Außerdem-DJs

thorstenw

Foto: www.fotonoid.com

Neulich hat sich ein von mir sehr geschätzter Stuttgarter DJ-Kollege bei Facebook darüber beschwert, dass bei Party-Ankündigungen immer ein Roman über den Gast-DJ geschrieben wird, zum Resident-DJ aber nur steht „Außerdem spielt…“ – zusammengefasst mit dem sehr schönen Wort: „Außerdem-DJ“.

Getroffene Hunde bellen, und ich hab mich tatsächlich ein wenig davon angesprochen gefühlt. Ich schreibe jetzt seit fast 20 Jahren fast ohne Pause über Partys in Stuttgart. Zuerst für den Partysan, als Bezahlung gab’s üblicherweise Gästelistenplätze (oder auch öfter mal nicht, wenn mal wieder das Fax nicht ankam). Dann jahrelang mit Unterbrechung für Prinz Stuttgart als „Partyredakteur“.

Seit Anfang 2007 bis heute schreibe ich einen wöchentlichen Text für die Stuttgarter Nachrichten mit Party-Tipps, seit Ende 2009 zusätzlich die Clubtipps für Stuttgart in Mathi Wecks Clubsandwich bei Flux FM.

Ich finde es immer ein wenig müßig, als Journalist respektive Blogger über die Mühen der eigenen Arbeit zu schreiben, wie schlimm doch alles ist und so. Aber vielleicht ist so ein Einblick gerade für DJs und Veranstalter gar nicht so uninteressant – weil zu meckern gibt’s ja immer was.

Für die STN schreibe ich jede Woche über circa fünf bis sieben Partys aus allen Richtungen, für Flux FM zusätzlich noch mal über sechs (drei Freitag, drei Samstag) speziell aus dem elektronischen Bereich.

Und ich muss (leider) zugeben, dass ich mir da inzwischen nicht mehr so viel Mühe mit den Formulierungen mache wie vielleicht früher – ja, „zu Gast“, „am Start“, „an den Plattenspielern“, „reist aus Berlin an“, sogar „sorgt für Unterhaltung“ und natürlich das unvermeidliche „außerdem dabei“ kommen regelmäßig vor.

Aber ich glaube, und Kollege RAM, der das Business auch aus Sicht der Veranstalter, für die er schreibt, kennt, stimmt mir zu: In dem Bereich kann man halt sprachlich auch nicht mehr das Rad neu erfinden.

Bei den STN tue ich mich grundsätzlich immer etwas schwer, möglichst alle (relevanten) Clubs zumindest ab und zu zu berücksichtigen. Weil, ich will ja über eine Party mehr schreiben als den Ort und die Uhrzeit. Wenn aber jetzt (nur als Beispiel) DJane Christiane im Keller Klub Rock und Indie auflegt, so wie immer einmal im Monat, dann ist das schon alles an Information, was man rausholen kann.

Bestimmt ist die Party dufte und geht immer ab, aber zum einen ist das im Voraus immer etwas schwierig zu behaupten, zum anderen will ich eh nur Partys ankündigen, die versprechen, kein Flop zu werden.

Da gibt natürlich der Gast-DJ aus Berlin (oder von wo auch immer) im Romy S.(ebenso nur ein Beispiel) mehr her, worüber man schreiben kann (meist veröffentlicht jener eben regelmässig neue Platten, hat ein Label oder sonst irgendwas am Laufen) – und gerade bei den STN denke ich mir immer, dass ich wenigstens ein paar Fakten oder Argumente mitliefern muss, warum ich jetzt gerade diese Elektro-Party erwähne, derer es aus Sicht der Großzahl der STN-Leser sicher unzählige, schwer unterscheidbare gibt.

Und da kommt das Thema Informationsbeschaffung ins Spiel: Ja, ich recherchiere. Ich schreibe nicht nur über die DJs, die ich sowieso kenne und über die ich irgendwas weiß – wenn mir der Act interessant vorkommt, dann such ich mir Infos über ihn und verarbeite diese.

Erste Anlaufstelle ist für mich da der Einfachheit halber die jeweilige Facebook-Veranstaltung: (im Idealfall) alle Infos zum Event, wie Ort, Datum, Uhrzeit und noch ein paar Infos zum Act an einer Stelle. Oder auch nicht. Und hier beginnt jetzt der nicht ganz uneigennützige Service-Teil, den ich schon länger mal runterschreiben wollte:

Natürlich legt ein Veranstalter den Event nicht für Schreiberseggls wie mich an. Aber die Interessenlage bei mir und potenziellen Besuchern ist ja ähnlich: Man will wissen worum es geht, wo und wann es stattfindet und gern noch was koscht.

Leider befriedigen die Veranstalter und Clubs die Interessen sehr unterschiedlich. Und ein interessantes Phänomen dabei ist: Je unbekannter und/oder „undergroundiger“ der Act oder je mehr Nische die Musikrichtung der Party, desto weniger Infos. Was ich halt nicht verstehe. Will man unter sich bleiben? Sollen nur die (wenigen) Leute kommen, die eh Bescheid wissen?

Dabei ist es doch nicht so schwer – kopiert doch wenigstens die Bio in den Veranstaltungstext. Oder zumindest einen Link zum Facebook-Profil. Das hilft dem unwissenden Partygast genau wo wie mir als Schreiberling.

Und nein, es nervt nicht, für jede Party eine eigene Veranstaltung anzulegen. Im Gegenteil: Es macht nicht besonders viel Spaß, auf der Facebook-Seite nach dem eventuell mal geposteten Monatsflyer zu suchen, auch „Party XY im Mai“ als eine Veranstaltung macht nicht übermäßig viel Sinn.

Aber ich will nicht meckern – es gibt viele positive Beispiele, Veranstalter, die sich Mühe geben, oder die sich einen Pressearbeiter leisten, der allzu ausufernde Bios auf einen knappen Infotext verdichtet.

Und damit wieder zurück zum Ausgangsthema: Warum schreibe ich meistens viel über den Gast-DJ und wenig bis nichts über den Resident? Das hat verschiedene Gründe: Der Resident taucht ja mindestens jede Woche irgendwo auf, d.h. ich würde jedes mal das Gleiche schreiben. Nicht besonders interessant. Da haben die Infos über den Gast natürlich mehr Infogehalt.

Dann gibt es über Resident DJs halt oft auch nix zu sagen – entweder es sind keine Infos/Bios zu finden, oder es gibt eine ellenlange Bio, deren Höhepunkt aber die Klavierstunden mit 12 sind. Alles nicht so ideal.

Aber, und das ist mir wichtig: Ich nenne immer auch die Außerdem-DJs. Weil zumindest das sind sie auf jeden Fall wert. Und ein DJ, der in Berlin ein Außerdem-DJ ist, ist hier vielleicht ein interessanter Gast-DJ. Und umgekehrt.

Abgesehen davon: Ich bin selber seit 20 Jahren ein Außerdem-DJ. Und über mich gibt es auch nicht besonders viel zu erzählen.

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36 Comments

  1. says: martin

    „schreiberling“ schreibt und sagt man nicht! 😉

    der einstieg erinnert mich gerne an meine zeit als ich fürs m1 pressegearbeitet habe. da sassen mal alle residents zusammen (2004, unten im mediencafé), es wurde viel gequatscht bzgl pr / promo und ein trio, dessen name ich nicht nennen will ;), die genau das angemerkt / angemeckert haben, dass die magazine immer total viel über den gast schreiben würden und lediglich einen kleinen winzsatz über sie. musste ich denen dann auch klar machen, dass halt etwas das material fehlt.

    p.s.: außerdem-dj for life!

  2. says: Tino

    „Abgesehen davon: Ich bin selber seit 20 Jahren ein Außerdem-DJ. Und über mich gibt es auch nicht besonders viel zu erzählen.“

    Naja, in 20 Jahren kommt sicherlich einiges zusammen!

    Edit: Übrigens, auf der mobilen seite von Kessel.tv werden die Autoren nicht mehr angezeigt bei den jeweiligen Artikeln. Absicht oder spinnt mein handy?

  3. says: martin

    kein plan ehrlich gesagt, ich guck mir den blog selten mobil 😉

    aber grad mal reingeschaut – war das nicht schon immer so? also absicht ist das nicht

    wie dem auch so: wir relaunchen ja die nächsten wochen, dann sieht das anders aus.

  4. says: Ken™

    ich glaube, daß es die außerdem-djs eigentlich nur ein wenig ärgert, daß sie meistens im text nicht mal namentlich erwähnt und bei manchem schreiberling dann noch nicht mal im line-up stehen. oder der text wird vom veranstalter schon 1:1 übernommen… und keinerlei wertschätzung bzw. werbung (von wem auch immer) für den außerdem ist dann auch irgendwie blöd!

  5. says: philthy

    ausnahmesweise was der ken sagt.
    die meisten haben ja nichts an produktionen o.ä. aufzuweisen, und die von torsten erwähnte klavierstunde mit 12 oder die ersten plattenspieler mit 16 ziehen ja keine wurst vom teller. aber name im line-up und im pressetext im nebensatz als außerdem-dj erwähnt werden sollte schon drin sein, vor allem wenn sich davor 3000 zeichen lang über den geilen mainact ergossen wird…

  6. says: Ken™

    viele andere dafür aber immer weniger! was einen zur folgenden frage kommen lässt: was ist ein gutes warm up set heutzutage überhaupt noch wert?

  7. says: Herr Cut

    Warm up will ja heuter keiner mehr so wirklich. Muss ja immer was bekanntes auf TV und Radio „zum tanzen sein“. Find ich auch schade.
    „Außerdem DJs „haben öfters schon Abende gerettet als „der Dj“ muss man mal auch sagen.

  8. says: Herr Außerdem aka A.Maier

    Ja ich war es, der das Thema ins Rollen gebracht hat und es ging nicht um die Schreiberlinge alleine, sondern vielmehr um die Entwicklung, dass meistens von den Veranstaltern selber (Weltweit und nicht nur im Kessel) nichts mehr dazu getan wird, dass Acts aufgebaut werden. Gleichzeitig beschwert man sich darüber, dass nur noch die Großen ziehen, aber so teuer sind … Aufbau ist Arbeit und ich kenne genügend große Acts, die heute noch für kleine Gagen in Läden spielen mit denen Sie sich verbunden fühlen. Warum? Weil der Laden / Event etwas dazu beigetragen hat, dass die Acts heute groß sind … my 2 cents … yours XX.

  9. says: Herr Außerdem aka A.Maier

    vom unbekannten zum bekannten aufbauen. versuchen den künstler bei der hand zu nehmen … ihn unterzubringen etc. … du weißt was ich meine … ja in stuttgart gibt es das durchaus … meine post bezog sich aber auf deutschlandweite entwicklungen und nicht auf ein paar stuttgarter events und das habe ich thorsten ja schon mitgeteilt 🙂

  10. says: Herr Cut

    Denke das hat was mit der Schnelllebigkeit und Belanglosigkeit allgemein zu tun. Die Masse macht einfach ersetzbar und warum jemanden aufbauen wenn das doch heute über diverse Portale selber macht. So finde ich das.
    Aber ganz ehrlich habe ich seit paar Jahren aufgegeben durchzublicken

  11. says: martin

    ich find, Aufbau hin oder her, Medien hin oder her, es liegt letztendlich an jedem selbst, dass er „groß / bekannt“ wird und aus der außerdem-dj-phase rauskommt. und noch mehr gehört dazu wahrscheinlich eine Portion Glück.

  12. says: Herr Cut

    Wie meinst du das Toni D. Wie sieht das aus wenn du dich aufregst. Also bei mir wirkt das immer in Gegenteil wenn ich mich aufregen.
    Danke für deine Antwort

  13. says: pepe

    wenn man für eine namhafte zeitung schreibt und seine informationen ausschließlich von facebook holt ist das halt schon traurig. dann kann mans auch lassen. telefonnummer vom außerdem-dj besorgen, anrufen – jeder hat irgendwas zu erzählen oder erwähnenswerte besonderheiten. oder die partyreihe über die man schreibt halt einfach mal besuchen. aber nun gut, jeder hat ne andere auffassung von der arbeitet, die er abliefert.

  14. says: martin

    wäre ich vorsichtig mit solchen aussagen. nur mal zu einem punkt: wir kennen doch so einige kollegen persönlich. und bei vielen locals passiert meist halt wenig, weil es letztendlich auch ein nebenjob ist. man legt halt auf am wochenende.

    und glaub mir, partyreihen haben wir schon sehr viele besucht in unserem leben und besuchen se immer noch.

    aber gut, jeder hat ne andere auffassung von voreilig daher kommentieren.

  15. says: Thorsten W.

    Yo, und ich schreib ja nicht über Terrorzellen oder Lebensmittelskandale, sondern über Partys. Und da werd ich sicher nicht jeden Außerdem-DJ anrufen ob er mir was Lustiges zu erzählen hat – da reichen die offiziellen Informationen die es gibt, und die finden sich eben meistens auf Facebook. So what.

  16. says: Herr Cut

    Glaube die meisten außerdem DJs haben halt mal gar nichts zu erzählen. Und die fünf die es haben werden es schon jedem auf die Nase binden. Sind halt „nur“ regulars.

  17. says: Setzer

    Wer kommt denn heute zur Sitzung der Anonymen-Außerdem-DJs? Hab Plätzchen gebacken. Wenn’s sein muss, machen Thorsten und ich auch ein investigatives Interview mit euch.

    „Herr Toni, darüber wird später noch zu reden sein, aber ich möchte noch einmal darauf zurückkommen: Wie war das eigentlich damals als sie zwei Lieder hintereinander gespielt haben? Was ging da in ihnen vor?“

  18. says: majde

    Ok, ich sags jetzt einfach: Vielleicht liegt das auch mitunter daran, dass sogenannte Warm Up-DJs das Ganze als Dienstleistung sehen und außer überall spielen, damit man langsam aufsteigt, nicht viel herum kommt. Man könnte natürlich noch etwas mehr machen, aber das interessiert ja eh kaum jemanden. Und viele Warm Up-DJs werden vielleicht auch aus gutem Grund nicht erwähnt, weil sie austauschbar sind und somit nicht mal selbst dafür sorgen dass sie herausstechen und erwähnt werden. Auf der anderen Seite: Jeder fängt mal klein an, und wenn du mehr kannst, dann sorg auch selbst dafür dass es die Leute mitkriegen und warte nicht darauf, dass ein Pressetext (wo auch immer) dir den entscheidenden Schub gibt.

    Aber komplett weglassen geht gar nicht. Es sei denn der Veranstalter kann es selber nicht angeben, was wiederum nicht für den Veranstalter spricht.

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