
Große Freude im Stuttgarter Rathaus in diesen sonnigen März-Tagen: Die einzigartige Stuttgarter Schulstraße könnte bald ein weltweites Kulturerbe sein, denn die berühmte Fußgängerzone, eine der ersten ihrer Art in Deutschland, wurde als UNESCO-Welterbe vorgeschlagen.
Seit ihrer Einrichtung im Jahr 1953 steht die Schulstraße für die Vision einer autolosen Innenstadt und prägte die Entwicklung vieler weiterer Fußgängerzonen in Deutschland und Europa.
Die Schulstraße war damals ein revolutionäres Konzept: eine Straße ausschließlich für Fußgänger, frei von Verkehr und Lärm. Als eines der ersten Experimente dieser Art markierte sie einen Wendepunkt in der Stadtplanung und brachte Stuttgart in die Vorreiterrolle für moderne Innenstadtkonzepte.
Charakteristisch für die Straße ist ihre zweigeschossige Bauweise mit schmalen Gebäuden, die eine zweite Ebene über den Läden und Cafés bieten. Dieses Konzept der Mehr-Ebenen-Gestaltung gilt als innovativ für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und spiegelt die Wiederaufbau-Architektur der 1950er-Jahre wider.
Diese Konstruktion erinnert insbesondere dank einigen Asia-Lokalen an eine wuselige schwäbische Interpretation der New Yorker Canal Street und bietet einzigartige Blickachsen über die kurze, aber geschichtsträchtige Straße, ein enges Portal, ein fettiger Schlund zwischen Königstraße und Marktplatz.
Trotz ihrer historischen Bedeutung fällt es vielen Stuttgarter:innen bis heute schwer, eine Liebesbeziehung zur Schulstraße aufzubauen. Die Fußgängerzone kämpft mit Herausforderungen wie Leerstand, wechselnden Mietern und einer Dominanz von Fast-Food-Restaurants, die den einstigen Charme der Einkaufsstraße verblassen lassen.
Seit Jahrzehnten wird die Schulstraße deswegen liebevoll bis sehr verächtlich „Fressgasse“ genannt. Dieser feststehende Begriff soll im Zuge des Welterbe-Prozesses ebenfalls offiziell geschützt und eventuell auf einem Tourismusschild an der Autobahn angekündigt werden.
Während einige die Schulstraße als Sinnbild eines lebendigen Stadtzentrums sehen, beklagen andere einen Mangel an hochwertigen Einzelhändlern und kultureller Vielfalt. „Die Schulstraße hat ihren eigenen Charakter, aber sie muss dringend neu belebt werden“, sagt meint Helmut W. aus Stuttgart-Waldenbuch. Dass die Schulstraße wirklich UNESCO Welterbe wird, daran glaubt er nicht. “Das ist doch wieder nur so eine Quatsch-Idee von den Grünen!!!!”
“Früher gab es noch den Schuh Braun mit der Rutsche drin, das war schön!”, weiß Gerda Diesenschwinger aus Stuttgart-Rutesheim. “Schauen sie sich an, wie es hier heute aussieht und es stinkt!” Sie komme selten nach Stuttgart meint sie, auch weil sie direkt in der Schulstraße nicht mehr parken könnte, das geht ja nicht mehr seit 1953.
Die Nominierung als UNESCO-Welterbe könnte der Schulstraße neuen Aufwind verleihen. Der Status würde nicht nur internationale Anerkennung bedeuten, sondern auch neue Investitionen und touristisches Interesse wecken – wie die vielen neuen Burger-Läden am Rotebühlplatz.
Die Entscheidung über die UNESCO-Anerkennung wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir bleiben da dran!