Unsere Leser und wir: Toni Disco

Der „Italoschwabe“ war auf einmal da, hat fröhlich mitkommentiert, dann hab ich ihn an diversen Orten nächtens kennengelernt und festgestellt, dass wir zwar Namensvettern sind, aber trotzdem nicht mit mir Anstossen will. Warum nicht und warum er sich wiederum öfters mal bei DJ-Kollegen Böhse Onkelz wünscht und vieles mehr zu seiner Person erzählt heute Tonidisco.

Wer ist Toni Disco und was macht Toni Disco?

Toni Disco wurde 1982 im Stuttgarter Westen gedropt und hat im stumpfen Stadtteil Neugereut das Kleingaunern und alle gängigen ausländischen Schimpfwörter erlernt. Über Umwege am Marienplatz und Marienstraße hat es mich dann doch wieder in den Westen verschlagen. Und ich fühle mich hier sauwohl und habe alles was ich brache: Die Görls, die mich zum Laufen ausführen, samstags den Markt am Bismarckplatz und wenns mir danach ist, gehe ich ins Wah Wah West (www.wahwahwest.de) und haue dort die Drums zusammen!

Unter der Woche schule ich derzeit zum Groß- und Außendealer um und verkaufe mit großer Begeisterung im Hallschlag Schrauben und Werkzeuge unter dem großen roten „W“. Wochenends sieht man mich des öfteren in irgendwelchen Schuppen zum Schallplatten spielen. Der rote Faden ist 60s/70s soullastig. Aber erfahrungsgemäß verfahre ich in der Regel wie Toyota: Nichts ist unmöglic.

Und wenn ich mal nicht auflege, was allerdings grade nicht oft der Fall ist, bin ich mit meinen Bro´s von der Stuttgarter Hardcore Band Empowerment (www.deutschpunk.blogspot.com) unterwegs. Ansonsten bin ich auch mal ganz froh darüber, wenn ich meine Ruhe habe, mir was leckeres kochen kann und sonntags nach dem Joggen mit ner guten Kanne Tee gemütlich Tatort glotzen.

Du bist, wie gerade schon angedeutet, ein ziemlich nachaktiver Mensch, sowohl als DJ als auch Barmann, aber trinkst keinen Alkohol, wenn ich das im willenlosen Zustand immer richtig verstanden habe. Wie hälst du das alles aus?

Ich find das ja immer wieder aufs Neue total lustig, dass mich jeder für einen Nightlifetypen hält. Bei allem Respekt den Leuten gegenüber, die ihre Brötchen in der Nachtgastro oder mit Auflegen verdienen und das mit Leidenschaft tun – ich nicht! All 4 tha Ca$h.

Ich bin Barmann geworden, weil ich plötzlich ohne Job war und mehr Zeit als Geld auf Tasche hatte. Und da ich mich eher zu den faulen Italoschwaben zähle, fand ich es um Welten angenehmer, Leuten Bier zu zapfen, mit denen ich auch privat abhänge – so wie es im Beat Club der Fall war – als nen doofen Hiwijob am Band oder so zu machen. Außerdem sind in der Disco die Frauen schöner.

Zu regelmäßigen Auflegedates bin ich über den Barjob gekommen. Ich bin ja ein kommunikativer Typ, und so hab ich ein paar Leute kennen gelernt. Ein paar Spelunkenwirte kannte ich aber auch schon davor. Aber nach wie vor fühle ich mich eher als Musikliebhaber und Plattensammler und weniger als DJ.

Außerdem bin ich in missionarischer Absicht unterwegs. Ich find den Werteverfall von Musik enorm schade. Gute Musik ist mehr als nur Speicherplatz auf dem Mac. Jeder der schonmal ne gute Doppel LP angehört hat, das Cover aufgeklappt und sich währenddessen Texte und Bilder reingehauen hat, kann das bestätigen. Deshalb freut es mich auch ungeheuer, wenn Kids, die vielleicht 10 Jahre jünger sind als ich und aus einer ganz anderen Generation, coole alte Soulscheiben feiern und mir ein positives Feedback dafür geben.

Ach ja und auch im willenlosen Zustand ist ein Schreiberling aufmerksam. Gut aufgepasst, ich trinke wirklich kein Schluck Alkohol. Aber bei denen die es mit dem Saufen im Griff haben bin ich ein absoluter Suffsupporter. Aber Alkohol und ich vertragen uns überhaupt nicht gut. Es nervt mich schon ziemlich, mich jedes Wochenende aufs Neue dafür rechtfertigen zu müssen, warum ich kein Schnaps mittrinke.

Zugegeben, Tattoo Alex ausm Mata Hari und ich sind meines Wissens (bitte berichtigt mich wenn ich mich irre) die einzigen zwei Typen die komplett clean hinterm Tresen stehen. Und erklär das mal nem Fünfpromiller im lauten Club, dass du in deiner Funktion als Bierspender Alkohol ablehnst… Ist echt lieb gemeint und mich freut das ja einerseits wirklich dolle. Aber in solchen Situationen versuche möglichst schnell viele Meter zu machen.

Und zu guter letzt zum Kern der Frage, wie ich den ganzen Nachtlebenzirkus mit nüchternem Kopf aushalte. Ganz einfach: Ich bin verrückt! Und ich betreibe während ich auflege regelmäßig Sozialstudien und werde diese irgendwann in einem dicken Wälzer veröffentlichen.

Du arbeitest im Beat! Club. Anfang Februar ist nun Schicht im Schacht. Traurig? Und wird man dich hinter einem anderen Tresen finden?

Den Beat Club werde ich auf jeden Fall vermissen. Ich habe ca. zwei Jahren für Alex „Johnny Rolex“ Spindler gearbeitet (mille grazie für alles Digger) und hab dort so manch legendäre Nacht miterleben dürfen (Guru, Kurtis Blow, Bitchnight, uvm…). In dem Laden hängt natürlich auch ein kleines bisschen Herzblut.

Am meisten vermissen werde ich die Herrenabende mit meinem sehr geschätzten Freund und Kollegen Flavio. Flavio macht ebenfalls herrliche Sozialstudien, wenn er ein paar Discoschorle (Wodka Bull) inne hat.

Hinter einen Tresen will ich nicht mehr. Das war ne schöne Erfahrung. Aber auch meine Woche hat nur 168 Stunden und ich brauch im Moment mal wieder ein bisschen Zeit für Me, Myself and I.

Böhse Onkelz oder doch lieber Rap?

Ich glaube es herrscht reichlich Klärungsbedarf! Man kann einen DJ nicht schlimmer dissen als sich bei ihm die Böhsen Onkelz zu wünschen. Das ist quasi der flotte Dreier mit deiner eigenen Mutter und Schwester! Sowas darf man nicht machen! So eine verbale Schelle kann man eigentlich niemand geben. Aber ich habe sie bekommen (nein Mann, ich habe keine Schwester)! Erst dachte ich, es sei nur Spaß. Von wegen!

Und seitdem bin ich schwer traumatisiert und wünsche mir bei namenhaften DJs wie den Ramilos, Schowi oder Frank Popp aus Berlin die ganze Nacht die Onkelz. Mal im Ernst, vielleicht wird mir oft vorgeworfen, dass ich kein Niveau habe und vielleicht ist daran auch ein Funken Wahrheit. Aber ich bin doch kein Fan der Böhsen Onkelz!

Du betreibst seit kurzem auch deinen eigenen Blog. Was geht da?

Inhaltlich geht da nicht arg viel. Es ist eher so eine Art Lebensnachweis für Kumpels, auf die ich viel gebe, die verstreut sind von Bremen bis Barcelona. Eigentlich macht man sowas via Facebook. Aber da spiele ich nicht mit.

Ich hab eigentlich nie Zeit und Bock seitenlang Gedankengut zu niederzulegen, wie ich es hier mache. Deshalb klatsche ich immer ein Foto oder ein Clip rein, kommentiere das – tutto completti!

Welchen Kessel-Beitrag würdest Du Dir in Zukunft wünschen?

Ich bin Michelle Setzers heimlicher Verehrer und liege jedesmal lachend in der U2 wenn ich von der Arbeit komme und seinen Shit lese. Leider schreibt er nicht so regelmäßig wie du oder Thorsten.

Stuttgart ist für mich….

…der Heimathafen. Ich bin gerne Stuttgarter. Ich war schon an vielen schönen Orten, an denen es sich lohnen würde einen gewissen Abschnitt meines Lebens zu verbringen. Aber hier gehöre ich her.

tonidisco.wordpress.com

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6 Comments

  1. says: Thorsten W.

    Hey, sehr sympathischer Kollege. Und noch einer, der ohne Alkohol durch die Nacht kommt – ich steh zwar nicht nüchtern hinterm Tresen, aber hinterm DJ-Pult, also gehöre ich auch irgendwie dazu. Und ich kenn das, sich immer dafür rechtfertigen zu müssen 🙂

  2. says: saarländer

    Sehr sympahtisch, dass es sich noch eher als Plattensammler, denn als DJ versteht. Und auf dem Bild obern sieht er irgendwie freundlicher aus. Dann mal viel Glück beim weiteren Lebensweg.

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