustellen oder zu vertreiben. Lesen bildet. Und lesenlassen auch. Publikum und Aussteller und Stimmung sind kultiviert, freundlich – naja und eben belesen.

Und das Schönste: wenn eine Branche der natürliche Feind der lauten Unterhaltung ist, dann geht es auch beim alljährlichen Branchentreff angenehm ruhig zu. Ich schätze, 1/3 der Messebesucher sind Bibliothekarinnen – und die vertragen eben keinen Krach.

Die Folge ist eine durchaus sympathische: auf der Frankfurter Buchmesse verzichten die Aussteller darauf, an jeden zweiten Stand einen 60 Zoll Flachbildschirm zu hängen, der irgendeine innovative Technologie anpreist und mit Konserven-Dubstep untermalt. Unterhaltsam ist das Ganze aber trotzdem:

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Der Franzisverlag zum Beispiel ist schon sehr spezialisiert, scheint mir. Hab mit denen ein Joint Venture angeschubst. Mit RAM und Hotte als Nachwuchs-Autoren. Im Herbst 2014 erscheinen die Titel „Discokanzel selber bauen“, „Blog selber bauen“ und „Bart selber bauen“.

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Einer ist immer der Horst – und der weiß nicht mal warum. (Kenn no ebber die schwäbischen Altrocker Schwoissfuass?) Wenn nicht, dann jetzt.

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Bücher nach Farben sortiert hab ich daheim auch. Da hat man dann ganz andere Such-Funktionen wie „Ich könnt mal wieder was Rotes lesen“. Reclam, von denen man früher ja nur Mutter Courage kannte und hasste, haben dieses System perfektioniert.

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Hmmm…ich ruf mal leise „Nachmacher“. Dachte, diese Frage hätte ich schon ausreichend beantwortet. 

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Preise für schönster Stand, schönste Deko, schönste Covergestaltung und schönster Verlagsname gehen an die Ästheten von Kein & Aber.

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Hat auch n Buch geschrieben – und das wohl nicht zum ersten Mal. Der Gute-Laune-Sänger von Rammstein. Ich war neugierig und hab reingeblättert und was soll ich sagen? Man hätte das Ganze auch „Till Lindemann – übrig gebliebene Songtexte vom Proberaum-Fußboden“ nennen können.

Das sind doch Rammstein-Texte, die es nur nicht auf’s Album geschafft haben, weil zu wenig Rrrrrrrrrrrrrrrs drin vorkommen, oder?

Wenn er das „Gedicht“ nicht Fleisch sondern Brot genannt hätte, hätte ihn der A&R Mann das bestimmt aufnehmen lassen. Denn man hört ja praktisch ein Fis-Moll Gitarrenriff, wenn man diese Zeilen liest:

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Eben noch auf der Buchmesse und jetzt schon bei der ktv Redaktion auf dem Nachtischchen:IMG_1004

bei Hotte

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bei Setzers

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bei Jana

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bei RAM

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und bei Geigers. #aufschrei #productplacement #halle f01, stand 113.

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Insgesamt komme ich für den Vollpromi-Alarm aber wohl einen Tag zu spät und verpasse dadurch Boris Becker („Das Leben ist kein Spiel“), Uwe Ochsenknecht („Das Leben ist kein Film“) und andere Schriftsteller. Dafür treffe ich Johann Lafer – Touchfist und hoch die Tassen – auf eine Messerspitze Gespräch und ein Fanfoto.

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Dann schaue ich Axolotl Autorin Helene Hegemann beim Gespräch mit der Welt zu. Wobei Gespräch ist zuviel gesagt. Das war eher Geschnodder. Da will wohl jemand unbedingt berlinesque, abgebrüht und sprachlich heruntergekommen sein.

Und dann treffe ich doch plötzlich wahrhaftig meinen alten Kumpel den Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Also treffen trifft’s nicht ganz. Wir stehen uns gegenüber. Was auch nicht ganz stimmt. Er sitzt, ich stalke. So gesehen begegnen wir uns. Er nickt mir freundlich zu. Ich fotografiere nickend zurück. Grumpy Grass. Er meint, er habe selber keine Digitalkamera und wundere sich immer wie schnell das ginge.

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Ich sag, du bisch voll old school. Wahrscheinlich hast du auch nicht mal nen eigenen Blog. Und weder einen Instagramm Account noch ein Car2go Kärtle. Er nickt und weint ein bisschen. Ich nutz diesen emotionalen Moment und frag ihn einfach direkt, ob er eigentlich nicht Bock hat, dass wir zwei zusammen ein Sequel der Blechtrommel schreiben – „Die Doublebass-Drum“.

Hat er nicht. Aber zur nächsten kessel.tv Lesung kommen, das will er.  Ich versprech, ihn mit dem Bierbike vom neuen Superbahnhof abzuholen und direkt in die Suite zu fahren und wenn er Böcke hat, gehen wir nachher noch zum Brunnenwirt. Da lacht er lauthals und ich wache auf und merke, dass ich den kompletten letzten Absatz nur geträumt hab. Wie Bobby Ewing. Aber der Rest, der stimmt fei.

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