Ein viel zu langer Fledermausfilm

The hipsters are listening. Alle waren sie da, manche sogar in THX.

Das beste aller Stadtpartymagazine im Pocketformat – reflect – lud letzte Woche zur Premiere von Batman – the Dark Knight rises. „So lower your expectations“ hat ein Filmbekannter, der ihn vorab gesehen hatte, den Titel beantwortend, getwittert.

Ich ging mal mit gemischten Gefühlen und gespannter Erwartungshaltung hin. Denn eigentlich bin ich kein großer Fan von Comicverfilmungen. Mein größter gezeichneter Held ist und bleibt Donald Duck, dann kommt das Phantom, dann lange nix. Ich find auch: kennste eine Comicverfilmung, kennste alle Helden in Leggings. Ob die jetzt fliegen können oder Spinnweben werfen, ist eigentlich wurst.

Ausnahmen bestätigen aber die Superheldenregeln: Werbefilmer Kinka Usher hat mal den wirklich witzigen Antisuperheldenfilm Mystery Men gedreht. Sehr sehenswert, wie sich der Superheld Captain Amazing (Gregg Kinnear – Hammer!) dort von Pepsi Japan sponsorn lässt. Was Ben Stiller als Mister Furious, dessen einzige Superkraft ist, das er stinkesauer wird, auf die Palme bringt.

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Batman ist natürlich die Superausnahme. Allein schon der Charakter! Alle sind für Batman, niemand ist für den Superstreber Superman. Batman at its best finde ich immer noch die TV-Serie aus den 60er Jahren. Die es leider leider wegen Gerichts-Gekappel zwischen Studio, Comicverlag und TV-Sender bis heute nicht auf DVD gibt.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=FvWAWofm6k8[/youtube]

Superheldenauflauf gabs bei der Premiere schon vor dem Kino. Der exzentrische Turnschuh-Milliardär Thorsten W. ist ebenso da wie das Laufwunder White Rabbit. Supertobsen ist natürlich auch da (ist das schon ein Cape oder noch ein Fuck Yeah Stoffbeutel?). Und da hinten sehe ich ja auch Bulemie-Girl und Bauchfrei-Woman.

Zwei Dinge hätte ich mir noch gewünscht:

1. Nach den schrecklichen Vorfällen von Aurora hätte ich es schon für angebracht gehalten, wenn sich jemand vor dem Film da vorne hingestellt hätte und ein, zwei Worte gesagt hätte. So tun als sei nix und so tun als gäbe es keine Parallelen zwischen mehreren hundert Menschen, die sich in einem Kinosaal den gleichen Film ansehen, fand ich – sagen wir mal – unangemessen.

2. Einen 165 Minuten langen Überlängenfilm erst um 22.30 Uhr unter der Woche starten, ist für mich fast zu spät. Im Gegensatz zur Fledermaus brauche ich die Dunkelheit um zu poofen.

Zum Glück war der Film dank reflect-Sause for you for Ort for free. Sonst hätte man wieder Aufpreis zahlen müssen. Mich ärgert seit einigen Jahren an der Kinokasse das Wörtchen „Überlängenzuschlag“: wenn es der Regisseur nicht schafft, seinen Film in guten 90 Minuten zu erzählen, muss ich dafür bezahlen. Mit meiner Zeit und mit meinem Geld. Beides wertvoll.

Ich hätte mehr Verständnis, wenn jemand an der Kasse sagen würde, der Film ist besonders gut. Oder besonders Bond. Oder wir mussten an besonders viele Drehorte fliegen, um ihn zu machen – könnt Ihr das bitte co-finanzieren, liebes Publikum?

Fair fände ich dann auch einen Abschlag für Filme, in denen besonders viel Ben Affleck, Val Kilmer oder Matt Damon drin ist. Das Trio der Mimik-Allergiker.

Nach über 2 1/2 Stunden die Erkenntnis: The Dark Knight rises ist zu lang und zu viel. Dabei bin ich ein großer Fan von Regisseur Christopher Nolan und von Hauptdarsteller Christian Bale – und weil ich mal den Riesendusel hatte, mit Gary Oldman arbeiten zu dürfen, verbindet mich mit dem sogar fast schon eine Liebesbeziehung. Einseitig zwar, aber intensiv.

Den Vorgängerfilm The Dark Knight habe ich also an die 5 oder 6 Mal gesehen und fand ihn jedesmal noch brillanter. Angefangen vom ersten Mal im fantastischen O-Ton Kino, dem Corso in Vaihingen. Danach wollte ich ihn gleich nochmal sehen. Und nochmal. Und nochmal.

Bei The Dark Knight rises habe ich das Bedürfnis nicht. Der Nachfolger will von allem zu viel. Zu viel Kawumm, zu viele Nebengeschichten und das eine ironische Zitat pro 30 Minuten Film ist dann doch zu wenig für leichte Unterhaltung – und mehr will Batman doch hoffentlich nicht sein?

Alles ist verzweifelt, alles ist düster, alles ist apokalyptisch. Und man ist fast schon froh über die Lichtblicke, wenn Ann Hathaway als Catwoman ihren Latex-Arsch in die Kamera streckt. In diesen Momenten wünscht man sich, Nolan hätte den Film doch nicht im IMAX-Format gedreht, sondern in 3D.

Vermisst habe ich im Film vor allem einen guten Bösen. Ich verstehe schon: so wie eine Schweigeminute keines der Opfer von Colorado wieder lebendig gemacht hätte, kann der Wunsch nach einem richtigen, fiesen Bösewicht Heath Ledger nicht mehr zurück bringen. Aber in The Dark Knight rises hat man einfach nur den Rammstein-Sänger auf 8 Atü aufgeblasen und ihn Batman gegenüber gestellt.

Es gibt keine Minute, in der man auch nur einen Funken Sympathie für den Mann mit der Mad Max Zahnspange empfindet. Dass er (nur in der deutschen Synchronisation?) auch noch in der gleichen Stimmlage wie Batman bösewichtelt, finde ich einen bestimmt gewollten. aber saunervigen Audio-Lapsus.

Danke trotzdem an reflect. Und wenn das hier ein Kinobetreiber liest, noch was aus dem Meckerkasten: mir ist wieder mal aufgefallen, wie blöd Getränkehalter im Kino sind. Für den Hintersitzer heißt es, dass er sein Alkopop bequem abstellen kann.

Aber für den Vordersitzer und Sitzbesitzer bedeutet es, dass ständig jemand eine Glasflasche nestelnd neben seinem Kopf abstellt. Lasst das bitte wieder!

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21 Comments

  1. says: ian

    ich muss sagen, seit Inception sind die Nolans für mich entzaubert. Das „zuviel Wollen“ hat sich zu einem Bombast-Autismus aufgeblasen. Perfektionistisch, kalt, grundlos.

  2. says: stegoe

    Ich fand ja The Dark Knight schon zu lang. Und zu viel Moralkeule. Trotzdem vorhin Tickets geordert, OV im Metropol, das alleine muss man ja nutzen wenn es so was mal gibt…

  3. says: Joris

    Ich war auch dort.
    Der Film war wirklich nicht der Bringer. Da haben sie versucht fünf Stunden Film in zweieinhalb zu packen.
    Die Dialoge waren auch nicht so wirklich klasse.
    Schade, der zweite Batman von Nolan hat mir gefallen.

  4. says: Ken™

    leute, ihr wisst schon, das das ne comicverfilmung und kein film vom schlage eines tree of life etc. ist?
    für so einen film wurde man allerbestens unterhalten und der film war für mich trotz überlänge zu keiner zeit langweilig!

  5. says: Annette

    Ich fand ihn ja super. Über synchronsprecher kann ich nix sagen, habs in der Originalversion angeschaut und fühlte mich ausgesprochen unterhalten.
    Und hab mich gefreut, dass der kleine aus Hinterm Mond gleich links tatsächlich eine Hollywoodkarriere macht, anstatt wie viele andere Teeniestars in vergessenheit zu geraten.

  6. says: Martin Sp.

    Superman ist allemal besser als Batman. So, das musste mal gesagt werden. Aber die coolsten Superhelden waren die Fantastischen Vier mit ihrem FVWV (Fantastischen Vier Wolkenkratzer Versteck).

  7. says: bernd_s

    Nolan konnte auch schonmal Unterlänge, „Following“ 70min schwarzweiss die sich wirklich lohnen. War glaub sein Erstling, und lässt dort schon sein Faible für nichtkontinuierliches Erzählen und wer-ist-böse-und-wer-nicht-Twists anklingen, das er mit Memento perfektionierte.

  8. says: Tomek

    @commentz

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