Da ging viel Kaffee durch: Nach einer zehnstündigen Sitzung und insgesamt 75 Stunden Beratung ist gestern der Doppelhaushalt 2012/2013 beschlossen worden. „Der Etat in den beiden Jahren umfasst insgesamt 5,2 Milliarden Euro. Die Stadt wird für 288 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen.“
Mitunter wird 630 Millionen Euro in die Bildung investiert, so viel wie noch nie zuvor, neben Schulsanierungen sollen zehn Ganztagsschulen geschaffen werden. Außerdem wurden zum Beispiel 32 Millionen Euro für den Umbau des Wihelmpalais zum Stadtmuseum klar gemacht und, große Freude, eine Million ist für den Bau einer neuen Skaterhalle in Cannstatt drin gewesen. Das Projekt stand kurz vor Schluss massiv auf der Kippe und die Boost e.V. hat die letzten Wochen stark für die neue Halle gekämpft.
Ein Kommentar in der Stuttgarter Zeitung bezeichnet den Haushalt als riskant. Das quasi schuldenfreie Stuttgart haut nun massiv die Kohle raus: „Wenn die Konjunktur, worauf vieles hindeutet, aufgrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise im nächsten Jahr in die Knie geht, muss das Stadtparlament hart auf die Bremse treten, womöglich sogar wieder einmal eine Haushaltssperre erlassen,“ so der Autor.
Komplette Info und mehr Zahlen nach dem Sprung.
16. Dezember 2011
Gemeinderat verabschiedet Doppelhaushalt 2012/2013: Rekordinvestition in Bildung und Betreuung
Die Landeshauptstadt wird in den beiden nächsten Jahren über 630 Millionen Euro in die Bildung investieren – so viel Geld wie nie zuvor. Zentrale Posten sind die Schulsanierungen, die Schaffung von zehn Ganztagesschulen und der Ausbau von Schülerhäusern. Für den Ausbau der Kindertagesbetreuung stehen darüber hinaus im Doppelhaushalt für Investitionen und laufende Aufwendungen 555 Millionen Euro zur Verfügung.
Mit 48 zu 11 Stimmen hat der Gemeinderat am heutigen Freitag (16. Dezember) nach einer fast zehnstündigen Sitzung und mehr als 75 Stunden Beratung in den vergangenen beiden Wochen den Doppelhaushalt für die Jahre 2012 und 2013 verabschiedet. Der Etat in den beiden Jahren umfasst insgesamt 5,2 Milliarden Euro. Die Stadt wird für 288 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen.
Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster betonte den Stellenwert der Investition im Bildungsbereich: „Für 366 Millionen Euro sanieren wir in den kommenden vier Jahren unsere Schulen. Weitere 75 Millionen Euro gehen in den Schulbau, 35 Millionen Euro wollen wir für zehn weitere Ganztagesschulen ausgeben. Stolz bin ich darauf, dass uns der flächendeckende Ausbau der Schülerhäuser an 54 Grundschulen gelingen wird. In insgesamt 220 Gruppen können 4.500 Schüler nachmittags bis 17 Uhr betreut werden.“ Die Freude über diese Zukunftsinvestition sei jedoch getrübt durch die Neuverschuldung.
Der OB sprach den Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die seit Anfang des Jahres mit Vorbereitung, Einbringung und Aufbereitung des Haushaltes beschäftigt sind, seinen Dank aus. Sein Dank galt auch den Stadträten, die gleichermaßen an die Grenzen des Leistbaren gegangen sind: „Sie haben teilweise bis in die Nacht hinein getagt. Die Beratungsatmosphäre war dabei immer konstruktiv “
Erster Bürgermeister Föll hatte gleich zu Beginn der Sitzung eine Einschätzung der Finanzlage vorgenommen: „Wir haben in den bisherigen Beratungen den finanziellen Spielraum bis an die Grenzen ausgereizt. Um die zahlreichen Aufgaben wahrnehmen zu können, müssen wir Kredite in erheblichem Umfang aufnehmen. In diesem Doppelhaushalt sind dies 288 Millionen Euro Wir sind damit nur noch knapp unterhalb der Kreditobergrenze. Wir werden 2013 haben eine Pro-Kopf-Verschuldung von 670 Euro vorweisen. Das stimmt nachdenklich, auch wenn wir im Großstadt-Vergleich noch ordentlich dastehen. Ich gehe dennoch davon aus, dass das Regierungspräsidium den Haushalt genehmigen wird.“
Investitionen in Schulen und Kitas
Für Sanierung und Erweiterung der Johannes-Gutenberg-Schule werden 31,6 Millionen Euro, für Sanierung der Uhlandschule 14 Millionen Euro bereitgestellt. Die Schule für Körperbehinderte wird für mehr als 16 Millionen Euro neu gebaut. Das Friedrich-Eugens-Gymnasium erhält eine neue Sporthalle mit Tiefgarage für 7 Millionen Euro.
Stuttgart wird die Kindertagesbetreuung ausbauen um weitere 1.763 Ganztagesplätze für bis 3-Jährige, 1.804 Ganztagesplätze für 3-6-Jährige und 113 Hortplätze für 6-12-Jährige. Bis 2015 sollen insgesamt 3.680 weitere Ganztagesplätze angeboten werden, davon entstehen 2.905 neu, während der übrige Zuwachs durch Umstellung des bestehenden Angebots erreicht wird. Dazu kann die Stadt bis 2015 224 Millionen Euro ausgeben, in den Folgejahren noch einmal 44 Millionen Euro.
Weitere beispielhafte Investitionen
Das Klinikum Stuttgart erhält in den beiden nächsten Jahren insgesamt 30 Millionen Euro Investitionszuschüsse, ab 2014 jährlich noch 12 Millionen Euro. Das Wilhelmspalais kann für 32 Millionen Euro zum Stadtmuseum umgebaut werden. Das Gebäude in der Kriegsbergstr. 40 wird für 2,2 Millionen Euro saniert und umgebaut, um dort eine Schwerpunktpraxis für Suchtmedizin einrichten zu können.
Das Stuttgarter Airport-Bus-Terminal wird mit 4,6 Millionen Euro bezuschusst, das Feuerwehrhaus Stammheim mit 3,4 Millionen Euro und der Bau einer Skaterhalle in Bad Cannstatt mit einer Million Euro. Die Alte Kelter Wangen wird für 2,4 Millionen Euro saniert und umgebaut sowie das Alte Rathaus Weilimdorf für rund 800.000 Euro saniert.
Mehr Geld für Soziales und Kultur
Das jährliche Förderbudget von Sozial-, Jugend- und Gesundheitsamt wird um 3 Millionen Euro erhöht. Auch der Kulturhaushalt wird aufgestockt: Der Etat wurde um insgesamt 4 Millionen Euro erhöht. Zum Beispiel erhält Gauthier Dance nun insgesamt 300.000 Euro im Jahr, die Schauspielbühnen weitere 421.000 Euro und die Stadtbibliothek zusätzlich 443.000 Euro für die Medienpflege und -aufbau.
Außerdem kann als Ersatz für den alten Bücherbus „Moritz“ ein neuer Bus für 500.000 Euro angeschafft werden. Zudem sind ab 2014 insgesamt 16 Millionen Euro für den Neubau der John-Cranko-Schule als städtischer Finanzierungsanteil vorgesehen.
Zur Umgestaltung im Quartier Marien-, Sophien- und Tübingerstraße stehen 2,1 Millionen Euro bereit, für die Lautenschlager-, Stephan- und Thouretstraße 1,5 Millionen Euro.
Veränderungen bei der Vergnügungssteuer
Der Gemeinderat hat beschlossen, den Steuersatz für „Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit“ um vier Prozentpunkte zu erhöhen. Künftig müssen die Betreiber der Geräte 22 Prozent auf die Nettokasse zahlen. In der Stadt finden sich 125 Spielhallen und rund 3000 Spielgeräte. Außerdem werden künftig auch Wettbüros sowie Bordelle und Laufhäuser mit zehn Euro pro Quadratmeter Fläche besteuert. Darüber hinaus gelten für „gewerblich gehaltene Personalcomputer mit Internetanschluss“ dieselben Steuersätze wie für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit: monatlich 142 Euro bei Aufstellung in Spielhallen bzw. 59 Euro anderswo. Die Verwaltung erwartet dadurch, 4,5 Millionen Euro mehr einzunehmen bei der Vergnügungssteuer. Insgesamt wären es dann rund 16 Millionen Euro.