Stuttgarter Legenden: Detektei Eitel an der Paulinenbrücke

detektei_eitel
(Dieses etwas dunkle Bild ist mit einer Samsung Cam entstanden, die natürlich nicht so gut ist wie die iPhone Kamera.) 

Am vergangenen Samstag Action-Fun-Urlaub pur, gebucht bei Jochen Schweizer, erst im Suppa Store halbsemi mitnerden und dann halblegal über die Paulinenbrücke zum Österreichischen Platz wandern, haben wir uns gegenseitig zu Weihnachten geschenkt, Paketpreis 99 Euro.

Zugpferd Thorsten geht voraus. Erste heikle Situation die Überquerung Ecke Marien, Paulinenbrücke, dank Gerber Schippenshoppenhierwächstdingszusammenabdeckplane sieht man kaum die entgegenkommenden bzw. abbiegenden Autos. Mutig spring Thorsten voraus, ich angeseilt hinterher.

Es folgt ein schmaler Pfad, wir laufen in Polonaise-Formation: Links von dir der Abgrund Gerber-Fundament und Tübingerstraße, rechts die ungehemmt vorbei rasenden Autos. „Das wird der erster Programmpunkt bei Geigers nächsten Geburtstag“ rufe ich dem Expeditionsleiter zu. Und schiebe alte, sinnlose Bau-Weisheiten hinter her: „Ist das Fundament erst mal fertig, geht der Rest ganz schnell.“

Nach circa 200 Metern haben wir eine Spur für uns. Die Situation beruhigt sich, man ist außer Lebensgefahr, aufatmen. „Geile Oldschool-Läden da unten“, meint Thorsten und zeigt auf den Dolly Buster und daneben auf den Friseurladen namens „Mode Coiffeur“. Der macht zu, nach 354 Jahren oder so, Geschäftsaufgabe, weiß ich wiederum zu berichten, neulich erst am Zettel hängen geblieben. Gabs wohl echt 88 Jahre lang und 57 davon in der Paulinenstraße.

Und dann kommt sie. Detektei Eitel. Stuttgart Kult pur. Sagst du Detektei Eitel, weiß jeder um was es geht. Man lacht. Ohne Häme. Man lacht einfach. Dieses dauerdefekte Schild in Kombination mit dieser düsteren Fassade ist ein Running Gag.

Vielleicht lacht man auch, weil das alles zum vermeintlich klassischen Image einer Detektei passt. Bei „Detektiv“ oder „Detektei“ startet sofort das Kopfkino, genährt von Literatur und TV. Für Außenstehende eine vermeintlich dubiose Branche, vielleicht etwas halbseiden, vielleicht auch mitunter halblegal? So wie wir auf der Paulinenbrücke. Haben jemals alle Buchstaben geleuchtet? Ich kann mich in Tausenden von Autofahrten über die Paulinenbrücke nicht daran erinnern.

Und jetzt sind alle Buchstaben erloschen. Hat der Spionagedienst vielleicht aufgehört? Lief das Geschäft nicht mehr? Oder ist Rainer Eitel, der Betreiber, erfährt man auf der Homepage, in Rente gegangen?

Also hab ich angerufen. Ich will endlich wissen, ob es den Laden überhaupt gibt oder die letzten Jahre nur noch das Leuchtschild bis zum endgültigen Exodus vor sich hin vegetiert hat. Es klingelt länger, bis ein freundlicher Herr abnimmt.

„Ja, Eitel!“
„Ja grüß Gott, ich wollte nur fragen, ob es ihre Detektei noch gibt?“
„Ja gibt es!“
„Ihr Schild leuchtet aber gar nicht mehr.“
„Ja, das ist defekt.“
„Ah ha, ehrlich, gut, vielen Dank, ich komm auf Sie zurück!“
„Ja gerne!“

Noch Hoffnung auf einen Auftrag gemacht. Irgendwie muss man ja so ein seltsamen Gespräch beenden. Und wie wars heute im Büro? Du, da hat ein Typ angerufen und gemeint, das Schild leuchtet nicht mehr.

Brauch ich nur noch eine Idee für einen Job. Vielleicht DJ Emilios Set ausspionieren? Easy, Rainer hinschicken und der soll den ganzen Abend lang Shazam hinhalten. Mal gucken, ab wie viel Uhr sich Nachbar wundert.

Oder, auf frischer Tat ertappt: Geiger heimlich auf Reggae-Partys.

Skandal: Setzer ist Hoffenheim-Fan!

Heimliche Liebschaften: Thorsten hat eine Affäre mit Cro.

Arglistige Lesertäuschung: Jana ist in Lohr gemeldet und fährt mit einem Dreibuchstaben-Kennzeichen.

Gibt also doch einiges, was man noch rausfinden könnte. Die Detektei Eitel ist scheinbar eine echte Vollmilchsau unter den Detekteien, suggeriert die Selbstbeschreibung auf der Homepage. Vielleicht ist das einfach auch nur internationaler Detekteien-Standard. 

„Detektei Eitel ist ein Dienstleistungsunternehmen, das sich mit der Beweismittelbeschaffung bei unklaren Sachverhalten und Tatbeständen befasst. Neben der klassischen Ermittlungstätigkeit aller Art liegt unser Schwerpunkt bei der Aufklärung im zivil- und strafrechtlichen Bereich.

Als Dienstleister sind wir der fachlich Komponente Partner für die gewerbliche Wirtschaft, Industrieunternehmen, Versicherungen, sowie auch für Privatpersonen. Wir sorgen für stichhaltige, gerichtsverwertbare Beweise. Einsatz der zur Zeit neuesten Technik zur Beweisdokumentation.

Technischer Einsatz von verdeckter Videotechnik zur Aufklärung bei Diebstahl, Betrug, Unterschlagung etc.

Unser Klientel profitiert aus unserer jahrzehntelangen Berufserfahrung im Detektiv- und Sicherheitswesen. Dieses Know-how gewährt individuelle Lösungsmöglichkeiten Ihres Problems, sodass eine professionelle Auftragserledigung gewährleistet ist. Bundes- und Europaweit tätig.“

Auch gut, die Detektei hat einen eigenen Shop „Eitel Sicherheits- und  Videotechnik.“  Gibt´s unter anderem eine Kugelschreiber-Kamera mit integriertem Digitalrekorder für 149 Euro Brutto oder ne Cam in der Brille für 339 Euro.

Da will man doch Detektiv werden, wie früher,  weil man zum einen die YPS-Detektiv-Serie ziemlich gefeiert hat und zum anderen weil Detektiv, zumindest in der Phantasie, ein spannender und abwechslungsreicher Job ist, bei dem man auch mit vielen Menschen zu tun hat, würde Bogy sagen. Remember Bogy?

Ich guck, ob ich noch was von dem YPS-Zeug habe und bewerbe mich ich dann beim Rainer für ein Praktikum. Lange lebe die Detektei Eitel und vielleicht leuchtet eines Tages auch wieder das Schild.

P.S.: Nicht Yps, aber Witter 2022 mit drei ???

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13 Comments

  1. says: 0711er

    Yea, die Detektei hat mich schon als acht Jähriger total fasziniert. Schon damals war diese Mischung aus Noir, dunkelsten Geheimnissen, rasanten Frauen und großen Abenteuern für mich spürbar. Ich glaube mein erster Berufswunsch war es auch bei der Detektei Eitel einzusteigen. Naja, ich glaube dafür ist es nie zu spät, vielleicht rufe ich nachher auch mal an;)

  2. says: Marcus K.

    Die Leuchtschrift sollte man sich auf jeden Fall schon mal reservieren für „The next big Club-Thing“ à la Wurst und Fleisch 😉

  3. Dieser Eindruck von Bogey, Noir und „Tote tragen keine Karos“ wird auch durch die Besichtigung der Räumlichkeiten nicht gemildert. Mach doch einfach mal einen Termin zur Beratung aus 😉
    Bei mir auf dem Blog im April 2011 gab’s zu diesem Thema auch 2 Beiträge …

  4. hahaha, wie Klasse, die Detektei Eitel, wie cool. Die Jungs von denen haben für die Ladenkette, bei der ich arbeite, einen hammerguten Job abgeliefert – die haben doch jeden Ladendieb geschnappt – aber irgendwie waren die mir auch immer etwas unheimlich. Und die Paulinenstr. ist def Kult.

  5. says: Lisa

    Wie arbeitet eine Detektei denn heutzutage? Man kennt Detektive oft nur noch aus Geschichten. Da kann man schnell vergessen, dass es Detektive wirklich noch gibt.

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