Gedanken über das beste Kleidungsstück: T-Shirts united

Gastautor Olsen, auch als Mitgründer der Partyreihe Motor City in die Stuttgarter Nachtleben-Historie eingegangen, hat sich ein paar Gedanken über T-Shirts gemacht. 

Vor ein paar Wochen ging es in einem Artikel in der Stuttgarter Zeitung in erster Linie um die Belästigung Stuttgarts durch den „heidnischen“ Brauch des Junggesellen/Innen-Abschieds, aber ein Aspekt betrachtete die bedruckten Motto-T-Shirts mit Sprüchen wie „ich hätte sie alle haben können“ oder „letzter Abend in Freiheit“.

Nur kurz, um dem Artikel beizupflichten, wenn im Weltbild dieser Damen und Herren (um sie nicht als Plage bezeichnen zu müssen) Stuttgart schon er Nabel der Welt und Sündenpool zu sein scheint und sie wo möglich mit Anfang / Mitte zwanzig für den Rest Ihres Lebens anständig sein wollen (also auch keine Fasnet mehr), stellt sich unweigerlich die Frage: Was will man da noch sagen? Außer vielleicht einem ungläubigen Kopf schütteln.

Die bedruckten T-Shirts sind, wenn auch in den Augen des einen oder anderen mit Fassungslosigkeit wahrgenommen, ein Statement. Man kann das T-Shirt allgemein als unausgesprochenes Mittel ansehen, um persönliches Empfinden vom Lebensgefühl bis zur aktuellen Gefühlslage ausdrücken. Was wir bei obigen Motto-T-Shirts natürlich nicht wissen: Meinen die das ernst? Oder ist es Ironie? Beim Anblick der imperialen bzw. regionalen Junggesellensturmtruppen denkt man: Die meinen das wirklich ernst.

Wobei: Das ist schnell gesagt. Man steckt nicht drin. Ich erinnere mich dunkel vor über zehn Jahren mal im Münchner Club Flokati mit einem mit Britney Spears bedruckten T-Shirt gefeiert zu haben. DJ und Veranstalter trugen jeweils von, soweit ich noch weiß, Christina Aquilera und Kylie Minogue. Das war damals reine Provokation, um das in unseren Augen hysterische Getue zu kokettieren. Aber wer uns nicht kannte, musste denken, was geht denn bei denen? Warum tragen die in einem angesagten House-Club Popgirlies auf dem T-Shirt?

Ich wurde einmal gefragt, wo ich mein „deine disco braucht dich“ T-Shirt gekauft hätte. Antwort: Selbst gemacht. Da war es erst mal still. Mutige haben noch gefragt, ob ich etwas dagegen habe, wenn sie sich auch T-Shirt mit dem Spruch bedrucken lassen. Nee warum? Das war doch nur eine Anspielung darauf, dass die Leute immer weniger in einem Club sind und stattdessen in Schaufenstern posierten.

Die letzte Idee – „Mehr Halt im Nachtleben“ – habe ich leider nicht persönlich als T-Shirt umgesetzt. Geht in die gleiche Richtung, auch wenn ich der Meinung bin, dass es sich nicht nur auf das Nachtleben begrenzt.

Der Vorteil von T-Shirts ist, dass man im Gegensatz zu anderer Kleidung mehr aussagen kann. Ein Hemd zeigt z.B. an, ob der Träger eher Bäume fällt oder im Büro sitzt oder mit Klappen an der Schulter vielleicht Pilot ist. Mit Hosen verhält es sich so ähnlich, Blaumann, Stoffhose oder Jeans klassifizieren. Und zudem wirken bedruckte Hemden (oder Hosen) seltsam (wobei Blumen und Co umhüllten diesen Sommer schwer angesagt Frauenbeine) Ansonsten: Wie ein Zwitter, nicht Hemd aber auch nicht T-Shirt.

Ein T-Shirt dagegen ist zunächst neutral, vielleicht im Sinne von Freizeitkleidung (ansonsten gilt bzw. trifft vorher getroffene Unterscheidung ebenfalls zu). Vom Standpunkt der Freizeitkleidung macht erst der Aufdruck den Unterschied aus. Schnitt, Kragen und Farbe können die Aussage unterstreichen, unterliegen aber auch immer wieder modischen Erscheinungen, was es schwierig macht dies näher zu betrachten. Was heute cool ist, ist morgen Müll und übermorgen vielleicht schon wieder hipp.

Zu den Aufdrucken: Bei Sportteams oder Bands ist die Aussage sehr klar: Fan von XY. Gleiches trifft wohl auch für Hobbys zu. Bei Marken muss man unterscheiden, Fan eines Unternehmens (z.B. AT&T, Pan AM, …) oder ist es nur die Marke, die in großen Lettern aufgedruckt ist. Im zweiten Fall handelt es sich tendenziell um Label–Fetischisten. Dann ist das Outfit für mich wie eine Art Verkleidung, aber ein eigener Stil wirkt viel authentischer, auch wenn mir das Label nicht gefällt.

Fotos wiederum transportieren Lebensgefühl. Klassiker sind z.B. Motorrad und Adler für Easy Rider, Freiheit. Große Wellen für Surfer oder die Sehnsucht nach Sex? Rebellisch geht es auch bei Che oder Sternen zu. Stilistische Fotos von Bud Spencer, Pulp Fiction usw. sprechen ebenfalls für sich. Hier ist es aber so, dass man die Mitteilung des Trägers nur versteht, wenn man die Aussage des Films versteht. Im Prinzip trifft das auch für Bands oder Musiker zu.

An der Stelle noch eine Anekdote zu Totenkopf-T-Shirts. Grundsätzlich kann dieses Symbol ja für eine Elite oder den Tod, also das Endliche stehen. In der Pariser Innenstadt wurde ich mal von einem Barkeeper bedient, der sich offensichtlich für Männer interessiert. Das ist im Bezug auf die Interpretation des genialen Motivs auf seinem T-Shirt ein wichtiges Detail ein wunderschöner Schmetterling. Und auf dem Körper des Schmetterlings war ein Totenkopf zu sehen. Was für eine Metapher für die Situation, sein Leben und Paris. Dafür gibt in der B-Note volle Punktzahl. Chapeau!

Und, um den Kreis wieder zu schließen, mit aufgedruckten Sprüchen wie „ich bin dreißig bitte helfen sie mir über die Straße“ oder „ich habe sieben Hobbys, Sex und saufen“ usw. möchte ich mich gar nicht auseinandersetzen. Außer vielleicht: Bildet mehr Psychiater aus. Bei nihilistischen Slogans wie „heute ist nicht morgen“ oder „wann ist manchmal?“ kann ich mir dagegen ein Grinsen nicht verkneifen.

Aufdrucke passen meist nur situativ und können oft auch schief gehen, file under Junggesellen/-Innen-T-Shirt. Wobei das ist wie eingangs gesagt eine Frage des Bezugssystems. Und zum Glück ist es Geschmacksache, aber keine Ahnung, ob heute noch einmal Platz auf meiner Brust für Britney wäre. Mit Augenzwinkern wäre es wieder ein großer Spaß

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