Album, where you at?

Während meine Kollegen ihre Single Hits dokumentieren, frage ich, was ist nur mit dem guten Album passiert? Nun, es ist natürlich keine neue Erkenntnis, dass in iPod-Durchzap-Zeiten dieses Format, eigentlich die Königsdisziplin, ihre Bedeutung verloren hat. Scheiß Lied, nächstes. Ein Album zu hören erfordert Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld. Drei Fremdwörter für immer mehr Menschen.

Dieser Tatsache scheinen sich die Künstler, egal aus welchem Genre und egal ob Big Seller oder beyond the mainstream, anzupassen. Denn die guten Alben musste man dieses Jahr, wie schon im letzten auch, regelrecht suchen. Das finde ich sehr schade, weil ich bin ein absoluter Album-Fan.

Würde mich z.B. jemand nach DEM Rap-Album des Jahres 2008 fragen – ich hätte keine Antwort drauf (Vielleicht The Cool Kids?). Aber auch vermeintliche wie (in der Presse) gefeierte „Großwerke“ der Marke Hercules & Love Affair konnte ich eigentlich bis auf die Singles und dem einen oder anderen Track nicht viel abgewinnen.

Und über das dritte Portishead Album, wie Neo in Matrix als heilbringende Erlösung von bösen Popmusikquälerein gefeiert, hab ich mich eigentlich nur aufgeregt – und ich hab mir wirklich Mühe gegeben einen Zugang zu finden (und werds auch nochmals versuchen). Gott sei Dank war ich noch nie im Leben suizidgefährdet. Das wäre schlimm ausgegangen, damals im April. (Auf der anderen Seite wiederum ist auf diesem Album mit „Machine Gun“ einer der fettesten Tunes des Jahres drauf. Man wird einfach nicht schlau aus unseren Künstlern in diesen Tagen…)

Lange Rede, kein Sinn, ich hab mal ein paar Alben (listenfrei) zusammengestellt, die ich dieses Jahr viel gehört habe, lass mich jederzeit eines besseren belehren und freu mich über gute Longplayer-Tipps.

Kerri Chandler – Computer Games – Deeply Rooted House

Ich habs zwar nicht richtig verstanden, aber den Linernotes nach zu urteilen hat Chandler dieses Album hauptsächlich mit alten Spielkonsolen produziert. Auf jeden Fall lief die Platte bei mir im Sommer hoch und runter.

Shlomi Aber – State Of No One – Renaissance

Im Gegensatz zu seinen sehr tooligen Maxis und DJ-Sets frönt der Israeli auf diesem Album von 2007 dem Ambient-Sound. Sehr emotional, sehr melancholisch teilweise und sehr schön.

V.A. – Grand Cru 2008 – Connaisseur Recordings

Dass ich mich mal so für eine Labelcompilation begeistern kann, hätte ich nie gedacht. Entschlackter wie deeper House-Sound, von vorne bis hinten einfach nur gute Tracks.

Kanye West – Graduation – Roc-A-Fella

Das Rap-Album des Jahres – Sposs! Nicht nur aufgrund des medialen Feuerwerks damals (Mukkibude und Tattoos vs Louis Vuitton Koffer und rosa Pola) weiß ich natürlich, dass dieses Album am 7. September 2007 erschienen ist (oder?).

Nun gut, ich habs mir bei Release zum größten Teil auf itunes gekauft, aber das ist für mich einfach kein ALBUM, und damals auch gleich auf Vinyl bestellt, weil ich die anderen beiden auch auf Vinyl hatte. Das Vinyl kam leider nie und wurde gestrichen und dann habs ich halt zur Vollständigkeit auf HipHopVinyl auf CD plus T-Shirt geordert. Immer wenn ich mal bissle HipHop nebenher hören will, leg ich eigentlich diese CD ein. Schon gutes Album.

Loco Dice – 7Dunham Place – Desolat CD

Der Dittsche und der Buttrisch gingen nach New York und kamen mit einem der besten elektronischen Alben des Jahres zurück. Allein der liebliche Opening-Track hat mich schon umgehauen.

Damien Schwartz – Partylovers – Net28

Etwas neueren Datums liefert Damien Schwartz acht ausgereifte wie filigrane Tech-House-Tracks ab, die ich immer wieder gerne auf den Plattenspieler gelegt habe.

Regis – Gymnastics – Downwards

Die Verzweiflung ging dieses Jahr soweit, dass man sich auf Ebay CDs ersteigerte, die man eigentlich schon seit über 10 Jahren als Platte hat, nur damit man sie im Büro hören kann. Dieses Album ist von 1997 und ist so abartig harter Loop-Techno mit nur leichten Rhythmus-Mutationen, dass mir der eine oder andere Kollege morgens den Vogel zeigte.

Recomposed by Carl Craig & Moritz von Oswald – Music by Maurice Ravel & Modest Mussorgsky

Wenn man CC und MvO Fan ist, musste man die natürlich dieses Jahr kaufen. Kann aber zugegebenermaßen auch anstregend sein.

Sten – The Esscence – Dial

Auch wenn es eines Tages gar keine Alben mehr geben sollte – Peter M. Kersten wird einmal im Jahr ein gutes machen. Entweder als Sten oder Lawrence.

Deepchord presents Echospace – The Coldest Season

Ebenfalls ein Werk von 2007. Ich liebe Dubtechno über alles und dies war meine „Meditier-CD“. Immer wenn daheim mal bissle gedöst hab, lief die im Hintergrund.

The Cool Kids – The Bake Sale – XXL

Vom Blog in den Block und in die Plattenladen. Ich nenns mal eine Musiker-2.0-Karriere. Um einiges besser und frischer als so vieles anderes dieses Jahr.

Peter Fox – Stadtaffe

Ja, gut, die muss auch noch mit. Dass ich mich mal für ein Werk aus dem Seeed-Umfeld begeistern kann, ist eine der positiven Überraschungen des Jahres. Der Peter hat angeblich Haus und Hof verhökert oder verhypothekt, um sich ein Orchester rauszulassen. Hoffentlich hat er genügend davon verkauft. Ich wünsche es ihm sehr.

Weitere okaye Longplayer: Cadence Weapon – Afterparty Babies, Mike Shannon – Memory Tree, V.A. – Drumpoets 1, Dinky – May be later, Dave Aju – Open Wide, die neuen von Nas, Game & The Roots.

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8 Comments

  1. says: flo

    Q-Tip find ich klasse. Das war bei mir in den letzen zwei Montaten auf High-Rotation. Sten & MvO/CC haben mir auch gut gefallen. Kerri hat mich persönlich voll enttäuscht..

    Hier mal ein paar Alben, die ich dieses Jahr in meine Jahrescharts stand und zum checken herzlichst weiterempfehlen kann:

    Beck – Modern Guilt
    Flying Lotus – Los Angeles
    Scuba – A Mutional Antipathy
    Low Motion Disco – S/T
    Woolfy vs. Projections Return Of The Starlight
    James Pants – Welcome

  2. says: Der Nachbar

    Ich möchte Eli Paperboy Reed & The True Loves – Roll with you empfehlen. Retro Soul. Gute Songs. Guter Performer. Hier n Link zu nem kompletten Live Concert von dem Mann (und zu einigen weiteren guten Acts) . Gut:

    „http://www.fabchannel.com/de/eli_paperboy_reed_and_the_true_loves_konzert/2008-07-16“

  3. says: jayishot

    Ok hier mal n paar LP Tipps^^:

    – Metallica – Death Magnetic
    Hier profitieren die Jungs wirklich von den Ideen
    und den Anregungen von Rick Rubin!
    Aufjeden was für alle die mal gern etwas rocken 😉

    – Linkin Park – Minutes to Midnight
    Auch ein ziemlich umstrittenes Album jedoch
    hat auch hier Rick Rubin der Band verholfen den
    nächsten Schritt zu machen was sie von all den
    anderen Nu Metal (aaah das ist ja wieder das Wörtchen „Nu“, nurave!!)
    unterscheidet und sie jetzt eher ins „ernste“ rock business bringt

    – Frank Sinatra – Nothing But The Best
    Alle Hits von Sinatra (und damit wirklich alle, ehrlich^^) auf
    einem Album. Einfach Super zum anhören

    – Mr. Scruff – Ninja Tuna
    Nu Jazz par excellence! Einfach ein tolles Album!
    Bis auf ein zwei tracks einfach nur grandios.

    – Mr. Oizo – LAMBS ANGER
    Oizo ist jetzt tanzbar! Ohne scheiß!!
    Er macht da weiter wo er mit „Patrick 122“ aufgehört hat.
    Aufjedenfall ein reinhören wert

    – Justice – A Cross The Universe
    Die Live Aufnahmen sind hier zweitrangig.
    Was wirklich der Hammer ist ist das 1h Video
    von ihrer Tour quer durch die USA.
    Teilweise etwas gestellt wirkend dafür aber ab und
    zu auch zum staunen und mitfeiern.

    – SebastiAn – Remixes
    E-House x Grindcore x Metal x French Pop = SebastiAn’s Sound
    Hier sind alle Remixe (mit 2 ausnahmen) von ihm drauf
    die alle abgehen. Richtig schön auf die 12

    – Totally Michael – Totally Michael
    American Punk Rock x Electropop (ich liebes dieses „x“)
    Ein echt tolles Album, vorallem der Hit „Winona“
    ist ein ziemlicher Ohrwurm allerdings ist seine Stimme
    nicht jedermanns sache

    – Willie Nelson & Wynton Marsalis – Two Men with the Blues
    Ein so echtes Album hab ich noch nie gehört.
    Die zwei Witzeln, spielen Blues/Jazz/Country und es ist
    einfach gute Stimmung. Vorallem die re-interpretation von
    „Georgia on my mind“ ist toll

    – Ed Banger Records Crüe – Ed Rec Vol III
    Meiner Meinung nach ihr bester Sampler!
    Starke teile drauf^^

  4. says: Le Mischi

    Also, ich finde, dass es dieses Jahr wahnsinnnig viele richtig gute HipHop-Alben gab. Ich hab nix so oft am Stück gedudelt we Uncut Raw´s „First Toke“ – HipHop vom allerallerfeinsten für Leute, die Madvillain und Co feiern. Dann noch Termanology „Politics As Usual“, Flying Lotus, Madlib „WLIB AM: King of the Wigflip“, das GZA-Album…. Da ging schon einiges. Und yep, Mr. Oizo und Peter Fuchs waren auch echt gut.

  5. says: MartinW

    Q-Tip Album find ich auch absolut Super. Hab überhaupt nicht zu viel erwartet…vorallem wenn man das nichtveröffentlichte geplante Vorgängeralbum kennt als er wohl eine Selbstfindungsphase hatte und nicht so recht wusste was für einen Sound er eigentlich machen will, ob er nicht lieber Singen will und viel zu experimentel unterwegs war.

    Ein Bomben-Album kann ich noch von Cool Million empfehlen.
    Cool Million – Going Out Tonight (Expansion Records)
    http://www.myspace.com/coolmillionproductions
    Dazu muss man allerdings ein Liebhaber von 80’s Discofunk sein. Deutsch-Schwedisches Producerteam machen mit einer Reihe toller Gastsänger/innen das beste 80’s Boogie Album seit den 80ern.

    Und wenn wir schon beim Thema Disco sind:
    Ashford & Simpson – The Warner Brother Years: Hits, Remixes & Rarities (Rhino Entertainment/Warner Brothers)
    Das wohl größte Songwriter-Paar der Disco/Soul Geschichte. Eine CD Voll mit Raren 12″ Version und CD 2 mit liebevollen und wirklich guten Remixen. Sehr zu Empfehlen.

    Auch gute Compilations von Strut :
    Funky Nassau – The Compass Point Story 1980-1986
    und
    Disco Italia – Essential Italo Disco Classics 1977-1985

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