Finanzamt Stuttgart III

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Bild: Google Maps

Letzte Woche hab ich einen Brief vom Finanzamt bekommen. Ich solle doch meine Einkommenssteuererklärung 2007 abgeben. Das hat mich etwas gewundert, weil die hatte ich fristgerecht Ende März in den Autobriefkasten direkt am Rotebühlplatz (Foto) eingeworfen. Also habe ich gedacht, komm, rufst halt mal beim Finanzamt an. Auf dem Brief war nämlich praktischerweise gleich eine Telefonnummer mit Durchwahl.

Also am Montag angerufen, und, zu meiner Überraschung, da ging wirklich einer dran. „Müller.“* Ich mein, da wird schon nach dem ersten Wort der Unterschied von einer Behörde zu einer Firma bzw. einem Dienstleistungsunternehmen deutlich. Ich habe ja keine Standard-Hotline-Begrüßung wie „Finanzamt Stuttgart III, mein Name ist Müller, schönen guten Tag, was kann ich für Sie tun?“ erwartet. Aber wenigstens ein „Finanzamt, Müller“ oder so. Aber ich glaube die denken einfach in Beamten-Logik: Wenn einer meine Nummer anruft, dann weiß er, wo er rauskommt, sonst würde er sie ja nicht wählen.

Auf jeden Fall war der Herr Müller zu meiner noch größeren Überraschung sehr freundlich und zuvorkommend, er war auch sehr bestürzt, dass meine Einkommenssteuererklärung wohl nicht angekommen ist und hat mich gleich weiterverbunden. Aber nicht zu Frau Maier oder Herrn Weber. „Ich stell Sie mal zur 4398.“*

Die 4398 (sie hat sich auch mit Namen gemeldet, den hab ich aber vergessen) war auch sehr zuvorkommend und sehr bestürzt, dass meine Einkommenssteuererklärung wohl nicht angekommen ist. Sie musste aber auch eingestehen, dass sie im Finanzamt gerade „offline“ wären und sie leider nicht nachschauen könne. Ich solle einfach am nächsten Tag noch mal anrufen.

Da fühlte ich mich wirklich gut beraten und weitergeholfen. Noch. Weil am Dienstag hab ich dann noch mal die Nummer von Herrn Müller gewählt, weil die 4398 hatte ich mir leider nicht gemerkt. Der Herr Müller ging aber nicht an sein Telefon, nach 10 mal klingeln gab ich auf. Klar, vielleicht war er gerade aufm Klo ode sich nen Kaffee holen oder im Hall Eleven nen Sweater checken, ist ja nicht weit weg. Ich hab dann an dem Tag noch sieben mal versucht, den Herrn Müller zu erreichen, was aber leider nicht geklappt hat.

Und da zeigt sich der zweite Unterschied zu einer Firma bzw. einem Dienstleistungsunternehmen. Wenn da einer nicht da ist, um sein Telefon abzuheben, dann geht halt keiner dran. Da nimmt nicht der Büronachbar ab, da wird nicht auf die Zentrale umgestellt oder automatisch weitergeleitet – da geht halt keiner dran.

Dann hab ich gedacht, komm, wir haben 2009, da ist doch sogar das Finanzamt per Email erreichbar. Oder? Also www.finanzamt-stuttgart.de gecheckt (echt Oldschool), Kontakte, und da ahnte ich schon Böses. „Bitte beachten Sie dazu die „Hinweise der Steuerverwaltung zur Kommunikation per E-Mail“.“ Die wollte ich mir natürlich nicht entgehen lassen, hier die wichtigsten Auszüge:

– Ihre E-Mail kann nur bearbeitet werden, wenn Sie Ihren Namen und Ihre Anschrift vollständig angegeben haben! Die zusätzliche Angabe der Telefonnummer – ggf. auch der Faxnummer – erleichtert dem Finanzamt die Beantwortung Ihrer E-Mail-Anfrage.
Faxnummer? Die wollen mir auf ne Email per Fax antworten?

– Anlagen Ihres E-Mails können gelesen werden, sofern sie mit den in der Landesverwaltung eingesetzten Microsoft® Office-Anwendungen MS Word™ und MS Excel™ kompatibel sind.
Gut, dass die jetzt nicht Open Office einsetzen war mir schon klar.

– Die Lesbarkeit von Dateien im Format PDF und HTM(L) bzw. JPG ist sichergestellt.
Ja, da geh ich jetzt mal von aus… wobei…

– Ihre E-Mail geht beim Finanzamt in einer zentralen Mail-Posteingangsstelle ein und wird von dort weiterverteilt. Der zuständige Bearbeiter erhält Ihr E-Mail gegenwärtig wie eine Postkarte in der Briefpost.
Sowas hatte ich mir gedacht. Da bekommt jemand alle Emails, druckt sie aus und verteilt sie mit der Hauspost. Willkommen im Jahr 1991.

– Das Finanzamt ist aus Gründen der Gleichbehandlung jedoch gehalten, eingehende E-Mails grundsätzlich wie normale Briefpost zu behandeln. Sie können also durch die Kommunikation per E-Mail keine wesentlich beschleunigte Erledigung Ihres Anliegens erwarten.
Ja gut, dann bringt das ja echt was.

Also hab ich mir das erst mal gespart und, schlau wie ich bin, am Mittwoch, nach einem letzten vergeblichen Versuch unter der Nummer von Herrn Müller, einfach in der Zentrale vom Finanzamt angerufen. Und ich hab mir vorher gedacht – hey, das ist die Zentrale von einer wirklich großen Behörde (siehe Foto), da sitzen bestimmt sieben Mädels in adretten Blusen mit Headsets und einer mehrwöchigen Serviceschulung. Aber… „Zentrale Rotebühlplatz.“ Klar, ich Depp – wieso soll er mir sagen, dass ich beim Finanzamt anrufe – das weiß ich doch selber.

Der Herr in der Zentrale (er hat mir seinen Namen leider nicht verraten) hatte glaube ich keine Serviceschulung, weil besonders freundlich war er nicht. Aber immerhin konnte er mir weiterhelfen – passend zu meiner Steuernummer hat er mir nicht weniger als vier Durchwahlen von zuständigen Mitarbeitern genannt. Und wie’s weitergeht kann man sich ja denken…

Bei der ersten Nummer geht keiner ran, bei der zweiten Nummer geht keiner ran, bei der dritten Nummer geht keiner ran. Bei der vierten Nummer dann ein kleines Wunder. Eine Frau geht ran und meldet sich mit „Finanzamt III Frau Müller*, guten Tag“. Mann, hab ich mich gefreut. Sie war auch wiederum sehr freundlich und hilfsbereit und gar nicht bestürzt, dass meine Einkommenssteuererklärung wohl nicht angekommen ist. Sie klang eher, als ob das öfter vorkommt.

„Ah ja, da guck ich mal nach ob sich da was überschnitten hat.“ Kurzes Rollen mit dem Bürostuhl (der dritte Unterschied zu einer Firma bzw. einem Dienstleistungsunternehmen – der Computer steht woanders als das Telefon. Was hat schon das eine mit dem anderen zu tun, im Finanzamt?). Kurzes Rollen zurück mit dem Bürostuhl. „Ah ja, ich hab da nen Eingang am 30.03.“ Erleichterung meinerseits: „Also hat sich das damit erledigt?“ – „Ja, natürlich.“ Danke, liebes Finanzamt.

*Namen und Nummern von der Redaktion geändert

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14 Comments

  1. says: Ken

    als ich kräftig steuern nachzahlen sollte wars allerdings ganz anders:
    da bekommst du sogar die möglichkeit einer persönlichen audienz direkt nach dem telefongespräch! denn wenn die damen und herren vom finanzamt extra-kohle haben möchten gibts full-service!

  2. says: Seb Rock

    …und zwar so schnell – das glaubt man nicht. Man kommt sich vor, als ob jemand die Welt auf Fast Forward gestellt hat.

    Auch toll ist das Gefühl, dass man gleich das Gefühl vermittelt bekommt, als ob man kleine Kinder frisst. Ist schon ne wilde Nummer mit den Ämtern.

    Anderes Beispiel: Letzte Woche hab ich mein neues Auto zugelassen. In der Zulassungsstelle war die Hölle los (erst dachte ich, es gibt was umsonst so in der Kategorie Champus und Lachshäppchen). Und was machen die Herren und Damen? Gaaaanz locker ihren Job. Von 6 möglichen Schaltern waren doch tatsächlich 2 (ZWEI !!!) besetzt. Gut – zugegeben: Eigentlich waren es drei, aber die Tante ist mehr zwischen Toilette, irgendwelchen Schränken und den Kollegenschaltern rumgeturnt, als ihren Schalter zu betreuen. Und das Krasse an der Nummer: Zwei davon waren höchstens Mitte 20 !!!
    Da kann man doch voraussetzen, dass die nachollziehen können, dass es mir als junger, dynamischer Mensch bei zwei Stunden Wartezeit nicht besonders wohl ist…

    Merke: Viel Zeit beim Auto zulassen einplanen, direkt um 7 Uhr hingehen oder am allerbesten: Die ganze Kiste vom Autohändler erledigen lassen (Aber ich wollte es ja unbedingt selbermachen…).
    Legen wir diese Sache unter Grenzerfahrung ab. 😉

  3. says: Sebastian

    Lustige Story! Ich bin echt froh, dass ich inzwischen keine Steuererklärung mehr abgeben muss! Wahrscheinlich haben die gemerkt, dass sie mir immer bissle Geld zurück überweisen mussten & da haben sich mich von der „Last“ befreit… 😀

  4. says: julia

    auto zulassen ist echt horror. kenn das nur aus ludwigsburg, aber dort ist es genau gleich. deshalb hat das auch mein autohaus machen dürfen. mega enspannt!!

    und steuererklärung find ich dufte. schließlich gabs letzte woche nen großen batzen von 2008 zurück!! 🙂

  5. says: Björn B.

    „Gut, dass die jetzt nicht Open Office einsetzen war mir schon klar.“

    …naja, die Stadt München hat schon vor Jahren auf Linux und OpenSource-Produkte umgestellt und dami Millionen gespart. Paris ist auch gerade dabei, aber ich glaube, bis das hier ankommt, vergehen noch ein paar Vertretertermine vom Microsoft-Horschti 🙂

  6. says: Tobi Tobsen

    OMG in Feuerbach n Auto zulassen ist wirklich ne Tagesaufgabe.. War da einmal und werd es unter keinen Umständen nochmal selber machen!

    Gibt nur noch eine Zulassungsstelle die schlimmer ist – wie von Julia erzählt: Ludwigsburg! War da mal mit nem bekannten.. Junge Junge! Da muss man sogar ne Nummer ziehen und man sitzt wie ein Depp vor ner Anzeigetafel die einem nach gefühlten 48 h sagt, wo man hin muss..

  7. kleiner tipp – wenn man kein wunschkennzeichen hat/will – einfach den wagen auf dem bürgerbüro im jeweiligen stadtteil zulassen – so geschehen letzte woche – wartezeit – 10 minuten – yeah !!

  8. says: Alexander keine Lust mehr auf A.Man

    wie war der spruch:

    „nur eins ist sicher, die steuer & der tod“.

    hmmm, darf man gar nicht sagen, dass einer der besten freunde beim finanzamt arbeitet oder? hilft mir aber auch nichts und zum glück hab ich nen steuerberater, ansonsten würde ich mit der behörde durchdrehen.

    @dubculture: so haben wir es nach dem umzug ebenfalls gemacht und dadurch, dass es jetzt tausende davon gibt, sind die wartezeiten erträglich und wer immer noch stadtmitte geht, selber schuld.

  9. says: martin

    also ich weiß nicht, hatte mit auto in feuerbach noch nie probleme… hab auch ganz leicht ne grüne plakate für meinen bock bekommen, lockerer verein da draußen 😉

  10. says: Alexander keine Lust mehr auf A.Man

    @martin: stimmt. nachdem ich tatsächlich mal meinen fahrzeugschein im rocker verloren hab (wie auch immer das passiert ist 😉 2 monate später hat den alten dann der patrice gefunden.) hab ich auch nur 3min gewartet und schon war die neue pappe am start.

    beeindruckt war ich von dem zahlautomat anstatt nen kassenschalter

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