Je suis Charlie Banner am Stuttgarter Rathaus

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(Foto Stadt Stuttgart / Martin Lorenz)

Pressemitteilung Stadt Stuttgart, Eingang 16:23 Uhr 

Schwarzes Banner mit „Je suis Charlie“ am Stuttgarter Rathaus

Zum Gedenken an die Opfer des Anschlags auf die französische Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris ist am Donnerstag, 8. Januar, am Rathaus der Landeshauptstadt Stuttgart ein schwarzes Banner (3,10 x 5,50 m) aufgehängt worden, das den Schriftzug: „Je suis Charlie“ aufgreift.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn erklärte dazu: „Wir wollen Solidarität bekunden mit Frankreich und mit unseren französischen Freunden, insbesondere auch in unserer Partnerstadt Straßburg. Und es ist ein Bekenntnis zu den Grundrechten, zu denen ganz wesentlich die Freiheit der Presse gehört.“

Kuhn hatte in einem Kondolenzschreiben an den französischen Generalkonsul geschrieben: „Stuttgarts Bürgerinnen und Bürger fühlen mit den Menschen in Paris und ganz Frankreich, wir sind vereint in Schmerz und Trauer über die feige Ermordung mutiger Journalisten und Karikaturisten, die die Freiheit des Wortes mit Stift und Feder in unser aller Namen vertreten haben. Die Freiheit von Meinung und Presse gehört zu den Fundamenten einer offenen und demokratischen Gesellschaft. Diese zu bewahren, halte ich für die vornehmlichste Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft. Dafür setze ich mich als Oberbürgermeister ein.“

Der Oberbürgermeister will sich am Abend im französischen Generalkonsulat in das aus Anlass des Anschlags von Paris aufgelegte Kondolenzbuch eintragen.

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8 Comments

  1. says: Ralle

    Es scheint mir so, als ob wir in einer Welt leben, in der nichts unkommentiert bleiben kann. Deswegen gibt’s jetzt auf die Schnelle meine 5 Cent zum Thema: Nen »Je suis Charlie«-Banner am Stuttgarter Rathaus – Solidarität zeigen und so: Bullshit in meinen Augen. Natürlich schlimm und menschenverachtend was da in Paris passiert ist, aber in zwei Wochen weiß kein Mensch mehr wer dieser Charlie ist, weil dann nämlich wieder jeder in seinen geregelten Alltag flüchtet. Meiner Meinung nach sollte man medial gesehen solchen Geschehnissen eher keine Beachtung schenken, um terroristische Bewegungen gleich zu Beginn im Keim zu ersticken. Revolution auf dem Smartphone gibt’s dann wieder bei den nächsten 140 Zeichen. Übrig bleibt nen »hippes« Shirt mit ner Typo drauf. Kann man tragen: Terror als Fashion-Statement. Wohoo!

    Off-Topic:
    Hab mit Rap nur noch wenig am Hut, aber das neue Run the Jewels ist echt gut.

  2. says: jonas

    Ich seh das ähnlich wie Ralle…

    Da werden in Mexiko 43 Studenten auf Geheiß des Bürgermeisters von der Stadtratmafia zusammengeschossen, eingekocht und kriegen die Gesichter abgeschnitten, weil sie bei den studentischen Fördermitteln etwas nachhelfen und das Echo in Europa ist relativ schwach. Auf der Suche nach den Überresten tauchen weitere Massengräber auf, aber Mexiko ist ja weit weg und so ist das da halt….einfach keinen Urlaub dort machen. Nachos im Kino schmecken trotzdem.

    Aber mit CharlieHebdo trifft es Redakteure und die wissen sich in ihrer asymmetrischen Angst nicht anders zu helfen, als gleich ihre narzisstische Verwundbarkeit zu branden. Wie Lehrer, die landesweit schwitzend in die Klassen gehen, weil ein Spinner am Vortag durchgedreht ist. Natürlich ist die Tat grausam und verwerflich, aber dieses #jesuischarlie Marketing stellt dem Medienzirkus eine peinliche Note aus….

  3. says: giano

    Nachos im Kino schmecken trotzdem…asymmetrische Angst….narzisstische Verwundbarkeit zu branden…
    ich würd dich ja gerne mal im echten leben sehen, einfach nur um zu wissen, wer sowas schreibt

  4. says: Daniela

    Das is doch ein alter Hut, dass man Dinge, die weiter weg sind weniger betroffen wahrnimmt, als ähnliche Ereignisse in der näheren Umgebung.
    Paris ist nur drei Stunden mit dem Zug entfernt, da wohnen und arbeiten Freunde, Familie und letztes Jahr war man ja zuletzt für ein schönes Wochenende in der Stadt der Liebe…
    Das ist doch genauso wie die Albernheit, Selbstmordanschläge dann besonders schlimm zu finden, wenn deutsche Opfer darunter sind, und überhaupt all das, was medial ganz gezielt aufgebauscht wird (siehe Ebolaepidemie und man vergleiche mit den Menschen, die immer noch jährlich an Malaria sterben…).
    Ich vermisse ja auch generell die Panik wegen dieser Killermaschine Alkohol, wegen der jährlich ca. 2,5 Millionen Menschen sterben.

    Wenn die Reaktionen weiterhin in der Masse so reflektiert und ruhig sind, dann könnte dieser einfache Satz vielleicht eine Debatte anregen, die zur Folge hat, dass man sich in der Breite etwas klarer darüber wird, was es heißt, in Angst zu leben, verfolgt zu werden und die Chance auf ein besseres Leben wahrnehmen zu wollen.
    Aber auch, dass jeder von uns dazu beitragen kann, dass solche Zustände bei uns eben nicht mehr eintreten (man vergisst ja sooo gerne, dass das nun auch nicht so lange her ist), dass man überlegt, wie man mit seinen Mitmenschen umgeht, den Horizont etwas weitet.

    Und das auch in der Schule. Neben der Angst bei der Vorstellung eines Amoklaufs hat das Massaker in Winnenden nämlich auch dazu angeregt zu überlegen, welcher Umgang in der Schule gepflegt werden sollte und muss, um solchen Ereignissen vorzubeugen. Wenn geschossen wird, is die Sache rum.
    Und das passiert angesichts des medialen Hypes um ISIS gerade auch in Schulen. Lehrer haben ja nicht die Möglichkeit wie der BND oder der Verfassungsschutz zu erfassen, wer auf Terroristenurlaub geht oder nicht, aber die Möglichkeit Werte und Normen zu diskutieren und genauer hinzuschauen und zu handeln, wenn sich jemand blenden lässt.

    Aber ne Minute Moralkeule schwingen ist natürlich schon gut fürs Gewissen.

  5. says: Thorsten W.

    Giano hat recht, der Jonas haut echt dicke Nägel rein. „narzisstische Verwundbarkeit“ – klar, nur weil zwei Typen mit Maschinengewehren und einem Raketenwerfer (!) in eine Redaktion rennen und 12 Leute abschlachten muss man sich ja nicht gleich so aufregen.

  6. says: jonas

    Natürlich muss man sich aufregen, Thorsten W.

    Und natürlich ist es Wahnsinn und verwerflich und eine Reaktion, die über Empörung hinausgeht, gerechtfertigt. Ich begrüße es auch, dass das Stuttgarter Rathaus derart deutlich „Flagge“ zeigt, nur die Frage ist, wo zieht man die Grenze. Wenn in einem Monat ein zweiter Breivik in Skandinavien durchdreht, wird man keinen solidarischen #hashtag an der Rathausfassade finden. Der Effekt wäre traurigerweise auch relativ schnell abgenutzt, wenn die Front zur zeitaktuellen Mahnwand würde. Der Spiegel titelt nächste Woche „Angriff auf die Freiheit“. Als jene Studenten in Mexiko teils auf öffentlicher Straße von Polizisten (!) hingerichtet wurden, titelte der Spiegel nicht „Angriff auf die Bildung/Zukunft“. bild.de schreibt heute, dass der Westen sich im Krieg befindet. Jede Zeitung, jeder Fernsehsender, jeder Webseitenheader im Westen trägt den Charlie-Trauerflor. Man könnte meinen, wir haben einen weiteren 11. September, nur mit weniger tatsächlichem Staub in der Luft. Kommt das keinem komisch vor?

    setzer hat Recht: Menschenleben lassen sich nicht abwiegen, insbesondere keine Opfer von Hassverbrechen, aber eben genau DAS tut die westliche Presse mit ihrem aus der Reihe fallenden Donner-Echo. Die Masse an Tweets und News-Artikeln zu CharlieHebdo ist jetzt schon größer als bei Sandy Hook nach über einer Woche. Schaut euch die Google Trends Daten an. Nur fährt einem Sandy Hook nicht so unter die Haut, weil der Täter einen Dachschaden hatte. Wie will man das schon kontrollieren? Man kann ja nicht allen Ritalin geben. Die Attentäter von Paris gestern waren im Gegensatz dazu gewissermaßen klinisch gesund und damit wesentlich gefährlicher. Deswegen ist der #aufschrei größer. Und die Opfer waren eben Journalisten. Ich weiss, dass es nur ein menschlicher Reflex ist und sich jeder schreibende Redakteur unfreiwillig heftiger äußert, weil er sich ganz anders betroffen fühlt, aber nichtsdestotrotz verzerrt das die Wahrnehmung der Menschen und damit die Wirklichkeit. Gibt es #jesuischarlie Demos, weil die Tat die schlimmste des letzten Jahrzehnts war oder weil das Medienecho das größte des letzten Jahrzehnts war? Das mag bitter aufstoßen und unmoralisch klingen, trotzdem bleibe ich bei dieser Meinung.

    Und giano: du kannst mich am Wochenende auf dem Schlossplatz treffen. Ich werde ein schwarzes #jesuischarlie T-Shirt tragen und gegen Leute demonstrieren, die glauben, sie können sich ein Werturteil über eine andere Person bilden, indem sie etwas von ihnen gelesen haben und sie dann „im echten Leben ansehen“. Exakt das haben nämlich auch die Attentäter gestern gemacht.

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