
Von Wrestling weiß ich nichts. Hulk Hogan hab ich mal wahrgenommen, den Undertaker vielleicht noch. Ich bin auch die einzige Person, die nicht mitbekommen hat, dass es mit „GLOW“ eine ganze Netflix-Serie gibt, die von wrestelnden Frauen in den 80ern handelt. Und jetzt sitze ich hier am Samstagabend in der grandios muffigen Sporthalle der Österfeld-Schule in Stuttgart-Vaihingen und weiß überhaupt nicht was mich erwartet.
Bei gleißendem Licht läuft Punkrock, die Leute haben schwarze Shirts an – von Wrestling-Motiven, über Einhörner bis zu Hardcore-Band ist als Motiv alles vertreten. Es gibt Bier und einen Merch-Stand mit einem gedruckten (!) Programmheft, in dem das Regelwerk erklärt sind und die Wrestlerinnen vorgestellt werden. Auch für die Zuschauer*innen gibt es eine „Netiquette“:
„Beim Wrestling gehört es dazu, dass man als Fan jubelt und pöbelt, dass man singt und rein ruft, das man anfeuert und auch mal beschimpft.“
Und das machen die Fans rund um den Ring ab der ersten Sekunde. Der Auftritt der schillernd ausgestatteten Performerinnen erfolgt durch ein pompöses Tor über die Bühne in Disco-Optik. Dazu gibt es jeweils eine Einlaufmusik, Bonbons und Luftballons und Drohgebärden werden geworfen. Die einen kommen ganz lieb daher, den anderen möchte man nun wirklich nicht später im Dunkeln vor der Halle begegnen…
Bis die zwei oder vier Kontrahentinnen im Ring sind, wird alles fachkundig von Moderatorin Jenny angesagt und das Publikum ist vom ersten Moment an komplett am Durchdrehen. Die Ringrichterinnen halten die Furien einigermaßen im Zaum, Sanitäter stehen bereit.
Meine Zweifel, ob ich das überhaupt aushalten kann, wenn es mit dem Läuten der Ringglocke „auf die Fresse“ (… ja, so wird das hier lautstark gefordert) gibt, verfliegen paradoxerweise sehr schnell.
Bei allen Kicks, dem Gewürge und dem Rumschmeißen, den Sprüngen von den Ringseilen und allem was man auch außerhalb der Kampfzone im Publikum passiert, ist klar, dass hier alles einstudiert und mehr oder weniger abgesprochen ist. Ich denke schon, dass es stellenweise weh tut, aber es blutet nichts und spätestens, wenn die Protagonistinnen nach dem Kampf wieder lächelnd Fotos mit den Fans machen, bin ich beruhigt.
Mein vermeintlich nicht so guter Platz erweist sich über die folgenden vier Stunden Premiumunterhaltung als ganz wunderbar. Denn ich sitze glücklicherweise nicht in dem Block, wo beim letzten Kampf des Abends, die Wrestlerin in Safire Reed von ihrer Gegnerin Jessy F’N Jay in die die Stuhlreihen gepfeffert wird. Oder war es andersrum?

Beim gig-blog gibt es noch mehr Details zu den „Matches“, da werde ich nochmal nachsehen. Was ich weiß, ist dass diese Wrestlingshow wirklich so unglaublich witzig, kraftvoll, mega hot und weit weg von der echten Welt war, dass die Zeit mit diesem kuriosen Sportverein hier viel zu schnell vorbei war.
Zum Glück gibt es schon einen neuen Termin, an dem wieder um den Stuttgart Wrestlinggürtel gerungen werden wird: Am 24. Mai, ab 18:00 Uhr an selber Stelle.

P.S. Es gibt nicht nur eine Wrestling-Performance in Stuttgart. Auch bei Way Too Much Tender Wrestle unter der Regie von Florian Siegert wird zu Techno regelmäßig gerungen.
Tickets für „Breaking Barriers“
Fury All-Women-Pro-Wrestling Website
Fury AWPW auf Insta
Alle Fotos oben von Nadine Veigel, PHOTOS N EFFECT

